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Plakatmotiv: Drei Rivalen (1955)

Großartiges Western-Flair mit
fragwürdiger Dreiecks-Geschichte

Titel Drei Rivalen
(The Tall Men)
Drehbuch Sydney Boehm & Frank S. Nugent
dem gleichnamigen Roman von Clay Fisher
Regie Raoul Walsh, USA 1955
Darsteller

Clark Gable, Jane Russell, Robert Ryan, Cameron Mitchell, Juan García, Harry Shannon, Emile Meyer, Steve Darrell, Will Wright, Robert Adler, Russell Simpson, Tom Fadden, Dan White, Argentina Brunetti, Doris Kemper, J. Lewis Smith u.a.

Genre Western, Abenteuer
Filmlänge 103 Minuten
Deutschlandstart
20. Dezember 1955
Inhalt

Im Jahr 1866, nachdem sie den Bürgerkrieg überlebt haben, suchen die texanischen Brüder Ben und Clint Allison ihr Glück in Mineral City, Montana. Dort ist ein Goldrausch ausgebrochen. Die Brüder erhoffen sich durch einen Raubüberfall ein Startkapital für ein neues Leben zu erbeuten. Sie machen Nathan Stark als profitables Opfer aus, aber der dreht den Spieß um: Er bietet den Brüdern an, eine riesige Rinderherde von Texas, wo Rinder wenig Wert haben, nach Montana zu treiben, wo die Menschen seit Wochen kein Fleisch mehr gegessen haben. Da die Rinder in Texas billig gekauft werden können, klingt das Unternehmen äußerst lukrativ. Über eine so große Distanz ist das aber auch äußerst riskant.

Während der strapaziösen winterlichen Reise von Montana zurück nach Texas rettet Ben die attraktive Nella Turner aus der Wildnis, die als Einzige einen Angriff von Oglala Sioux auf ihren Siedlertreck überlebt hat. Einige Tage müssen Nella und Ben wegen eines Schneesturms in einer Hütte verbringen. Die aufkeimende Liebe wird durch ihre unvereinbaren Zukunftspläne beendet; Nella will nämlich hoch hinaus, Ben dagegen will sich mit dem anspruchslosen Leben auf einer texanischen Ranch bescheiden.

Die Umstände zwingen sie, gemeinsam weiterzureisen. Als sie Clint und Nathan Stark in San Antonio treffen, macht Stark Nella in zudringlicher Weise den Hof. Sie ist pikiert, erkennt aber auch, dass er ihre Zukunftsträume verwirklichen könnte.

Stark kauft 4000 Rinder und 1000 Pferde, Ben heuert die Viehtreiber an, die von seinem ergebenen Freund Luis Estrella angeführt werden. Ben ist nicht erbaut, als Stark Nella überredet, in einem geradezu luxuriösen Wagen mitzureisen. Als der Treck die Grenze zu Kansas passiert, verlangt eine Gruppe Bewaffneter einen Wegzoll von einem Dollar für jedes Rind. Stark will den Jayhawkers nachgeben, aber Ben und seine Kameraden eröffnen das Feuer. Die Wegelagerer ergreifen unter großen Verlusten die Flucht.

Wenige Tagesritte vor dem Ziel muss der Treck durch ein enges Tal, das von allen Seiten von feindlich gesinnten Sioux bewacht wird. Ben entwickelt einen verwegenen lan: Er will die Indianer mittels einer Stampede besiegen 

Was zu sagen wäre

Das Leben als Cowboy in der harten Prärie, in der Stärke zählt, in der es darum geht, mit eigener Hände Geschick etwas aufzubauen, in der knallhartes Survival of the Fittest regiert, ist hart. Zumal, wenn Männer, die nicht so hart arbeiten, am Ende den finanziellen Rahm abschöpfen.

So gesehen ist Raoul Walshs grandios inszenierter Western ein Musterbeispiel für eine Gesellschaft im patriarchalen Kapitalismus. Ex-Südstaaten-Offizier Ben verliebt sich in die Siedlerin Nella und Nella verliebt sich in Ben. Plakatmotiv: Drei Rivalen (1955) Aber Ben, dessen Armee gerade den Krieg verloren hat, träumt auch noch lediglich davon, sich eine kleine Ranch in Texas aufzubauen, während Nella von der großen weiten Welt und einem Mann träumt, der ihr diese ermöglichen kann. Sowas passiert in einer Gesellschaft, in der Frauen faktisch lediglich die Wahl zwischen Hurenhaus oder KinderKücheKirche haben, während Männern alle Türen offen stehen. So entscheidet sich Nella, selber auf einer kargen Farm groß geworden, für Nathan Stark, der ihr „ganz Montana“ verspricht und den Gouverneurspalast und schöne Kleider und die mondäne Gesellschaft. Dass Nathan ein Langweiler ist, der, abgesehen von seinem Geschick, sein Geld zu mehren, nichts kann und Ben aber einer ist, in dem die Leidenschaft für einen Traum glüht, spielt da keine Rolle. Zunächst nicht.

