Der ehemalige Südstaaten-Oberst Ben Trane und der Gauner Joe Erin lassen sich im Mexico des Jahres 1866 von einem Gefolgsmann Kaiser Maximilians anheuern. Sie sollen in einem Geleitzug die Gräfin Marie Duvarre während des Bürgerkriegs durch feindliches Gebiet eskortieren, in die Hafenstadt Vera Cruz.
Was den beiden Männern verschwiegen wird: In der Kutsche befindet sich Gold in Höhe von drei Millionen Dollar, womit im fernen Europa neue Soldaten angeworben, sowie Waffen für den Kampf gegen die mexikanischen Rebellen gekauft werden sollen. Die Gräfin hat mit dem Schatz jedoch andere Pläne – sie will das wertvolle Gut für sich selbst haben.
Als sie ihrem Geleitschutz von dem Vorhaben berichtet, reagieren diese ganz unterschiedlich: Während Trane das Gold sicher an sein Ziel führen will, ist Joe die ganze Revolution egal. Er hätte den Reichtum ebenfalls gerne für sich …
Im Western geht es um ehrbare Männer, die unschuldige Frauen aus der Hand skrupelloser Viehbarone befreien? Vergiss es! Der Bürgerkrieg ist vorbei, der Süden hat verloren, die dortigen Baumwollplantagen werden künftig ohne ihre Sklaven bewirtschaftet werden müssen und die Vertreter dieser alten Ordnung fliehen mit einer Menge Erfahrung in neue Welten; etwa in die des den Südstaaten nicht unbekannten Unabhängigkeitsdrang Mexikos gegen den aus Österreich importierten Kaiser Maximilian.
Benjamin Trane zum Beispiel, aufgewachsen rund um die Herrenhäuser der großen Baumwollplantagen hat offenbar an Besitz verloren aber an Erfahrung gewonnen: „Nichts ist sicher vor der Zerstörungswut des Menschen“, sagt er angesichts des dargebotenen Prunks eines mexikanischen Palasts Maximilians. „Aber es gibt auch nichts, was der Mensch nicht wieder aufbauen kann“, entgegnet lächelnd Marquis Henri de Labordere. „Falls ihm genug Zeit dazu bleibt!“, knurrt Trane. Das ist das Thema dieses Films. Die US-Westerner haben wenig übrig für die Mexikaner. Aber dass die von einem Österreicher unter französischer Kuratel beherrscht werden sollen, widerstrebt dem Freiheitsgedanken sowohl der Süd- als auch der Nordstaatler; deshalb darf in diesem Film auch ein Afroamerikaner in Nordstaaten-Uniform mal kurz einem Star wie Gary Cooper (mit Südstaaten-Vergangenheit) Paroli bieten. <Nachtrag2009>Der Film entstand 1954, da ist die Rassentrennung zwar per Gesetz verboten, im gesellschaftlichen Alltag aber noch gang und gäbe.</Nachtrag2009> Aber selbst das entpuppt sich unter Aldrichs Regie als der lediglich moralische Überbau eines Abenteuerfilms, der sich nicht um Schwarz und Weiß, Nord und Süd, USA und Mexiko kümmert: „Geld! Lohnt es sich, dafür sein Leben zu riskieren?“ „Ist noch das einzige, wofür es sich lohnt!“ „Der Mensch braucht mehr. Etwas, woran er glauben kann.“ Nein, denn eigentlich geht es den vermeintlich ehrbaren Männern, gespielt von Altstar Gary Cooper (Der Garten des Bösen – 1954; 12 Uhr mittags – 1952; Der Mann, der nicht zur Hochzeit kam (aka So ein Papa) – 1944; Wem die Stunde schlägt – 1943; Sergeant York – 1941; Blaubarts achte Frau – 1938; "Mr. Deeds geht in die Stadt" – 1936) und Jungstar Burt Lancaster (Massai – Der große Apache – 1954; Verdammt in alle Ewigkeit – 1953; "Der rote Korsar" – 1952), lediglich um drei Millionen Dollar in einer Kutsche. Dafür gehen sie im Lauf des Films immer neue Koalitionen ein, bei denen die Loyalität zu einem fernen Kaiser, zu Vereinigten Staaten von Amerika im Entstehen, zu Frauen, zu Revolver-Partnern lediglich eine Brücke darstellt, die im jeweiligen Moment den Weg ins Überleben sichert. Da demaskiert Aldrich (Massai – Der große Apache – 1954), neun Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, die allseits propagierte Bipolarität der neuen Welt.
