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Plakatmotiv: Die Panzerschlacht in den Ardennen (1965)

Technisch hochgerüstetes Kriegsspektakel,
das das Grauen der Schlacht nur andeutet

Titel Die Panzerschlacht in den Ardennen (aka Die letzte Schlacht)
(Battle of the Bulge)
Drehbuch Philip Yordan & Milton Sperling & John Melson
Regie Ken Annakin, USA 1965
Darsteller

Henry Fonda, Robert Shaw, Robert Ryan, Dana Andrews, George Montgomery, Ty Hardin, Pier Angeli, Barbara Werle, Charles Bronson, Hans Christian Blech, Werner Peters, James MacArthur, Karl-Otto Alberty, Telly Savalas, Steve Rowland u.a.

Genre Krieg, Historie
Filmlänge 147 Minuten
Deutschlandstart
7. April 1966
Inhalt

Dezember 1944: Die alliierten Truppen haben Nazi-Deutschland in die Enge gedrängt und stehen kurz vor dem Sieg. Die Soldaten können es kaum erwarten, Weihnachten mit ihren Familien zu feiern. Doch der amerikanische Geheimdienstoffizier Kiley warnt General Grey vor einem Überraschungsangriff seitens der Deutschen. Es fehlt an stichhaltigen Beweisen, weshalb seine Vorgesetzten die Warnung nicht ernst nehmen.

Doch Kileys Befürchtung bewahrheitet sich. Die Wehrmacht bereitet sich auf eine große Gegenoffensive vor, unter dem Kommando von Oberst Martin Hessler. Mit Hilfe eines großen Aufgebots an Panzern und Infanterieverbänden soll Hessler die amerikanischen Truppen überrollen und bis nach Antwerpen vorstoßen. In 50 Stunden muss die Operation beendet sein; in dieser Zeit schützen Nebel und schlechtes Wetter die Soldaten vor amerikanischen Luftangriffen.
Die deutschen Panzer sind denen der Amerikaner überlegen und so dauert es nicht lange, bis die ersten Frontabschnitte ohne größeren Widerstand eingenommen werden. Die US-Truppen ziehen sich zurück und warten auf Verstärkung, während den Deutschen nicht nur die Zeit ausgeht, sondern auch der Treibstoff. Um Reserven auffüllen zu können, steuern Panzer- und Infanterieverbände ein amerikanisches Treibstofflager an. Die GIs versuchen mit aller noch zur Verfügung stehenden Kraft, die Eroberung des Treibstofflagers zu verhindern

Was zu sagen wäre

Was kann Kino? Das kann Kino: überwältigen! Ken Annakin inszeniert ein technisch hochgerüstetes Kriegsspektakel mit Bildern, die im Kinosessel – am Fuß der überbreiten Cinerama-Leinwand – staunen lassen. Wenn die schweren Panzer im Dutzend rollen, manche über uns weg, wenn Städte vor unseren Augen im Gewitter der schweren Geschütze vergehen, fällt es schwer, im Kino kühlen Kopf zu bewahren, nicht der Faszination des technischen Spektakels zu erliegen.

Annakin ("Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" – 1965) erzählt von den Wintertagen, in denen die deutsche Armee noch einmal kurz Hoffnung schöpfte, diesen Krieg vielleicht doch noch gewinnen zu können. Wäre die Ardennenoffensive erfolgreich verlaufen, so die These des Films, hätte das den Vorstoß der Alliierten um etwa 16 Monate zurückgeworfen. Plakatmotiv: Die letzte Schlacht (aka Die Panzerschlacht in den Ardennen) (1965) Zeit genug, um ihnen mit neuen Düsenflugzeugen, Raketen und schwerer Artillerie neuester Bauart den Garaus zu machen. Ziel der Offensive war Antwerpen, über dessen Hafen der Großteil des alliierten Nachschubs lief.