Von Beginn an ist klar, dass die Liebe über das Geld siegen wird. Dafür stehen Nellas offensichtliche Versuche, Ben eifersüchtig zu machen. Sobald der Viehtreck sich im texanischen San Antonio in Bewegung setzt, um rund 1.700 Meilen nach Norden zu ziehen, ist der Geldmann so unnötig wie ein Kropf. Ohne den Macher mit dem Traum von der kleinen Farm in Texas wäre dieser Treck auf der Hälfte der Strecke am Ende; was auch daran liegt, dass der ehemalige Südstaatler Ben Allison sich in Texas während des Bürgerkriegs loyale Freunde gemacht hat, die ihm jetzt unbedingt zur Seite stehen.

Denn natürlich feiert Raoul Walsh nicht das Muskelspiel der Bankiers. Er feiert die Kraft, sich in der Wildnis – die dieser Westen ja immer noch ist – durchzusetzen. Da hat Ben in jeder Hinsicht die besseren Karten. Clark Gable spielt ihn und damit fokussiert das Filmstudio Twentieth Century Fox nochmal mehr auf das Schicksal der Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Clark Gable ist 20 Jahre älter als Nella-Darstellerin Jane Russell (Blondinen bevorzugt – 1953). Robert Ryan, der ihren andern Galan Nathan Stark spielt, ist zwölf Jahre älter. Frauen hatten in jenen Zeiten kaum die Möglichkeit, einen Mann in ihrem Alter zu küssen. Und Schauspielerinnen, die in Hollywood beschäftigt werden wollen, müssen sich auch Mitte des 20. Jahrhunderts noch mit Männern einlassen, die ihre Väter – oder wenigstens ihre sehr großen Brüder – sein könnten. Gable (Mogambo – 1953; "Vom Winde verweht" – 1939) spielt die Rolle auch so – väterlich herablassend und aufdringlich. Andersrum würde auch ein Schuh draus: Die alternden Heldendarsteller – Gable ist Jahrgang 1901, Ryan Jahrgang 1909, der Film wurde 1955 produziert – verlangen zur Untermauerung ihres Heldenstatus' junge Frauen – Russell ist Jahrgang 1921 – die sich nach deren ältlichem Habitus verzehren.

Kurz gesagt: Es ist nicht das Dreiecks-Drama, das diesen Film sehenswert macht. Das Dreieck ist eher die Trägerkonstruktion, um fantastische Bilder grandioser Weiten filmen zu können. Film ist ein visuelles, aber teures Medium, das im ewigen Streit mit der Frage nach einer notwendigen Handlung liegt, um die Bilder finanzieren zu können. Es geht ja niemand ins Kino, um sich Landschaftsbilder anzuschauen. Aber wenn da Jane Russell und Clark Gable drin herumreiten, Indianer angreifen, 4.000 Rinder durch breite Flüsse getrieben werden, sammeln sich schon ein paar Gründe, sich das auf einer Cinemascope-Leinwand angucken und dafür auch eine Kinokarte bezahlen zu wollen – folglich hat das Studio in seiner Werbung betont, dass die Herde aus 4.000 Rindern bestanden habe und damit die größte gewesen sei, die bis dahin gefilmt wurde. Und Raoul Walsh ergänzte, seine drei Hauptdarsteller bildeten eine „schöne Kombination“. Ja, es gäbe Ähnlichkeiten bezüglich des „großen Viehtreibens“ mit Filmen wie "Red River" (Howard Hawks, 1948), aber seine Figuren wiesen keine Ähnlichkeit mit denen in "Red River" auf. Stimmt: Die Figuren in "Red River" tragen eher zum Gesamteindruck des Films bei, als das hier der Fall ist, wo die Dreiecksgeschichte als Nebenhandlung neben dem großen Treck läuft.

Raoul Walsh zeigt tolle Aufnahmen in grandioser Landschaft, episch anmutende Kämpfe mit Indianern und eine – bei aller Krittelei – amüsante Geschichte über Menschen aus dem ganz Wilden Westen.

Wertung: 4 von 6 D-Mark
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