Das angebliche Wir gegen Die dekliniert Aldrich in seinem Film durch und stellt fest, dass diese Bipolarität eigentlich eine Multipolarität ist: Nordstaaten gegen Südstaaten; US-Söldner gegen Mexikaner; Neue Welt – Mexikaner und US-Söldner – gegen Alte Welt – Europäer; Reich gegen Arm. Allen gemeinsam ist: Sie wollen die drei Millionen Dollar, egal, welcher Konfession sie angehören. Der alte Kontinent (Europa) hat unter Aldrichs Regie moralisch keine Chance: Kaiser Maximilian und seine Entourage, die sich, in bunte Uniformen gekleidet, nicht um das Leben ihrer Unterlinge schert, auf der einen Seite, die harten Realisten mit den rauen, pragmatischen – wer schneller zieht, überlebt – Umgangsformen aus dem Wilden Westen in ihren verstaubten Klamotten auf der anderen. In der ersten halben Stunde britzelt der Zynismus des Filmemachers aus jedem Frame und gipfelt in einem bösen Dialog der französischen Gräfin mit dem von Burt Lancaster gespielten Strolch Joe Erin: „Ben Trane liebt die Menschen. Und auf so einen ist niemals Verlass!“, sagt also Joe. Und die französische, sehr durchtriebene Gräfin Marie Duvarre lobt, als sie Joes Verschlagenheit durchschaut. „Du bist zwar Amerikaner. Aber im Herzen Franzose.“ Kurz: alte Welt = böse! Aldrich gehört unter den ungestümen jungen Hollywoodianern zu den linken.
Dieser zynische Western kulminiert im Grund-Dilemma aller Western, deren Personal der modernen Gesellschaft in mehr oder weniger rechtsfreien Räumen Lebensraum erstreiten soll: Wer erreicht mehr? Der harte Mann mit dem Schießeisen (Burt Lancaster) oder der harte Mann mit den bürgerlichen Umgangsformen (Gary Cooper)?
Der Film gilt manchen als der erste "Spaghetti-Western" – denn er übte Einfluss auf italienische Regisseure wie Sergio Leone aus. Gefilmt wurde in Mexiko. Eines Tages wollten sich die Darsteller Charles Bronson (Massai – Der große Apache – 1954) und Ernest Borgnine im nächstgelegenen Ort Zigaretten besorgen. Sie ritten in voller Kostümierung los und wurden bald mit Waffengewalt von einem LKW voller Sicherheitskräfte aufgehalten, die sie für Banditen hielten. Erst offizielle Repräsentanten der Filmfirma konnten das Missverständnis aufklären.
Gary Cooper wurde während des Drehs verletzt, als das Special-Effekte-Team zu viel Sprengstoff einsetzte, um eine Brücke zu zerstören, und Teile davon auf den Schauspieler fielen. Der Darsteller war nicht besonders glücklich mit dem Drehbuch und wollte, dass es geändert würde. Burt Lancaster dagegen mischte sich als Mitproduzent immer wieder in die Regiearbeit von Robert Aldrich ein, was wiederum dem nicht gefiel und zu Spannungen führte. Die mexikanischen Behörden waren entsetzt, wie ihre Einwohner in dem Werk dargestellt wurden. So kam es, dass nachfolgende Hollywood-Produktionen wie Die glorreichen Sieben (1960) sich von da an strikt an bestimmt Vorgaben zu halten hatten.
<Nachtrag2009>"Vera Cruz" ist einer der berühmtesten Filme von Robert Aldrich. Die glänzende Partnerschaft zweier so unterschiedlicher Stars wie Burt Lancaster und Gary Cooper sorgte für eine Popularität, die aus dem Thema von US-amerikanischen Glücksrittern in Mexikos Revolutionskriegen ein ganzes Western-Genre entstehen ließ. In Nebenrollen sind bereits die späteren Genre-Monumente Ernest Borgnine ("Die Gladiatoren" – 1954; Johnny Guitar – 1954; Verdammt in alle Ewigkeit – 1953) und Charles Bronson zu entdecken.</Nachtrag2009>