Der Film zeichnet die Offensive nach. Irgendwie. Im Abstand steht zu lesen, dass „Ort, Namen und Figuren verallgemeinert, die Auseinandersetzungen zusammengefasst“ wurden, „um die Beweggründe und die Bedeutung der Schlacht darzustellen“. Heißt wohl: Bis auf die historische Tatsache der Panzeroffensive als solche ist alles andere dramaturgisch zugespitzt, wenn nicht gleich erfunden. Das gibt den Autoren die Möglichkeit, ein für einen Kinofilm ein klares Freund-Feind-Schema zu errichten. Es reicht im Kriegsfilm lange nicht mehr, gute Alliierte gegen böse Deutsche zu stellen. Schon in den 50er Jahren haben amerikanische Kriegsfilmebegonnen deutsche Soldaten zu Sympathieträgern zu machen – John Wayne als Seefuchs (1955) oder Curd Jürgens in Duell im Atlantik (1957); das deutsche Publikum wurde jetzt im Kalten Krieg an der Seite der Amerikaner gebraucht.

Auch der deutsche Panzerkommandeur Oberst Hessler scheint zunächst ein Kriegsprofi zu sein, hart in der Schlacht, aber taub gegenüber Ideologien deutschen Allmachtsfantasien. Robert Shaw (James Bond 007 – Liebesgrüße aus Moskau – 1963) spielt ihn als aufrechten Offizier, der seine Zweifel in trauten Gesprächen mit seiner Ordonanz, Unteroffizier Konrad, bekämpft. Wir lernen ihn als einen Soldaten kennen, der weiß, dass der Krieg verloren ist, der verzweifelt, weil er für die entscheidende Adrennenoffensive mit unerfahren, kaum ausgebildeten Soldaten arbeiten soll: „Das sind ja wirklich noch Kinder“, beklagt er gegenüber seinem vorgesetzten General. „Die nicht wissen, was eine Niederlage ist“, erwidert der. „Wissen die Jungen eigentlich, was sie erwartet?“ „Sie sind bereit für Sie zu sterben! Was wollen Sie noch mehr?“ Da unterliegt das Ziel eines Krieges – mehr Land, frieden, Freiheit, wasauchimmer – der Ideologie des "Feld der Ehre", auf dem man für Führer, Volk und Vaterland zu sterben hat. Warum auch immer. Dieser Ideologie verfällt dann irgendwann auch Oberst Hessler, der Konrad eben noch angeherrscht hat, dieser solle ihm die gleiche Ration bringen, die seine Soldaten erhalten, denn er müsse nachvollziehen können, was diese leisten müssten. Kurz darauf, den vermeintlichen Sieg vor Augen, lässt er sich schönste Feinkost servieren und schwärmt von einem. Krieg um des Krieges willen, in dem man kämpfe und in Ehren falle. Davor flieht dann sogar Konrad, der sich von seinem bequemen Ordonanzposten zurück an die Front versetzen lässt.

Zu diesem Zeitpunkt ist die feine Figurenzeichnung deutscher Selbstzweifel nicht mehr nötig. Sie hat ihren Zweck erfüllt, hat den deutschen Oberst als charismatischen, bissigen Strategen gezeichnet, an dem sich sogar die US-Stars Henry Fonda und Robert Ryan die Zähne ausbeißen. Um auf der riesigen Leinwand der Materialschlacht mit vielen Panzern, Haubitzen, rennenden Soldaten auf freiem Feld eine Struktur zu geben, inszeniert Annakin eine Art Fernduell. Die deutschen Panzer gegen einen amerikanischen Polizisten, der im Krieg als Colonel der Aufklärung dient und mit seinen Warnungen vor nicht zu belegenden Panzerverbänden seine Vorgesetzten gegen sich aufbringt. Henry Fonda spielt diesen Colonel aufrichtig, unbeugsam, klarsichtig. Eine Paraderolle für den Star (Das war der Wilde Westen – 1962; Der längste Tag – 1962; Sturm über Washington – 1962; Der Stern des Gesetzes – 1957; Die 12 Geschworenen – 1957; Der falsche Mann – 1956; Krieg und Frieden – 1956; Faustrecht der Prärie – 1946; Ritt zum Ox-Bow – 1942; Rache für Jesse James – 1940; Früchte des Zorns – 1940; Trommeln am Mohawk – 1939; Der junge Mr. Lincoln – 1939; Jesse James – Mann ohne Gesetz – 1939).

