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Plakatmotiv: Sie möchten Giganten sein (1971)

Bilder grandioser Landschaften und große
Namen, die keine Verbindung eingehen

Titel Sie möchten Giganten sein
(Sometimes a Great Notion)
Drehbuch Ken Kesey & John Gay
Regie Paul Newman, USA 1971
Darsteller

Paul Newman, Henry Fonda, Lee Remick, Michael Sarrazin, Richard Jaeckel, Linda Lawson, Cliff Potts, Sam Gilman, Lee de Broux, Jim Burk, Roy Jenson, Joe Maross, Roy Poole, Charles Tyner, Bennie E. Dobbins, Alan Gibbs, Mickey Gilbert, Dick Hudkins u.a.

Genre Drama
Filmlänge 114 Minuten
Deutschlandstart
1. Juni 1972
Inhalt

Der Familienclan Stamper, bestehend aus dem Oberhaupt der Familie Henry Stamper, seinem Sohn Hank, dem anderen Sohn Joe Ben und ihren Frauen und Kindern, betreiben das raue und harte Holzfällerei- und Holztransportgeschäft.

Die arbeitswütigen Stampers sind stolz und unbeugsam. Als eines Tages die hohen Gewerkschaftsfunktionäre des Landes einen flächendeckenden Streik beschließen, folgen ihnen alle, bis auf die nichtgewerkschaftlich und freiheitlich organisierten Stampers. Der Ärger ist vorprogrammiert. Nachdem ein hoher Gewerkschaftsfunktionär versucht, die "Streikbrecher" zum Einlenken zu bewegen, holt er sich beim Familienoberhaupt eine unfreundliche Abfuhr. Danach stehen die Zeichen auf harte Konfrontation.

Nachdem schließlich noch Hanks Halbbruder Leeland Stamper, nach dem Tode seiner Mutter aus der Bahn geworfen, zum Clan zurückkehrt, spitzt sich die Lage drastisch zu. Die Stampers werden von allen Seiten ihrer Nachbarn heftig zur Aufgabe beschworen, der Stadtbevölkerung droht der Bankrott, doch die Stampers bleiben hart zu anderen und schonungslos zu sich selbst. Plakatmotiv (US): Sometimes a Great Notion (1971) Mit hartem Drill fokussiert Henry Stamper seine Familie auf die bevorstehenden Aufgaben, ein Vertrag wurde geschlossen, den gilt es zu erfüllen, koste es was es wolle. Selbst Unfälle und Sabotageakte bringen die Familie nicht aus der Balance. Kurz vor der Auftragserfüllung geschieht das große Unglück …

Was zu sagen wäre

Für seinen zweiten Film hat sich Paul Newman ein Familiendrama ausgesucht, das sich in shakespearsche Dimensionen von Aufstieg und Fall schwingt. Eine Holzfällerfamilie, sehr erfolgreich, straff vom Patriarchen Henry organisiert, stellt sich gegen die gesamte Umgebung, in der gewerkschaftlich organisierte Holzfäller leben und arbeiten. Die Holzfäller pochen auf gewerkschaftliche Solidarität unter Arbeitern. Die Familie pocht auf Vertragserfüllung – ein Kunde wartet auf seine Holzlieferung.

Die Stampers sind keine Königsfamilie, deshalb klingt das Adjektiv "shakespearsch" hier etwas hoch angesetzt. Aber die familiären Zwänge, das gemeinsame Einstehen gegen alle anderen und das sture Beharren auf der eigenen Position, bis die halbe Familie tot ist, erinnert an die großen Dramen. Allerdings ist der Film mit dem schwer zu entschlüsselnden Titel nicht halb so eloquent wie die alten shakespearschen Königsfamilien; also vielleicht doch ein schlechter Vergleich; der auch nur zustande kommt, weil ich vor diesem Film stehe und nach irgendeinem Sinn darin suche. "Manchmal ein großes Verlangen" heißt die Romanvorlage sowie der englische Titel des Films, "Sie möchten Giganten sein" der deutsche Filmtitel. Und dann verfolge ich eine stolze amerikanische Familie in ihrem Kampf gegen alle linken, als kommunistisches Teufelszeug verhasste Einflüsse, die ihre Integrität gefährden.

