Chicago 1936: Der auf Brieftaschen spezialisierte Kleingangster Johnny Hooker gerät an einen besonders betuchten Kunden. Aus Versehen nimmt er einen Geldboten des Gangsterbosses Doyle Lonnegan aus. Lonnegan lässt kurzerhand Hookers väterlichen Freund umbringen. Hooker will Rache und wird an einen Edelganoven verwiesen: Henry Gondorff, König der Trickbetrüger.
Gondorff weist Johnny in sein spezielles Metier ein. Gemeinsam machen sie sich dann an Lonnegan ran und packen ihn mit Kartenspiel und Pferdewetten. Alles läuft reibungslos, aber Lonnegan soll noch einen wirkungsvolleren Denkzettel erhalten: Es geht um eine halbe Million Dollar …
Film ist ein Medium des Bildes. Er erzählt Geschichten nötigenfalls ohne Worte – damit ist er um die Jahrhundertwende, Stichwort, "Stummfilm", ja überhaupt erst entstanden; aber ohne Bilder geht es nicht. Bilder werden aufgenommen von einem verständnisvollen Menschen hinter der Kamera, gestaltet von sensiblen Set-Designern, bevölkert von trittsicheren Schauspielern, verkleidet in großer Garderobe. Sie alle tragen zu einem Stück bei, dass sich ein Drehbuchautor in stiller Klause ausgedacht hat. Das ursprünglich nur aus Buchstaben bestand, nun aber durch Set- und Kostümdesigner, Schauspieler und Kameraleute zu buntem Leben erwacht.
Dieser Film ist entzückend. Er hat all dies und dazu ein selten gutes Drehbuch, komplex und schnörkellos geschrieben, das uns Volten zumutet, die wir möglicherweise verpassen, wenn wir im Kino an der falschen Stelle ins Taschentuch schneuzen.
"The Sting" taucht ein in die Welt der Trickbetrüger. Zu einer Zeit, als es außer Trickbetrug nichts gab, das einen am Leben hielt. Es ist die Zeit der großen Depression. „Es macht keinen Spaß zu betrügen, wenn jeder ein Betrüger ist“, sagt Henry Gondorf, gerade erwacht aus einem sehr vernebelten Großrausch. Er hat sich aus dem großen Geschäft zurückgezogen, seit die Welt mit der Wirtschaft vor die Hunde gegangen ist, vertreibt sich die Zeit mit einem Karussellverleih mit angeschlossenem Bordell. Paul Newman spielt diesen Henry Gondorf mit einer lächelnden Souveränität, die im zeitgenössischen Kino selten ist (Der Mackintosh Mann – 1973; "Das war Roy Bean" – 1972; Sie möchten Giganten sein – 1971; Butch Cassidy und Sundance Kid – 1969; Indianapolis – 1969; Der Etappenheld – 1968; Der Unbeugsame – 1967; Man nannte ihn Hombre – 1967; Der zerrissene Vorhang – 1966; Ein Fall für Harper – 1966; Immer mit einem anderen – 1964; Der Wildeste unter Tausend – 1963; Haie der Großstadt – 1961; Exodus – 1960; Die Katze auf dem heißen Blechdach – 1958; Der lange heiße Sommer – 1958). Er schießt nicht schneller als John Wayne, schlägt nicht härter als Clint Eastwood – dieser Mann ist einfach nur gewitzt.
Der Partner an seiner Seite ist zum zweiten Mal Robert Redford (s.u.), zum zweiten Mal, nach Butch Cassidy and the Sundance Kid (1969), zusammen geführt von George Roy Hill. Redford steht als zweiter auf der Besetzungsliste, ist aber die eigentliche Hauptfigur. Vor vier Jahren waren die Produzenten noch nicht daran interessiert, dass jemand Paul Newman als Butch Cassidy die Show stiehlt. Heute ist es der elf Jahre jüngere Redford, dessen Charakter im Film eine Entwicklung durchmacht, der lernen muss, zur rechten Zeit die richtige Karte zu spielen; Newman gibt den abgeklärten Profi, der alle notwendigen Karten längst im Ärmel stecken hat. Der Trick in diesem Trickbetrüger-Film ist, dass George Roy Hill und sein Drehbuchautor David S. Ward auch für Redfords Johnny Hooker ein paar Asse im Ärmel haben, die uns im Kinosessel ein ums andere mal überraschen.