Fonda sorgt quasi im Alleingang dafür, dass die Alliierten an ihrer aufgrund einer Großoffensive im Süden dünn bestückten Front im nördlichen Abschnitt nicht ganz unvorbereitet dastehen. Unterstützung findet er lediglich bei dem stoischen Major Wolenski, den Charles Bronson ("Vier für Texas" – 1963; Gesprengte Ketten – 1963; Die glorreichen Sieben – 1960; Wenn das Blut kocht – 1959; Vera Cruz – 1954; Massai – Der große Apache – 1954) als wortkargen Pragmatiker spielt. Bei seiner Ahnung, dass da was Großes im Busch sei, beruft sich Fondas Colonel Kiley auf seine Instinkte als Polizist, mit denen er bei seinen eher in Büroschlachten sozialisierten Vorgesetzten auf wenig Gegenliebe stößt, der die Entschuldigung dafür aber auf dem Fuße folgt: „Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber Sie hatten Recht. Ich habe mich geirrt!Plakatmotiv (US): Battle of the Bulge (1965) Die US-Hierarchen sind immer höflich. Keine Spur anmaßender Blut-und-Boden-Rhetorik wie auf deutscher Seite, wo der Kommandant seine Männer darauf hinweist, dass er immer seine Ziele einhalte, egal, wie viele Männer dafür sterben müssten. Anders US-General Grey (Robert Ryan – Drei Rivalen, 1955), der von einem Offizier gewarnt wird: „Wir sollten uns lieber absetzen, Sir, bevor die Stadt völlig eingeschlossen ist.“ „Soll ich Major Wolenski durch einen Melder den Befehl geben lassen, unseren Rückzug zu decken?“ „Nein! Einen derartigen Befehl gebe ich dem Betreffenden lieber selbst.

Abseits dieser Debatten im gepolsterten Hauptquartier erzählt der Film in einer Nebenhandlung die Geschichte von Sergeant Buffy, der in den Kriegswirren einen florierenden Handel mit allem betreibt, was das Soldatenherz begehrt – Zigaretten, Alkohol, Nylonstrümpfe – und dabei eine kleine Liebesgeschichte erlebt. Im Rahmen dieser Materialschlacht spielt diese Nebengeschichte, in der sich TV-Star Telly Savalas in Erinnerung spielt, die Rolle des All-zu-Menschlichen, das solche Kriegsfilme erdet: Auch und gerade im Krieg gibt es Entspannung und alltägliche Begegnungen.

<Nachtrag2015>Eine weitere Nebenhandlung wollte der deutsche Verleih seinen Zuschauern nicht zumuten und schnitt sie samt aller darauf folgenden Handlungsstränge aus der deutschen Fassung heraus. Dabei geht es um die Erschießung amerikanischer Gefangener durch deutsche SS-Soldaten. Diese Szenen fanden erst nach 2014 in DVD-Releases wieder in den Film – nachsynchronisiert mit anderen Stimmen, wodurch diese Szenen leicht erkennbar sind. Hier thematisiert der Film das historisch belegte "Malmedy-Massaker" am 17. Dezember 1944. Damals wurden mindestens 82 kriegsgefangene US-amerikanische Soldaten von Angehörigen der Waffen-SS in der Nähe von Malmedy erschossen. Die wieder eingefügten Szenen geben dem wuchtigen Film, der jetzt zweieinhalb Stunden dauert, eine tragische Tiefe, die den Schrecken solcher Kriege mehr verdeutlicht, als alle rollenden und feuernden Panzer samt Explosionen das je könnten.</Nachtrag2015>

Episoden wie diese, die moralisch und politisch gefärbt sind, die in Klischees von Helden, Kleingaunern und (deutschen) Zähnefletscherin erzählen, bieten Orientierung in diesem hochgetunten Spektakel. Sichtbar ist der Film auf seine spektakulären Bilder ausgelegt, auf wuchtige Panzer, quietschende Ketten, zerfurchtes plattes Land. Annakin überträgt die brutale Unübersichtlichkeit in den Zuschauerraum. Dass seine menschelnden und unmenschelnden Geschichten mehr Klischee bieten als echte Menschen und deren schwere Tragödien, ist für den Film gut. Tatsächlich erschöpft einen die Wucht der Bilder – ein realistisches menschliches Drama könnte ich gar nicht mehr verarbeiten.

"Die Panzerschlacht in den Ardennen" erzählt wenig über das Drama und das Leid eines Krieges. Die Wucht aber, mit der Soldaten auf den Schlachtfeldern konfrontiert werden, macht der Film sehr deutlich.

Wertung: 5 von 7 D-Mark
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