Fast könnte man meinen, sich wieder in den 50er Jahren zu befinden, als die kommunistischen Sowjets zum neuen Feindbild aufgebaut wurden. Familie Stamper als unbeugsame USA. Die Gewerkschaften mit ihren im Film dargestellten unfairen Mitteln als der böse Kommunismus. Henry Fonda spielt den Chef des Stamper-Clans als aufrechten Knochen (Nur noch 72 Stunden – 1968; Spiel mir das Lied vom Tod – 1967; Höchster Einsatz in Laredo – 1966; Die Panzerschlacht in den Ardennen – 1965; Das war der Wilde Westen – 1962; Der längste Tag – 1962; Sturm über Washington – 1962; Warlock – 1959; Der Stern des Gesetzes – 1957; Die 12 Geschworenen – 1957; Der falsche Mann – 1956; Krieg und Frieden – 1956; Faustrecht der Prärie – 1946; Ritt zum Ox-Bow – 1942; Rache für Jesse James – 1940; Früchte des Zorns – 1940; Trommeln am Mohawk – 1939; Der junge Mr. Lincoln – 1939; Jesse James – Mann ohne Gesetz – 1939), der keine Schwachheiten duldet und sich von niemandem sagen lässt, was er tun darf und was nicht. Bleibt man in diesem Bild, ist am Ende ein Drittel der USA tot, ein Drittel hat sich in ein anderes Leben abgesetzt. Aber das verbliebene Drittel zeigt den gewerkschaftlich organisierten Invasoren den Stinkfeiner des toten Patriarchen. Mehr passiert genau genommen nicht.

Paul Newman gibt seinem Film viel Zeit, den Holzfällern bei ihrer Arbeit zuzusehen. Aus der Welt der Städter, also der verdächtigen Weicheier, ist ein Halbbruder in die gebirgige Heimat zurückgekehrt, der für den Zuschauer in diese Welt eintaucht und die notwendigen Fragen stellt. Viele Fragen stellen sich dann gar nicht. Videocover: Sie möchten Giganten sein (1971) Vor allem geht es um Loyalität zu den Seinen und Zusammenhalt. Die kleine Stadt, in der alle Holzfäller ihr Bier trinken und ihr Werkzeug kaufen, steht vor dem Bankrott, weil die Holzfäller streiken und kein Geld mehr haben. Aber die Stampers stehen als Familie zusammen und knicken auch nicht ein, als die Händler im Ort keinen Kredit mehr gewähren.

Paul Newman hat oft den zunächst unsympathischen Kerl gespielt, der lernt dass Mitmenschlichkeit oder gar Liebe keine Erfindung von Spinnern ist, sondern existiert (Butch Cassidy und Sundance Kid – 1969; Indianapolis – 1969; Der Etappenheld – 1968; Der Unbeugsame – 1967; Man nannte ihn Hombre – 1967; Der zerrissene Vorhang – 1966; Ein Fall für Harper – 1966; Immer mit einem anderen – 1964; "Der Preis" – 1963; Der Wildeste unter Tausend – 1963; "Süßer Vogel Jugend" – 1962; Haie der Großstadt – 1961; Exodus – 1960; Die Katze auf dem heißen Blechdach – 1958; Der lange heiße Sommer – 1958). Er beherrscht die Drehung vom schweigsamen Eigenbrötler hin zur sich verzweifelt zur Wehr setzenden Identifikationsfigur. In diesem Film spielt Lee Remick seine Ehefrau, deren Frauenrollen immer ihren Mann standen (Vierzig Wagen westwärts – 1965; Anatomie eines Mordes – 1959; Der lange heiße Sommer – 1958) und die hier irgendwann erzählt, wie sie an diesen Hank Stamper aus den Wäldern Oregons geraten ist und man hat gleich den Eindruck: Aha, Eheglück ist das nicht. Das erste Kind kam tot zur Welt, danach kam keines mehr. „Ich gebe ihm offenbar, was er braucht“, sagt sie. Und was braucht sie? Hier spielt die Ankunft des verlorenen Halbbruders eine gewisse Rolle. Der war draußen in der Welt und trägt die Haare lang, was in der erste Hälfte des Films zu allerlei Kommentaren führt. „Ich habe einen Sohn verloren und eine Tochter zurückbekommen“, krächzt der alte Henry Stamper. Bei diesem Mann, dem das Mann-sein abgesprochen wird – mehrfach im Film betont ein harter Holzfäller, der Halbbruder mit den langen Haaren habe sich wacker gehalten – öffnen sich die Frauen, die beim Frühstück im Kreise der Familie servieren und nachschenken, sonst aber den Mund halten. Irgendwann also, vielleicht bestätigt durch den langhaarigen, also weltgewandten Halbbruder, hat Ehefrau Vivian die Nase voll und geht. Hanks Reaktion: „Reisende soll man nicht aufhalten.“ Hauptsache, er erfüllt seinen Vertrag, selbst wenn die ganz Familie draufgegangen ist.

Jetzt käme der Moment für den Part, der mit Und die Moral von der Geschicht' beginnt. Die gibt es aber gar nicht. Hank Stamper macht am Ende seinen Job. Er zeigt der Welt den Stinkefinger, ist jetzt halt wieder Single, spuckt auf die Gewerkschaften, hat aber seinen Halbbruder wieder. Das ist ihm, nachdem Vater und Bruder tot, Ehefrau und Schwägerin samt Kindern abgehauen sind, Familie genug – Hauptsache, er bringt seine Hölzer durch. 

Am Ende steht die Erkenntnis: In den US-Bundesstaaten Oregon und Washington (in denen der Film gedreht wurde) ist die Natur gewaltig schön.

Wertung: 3 von 8 D-Mark
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