Im Mittelpunkt steht der Wunsch, einen Mörder und großen Betrüger auszutricksen. Der Mann ist so bösartig, dass die Unterwelt zwischen New York und Chicago vor ihm in Ehrfurcht erstarrt. Man darf sich also keinen Fehler erlauben, muss seine Tricks doppelt und dreifach absichern. Darin besteht der Reiz der Geschichte, der wir im Kino folgen. Wir können nie sicher sein, dass passiert, was wir sehen; es könnte auch sein, dass wir sehen, was wir sehen sollen, während gerade etwas ganz anderes läuft, wir einem weiteren Trickbetrug des Drehbuchs aufsitzen.
Damit das im Kino funktioniert, wir im Kinosessel also mit Lust und Aufregung dabei bleiben – und nicht etwa gelangweilt nach Hause gehen, weil es uns nervt, belogen und verarscht zu werden –, muss der Regisseur schon eine Wette mit grandiosem Einsatz anbieten. Neben Robert Redford und Paul Newman ist das eine erlesene Schar wunderbarer Schauspieler in den wichtigen Nebenrollen – Charles Durning, Ray Walston, J.J. Singleton, Eileen Brennan, Harold Gould, Dana Elcar oder Jack Kehoe. Und natürlich Robert Shaw, der den humpelnden Oberschurken Doyle Lonnegan verkörpert (Ein Mann zu jeder Jahreszeit – 1966; Die Panzerschlacht in den Ardennen – 1965; James Bond – Liebesgrüße aus Moskau – 1963). Shaws Lonnegan ist ein Mann mit geöltem Haar und Kamelhaarmantel, der nie lächelt und Mordaufträge in einem Tonfall erteilt, mit dem man einem Kind das Einmaleins erklärt.
Edith Head, die Legende aus der Kostümabteilung der großen Hollywoodzeit, die immer schon gerne für Paul Newman geschneidert hat, für Redford und andere harte Kerle des US-Kinos, hat sich mit breitschultrigen Nadelstreifenanzügen, wallenden Roben und einfacher Restaurant-Schürze für "The Sting" zu Recht einen weiteren Oscar erarbeitet ("Das war Roy Bean" – 1972; Sie möchten Giganten sein – 1971; Colossus – 1970; Airport – 1970; Topas – 1969; Butch Cassidy und Sundance Kid – 1969; Indianapolis – 1969; Barfuß im Park – 1967; El Dorado – 1966; Die vier Söhne der Katie Elder – 1965; Vierzig Wagen westwärts – 1965; Der Wildeste unter Tausend – 1963; Hatari – 1962; Der Mann der Liberty Valance erschoss – 1962; Der letzte Zug von Gun Hill – 1959; König der Freibeuter – 1958; Hausboot – 1958; "Die schwarze Orchidee" – 1958; Vertigo: Aus dem Reich der Toten – 1958; Zwei rechnen ab – 1957; Ein süßer Fratz – 1957; Der Mann, der zuviel wusste – 1956; Die tätowierte Rose – 1955; Immer Ärger mit Harry – 1955; Über den Dächern von Nizza – 1955; Am fernen Horizont – 1955; Im Schatten des Galgens – 1955; Ein Herz und eine Krone – 1953; Pony-Express – 1953; Mein großer Freund Shane – 1953; Der jüngste Tag – 1951; Reporter des Satans – 1951; Ein Platz an der Sonne – 1951; Boulevard der Dämmerung – 1950; Du lebst noch 105 Minuten – 1948; Eine auswärtige Affäre – 1948; Das verlorene Wochenende – 1945; Frau ohne Gewissen – 1944).
Die Set Designer hatten die schwere Aufgabe, für eine Zeit grauer Depression lebendige, bunte Räume zu schaffen – wir bewegen uns ja in der Welt des schönen Scheins, der Welt der Trickbetrüger. Henry Bumstead, Emilie Kuri und James W. Payne liefern ganze Arbeit. Und all das untermalt mit einem Score von Marvin Hamlisch, der ins Ohr geht und dort nicht wieder verschwindet – "The Entertainer" läuft im Radio rauf und runter und ist zum Ohrwurm geworden.
"The Sting" erzählt eine harte Geschichte über entschlossene Männer in brutaler Zeit in einer überraschenden Leichtigkeit, die Ihresgleichen sucht.
"The Sting" wurde einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 1973 und erhielt sechs Oscars:
- Film: Tony Bill, Michael Phillips, Julia Phillips
- Regie: George Roy Hill
- Drehbuch: David S. Ward
- Musik: Marvin Hamlish
- Schnitt: William Reynolds
- Kostüme: Edith Head
Für den Oscar nominiert waren zudem:
- Hauptdarsteller: Robert Redford
- Kamera: Robert Surtees
- Ton: Ronald K. Pierce, Robert Bertrand
Die Kinofilme mit Robert Redford
- Hinter feindlichen Linien (1962)
- Lage hoffnungslos - aber nicht ernst (1965)
- Verdammte süße Welt (1965)
- Ein Mann wird gejagt (1966)
- Dieses Mädchen ist für alle (1966)
- Barfuß im Park (1967)
- Butch Cassidy und Sundance Kid (1969)
- Schussfahrt (1969)
- Blutige Spur (1969)
- Stromer der Landstraße (1970)
- Vier schräge Vögel (1972)
- Jeremiah Johnson (1972)
- Bill McKay – Der Kandidat (1972)
- Cherie Bitter / So wie wir waren (1973)
- Der Clou (1973)
- Der große Gatsby (1974)
- Tollkühne Flieger (1975)
- Die drei Tage des Condor (1975)
- Die Unbestechlichen (1976)
- Die Brücke von Arnheim (1977)
- Der elektrische Reiter (1979)
- Brubaker (1980)
- Der Unbeugsame (1984)
- Jenseits von Afrika (Out of Africa, 1985)
- Staatsanwälte küsst man nicht (1986)
- Havanna (1990)
- Sneakers – Die Lautlosen (1992)
- Ein unmoralisches Angebot (1993)
- Aus nächster Nähe (1996)
- Der Pferdeflüsterer (1998)
- Die letzte Festung (2001)
- Spy Game – Der finale Countdown (2001)
- Anatomie einer Entführung (2004)
- Ein ungezähmtes Leben (2005)
- Von Löwen und Lämmern (2007)
- The Company You Keep – Die Akte Grant (2012)
- All Is Lost (2013)
- Captain America: The Winter Soldier (2014)
- Picknick mit Bären (2015)
- Der Moment der Wahrheit (2015)
- Elliot, der Drache (2016)
- The Discovery (2017)
- Unsere Seelen bei Nacht (2017)
- Ein Gauner & Gentleman (2018)
- Avengers: Endgame (2019)
Die Regiearbeiten von Robert Redford fürs Kino
- Eine ganz normale Familie (1980)
- Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld – (1988)
- Aus der Mitte entspringt ein Fluss (1992)
- Quiz Show (1994)
- Der Pferdeflüsterer (1998)
- Die Legende von Bagger Vance (2000)
- Von Löwen und Lämmern (2007)
- Die Lincoln Verschwörung (2010)
- The Company You Keep – Die Akte Grant (2012)