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Plakatmotiv: Johnny Guitar – Wenn Frauen hassen (1954)

Wenn Frauen hassen, ist
für Männer kein Platz mehr

Titel Johnny Guitar – Wenn Frauen hassen
(Johnny Guitar)
Drehbuch Philip Yordan
frei nach einem Roman von Roy Chanslor
Regie Nicholas Ray, USA 1954
Darsteller

Joan Crawford, Sterling Hayden, Mercedes McCambridge, Scott Brady, Ward Bond, Ben Cooper, Ernest Borgnine, John Carradine, Royal Dano, Frank Ferguson, Paul Fix, Rhys Williams, Ian MacDonald u.a.

Genre Western, Drama
Filmlänge 110 Minuten
Deutschlandstart
20. August 1954
Inhalt

Ein abgelegenes Dorf in Arizona in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Durch den Betrieb eines Spielsaloons und lukrative Immobiliengeschäfte hat es die Unternehmerin und ehemalige Barsängerin Vienna zu einigem Wohlstand gebracht. Den örtlichen Ranchern ist ihre Anwesenheit ein Dorn im Auge, da mit dem Bau der Eisenbahn die bisherigen Machtstrukturen umgekehrt werden und der Zustrom von neuen Siedlern das Ende der Vorherrschaft der Viehzüchter bedeuten wird. Als Wortführerin tritt neben dem Geschäftsmann Mr. McIvers vor allem die energische Emma Small auf, die zu den größten Landbesitzern der Umgebung zählt. Ihr Hass auf Vienna ist allerdings intimerer Natur, als sie zugeben will: Seit einiger Zeit ist Emma unglücklich in den Bandenchef "Tanzender Ted" verliebt, der jedoch in mehr oder weniger romantischen Beziehungen zu Vienna steht.

Eines Tages taucht der ehemalige Revolverheld Johnny Logan in Viennas Saloon auf. Seine kriminelle Vergangenheit hat er inzwischen hinter sich gelassen, statt eines Revolvers trägt er nun eine Gitarre bei sich und nennt sich Johnny Guitar. Er nimmt eine Arbeit in Viennas Saloon an, mit der er vor fünf Jahren in einer Beziehung war, ehe er ins Gefängnis musste. Vienna und Johnny schwelgen in gemeinsamen Erinnerungen, wobei Johnny eifersüchtig nachfragt, welcher Art ihre Beziehung zu Ted war.

Als die Postkutsche überfallen wird, werden Ted und seine Bande von der eifersüchtigen Emma der Täterschaft beschuldigt. Außerdem behauptet sie, Vienna sei seine Geliebte und Komplizin. Auf ihr Drängen stellt der Sheriff ein Ultimatum: Ted, seine Bandenmitglieder Turkey, Bart und Corey sowie die ebenfalls mitverdächtigte Vienna müssen die Stadt innerhalb von 24 Stunden verlassen. Vienna denkt jedoch nicht daran, klein beizugeben, und beschließt zu bleiben …

                               ;Plakatmotiv: Johnny Guitar – Wenn Frauen hassen (1954)

Was zu sagen wäre

Es kann die Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es der bösen Nachbarinn nicht gefällt. Hier ist es eine neureiche ehemalige Barsängerin, die sich mit den Mitteln des American Way of Life ein kleines Vermögen erarbeitet hat, mit dem sie sich auf eigene Füße stellen will. Aber der American Way of Life gilt immer nur so weit, wie er Alteingesessenen nicht zu nahe kommt. Hier sind das Viehbarone, die über weite Ländereien verfügen, friedlich ohne Zaun Land an Land leben. Aber jetzt kommt die Eisenbahn. Jetzt kommen die Fremden aus dem Osten. Und mit ihnen Glücksspieler, Huren, Revolvermänner. Figuren, die überall da auftauchen, wo die Eisenbahn ihre Schienen baut, die Wohlstand versprechen. Aber anderen Wohlstand – nicht für Viehbarone, sondern für eben jene Glücksspieler. Oder für Vienna, die sich ein Sahnestück von Land gesichert hat, das sie steinreich machen wird, wenn die Eisenbahn demnächst darüber rollt.

Weil die Viehbarone nicht clever und nicht schnell genug waren, macht nun eine Fremde den Reibach. das geht nicht. Aber vertreiben? Nicht einfach. Schließlich gelten die Gesetze des American Way of Life für alle – auch für Frauen. Also beschwören die Alteingesessenen einen Dämon: der Fremde, der nur Unheil bringt. Bei Emma, der hasserfüllten Gegnerin Viennas, klingt das dann so: „Es hätte keinen Bankraub gegeben, keinen Überfall auf die Postkutsche, mein Bruder wäre nicht tot. Ich wollte Vienna verjagen, bevor sie Fuß fasste. Aber Ihr habt nicht gehört. Keiner! Der Sheriff sagt, er brauche Beweise. Mister McIvers will es mit Reden versuchen. Der Rest kann sich nicht entscheiden. Aber worauf wartet Ihr denn noch? Ihr habt es gehört. Die Eisenbahn wird hier durchkommen und Tausende aus dem Osten bringen. Farmer! Stinkende Farmer! Sie werden uns verdrängen! (…) Ihr wacht besser auf. Oder Ihr seht Euch und Eure Familien wie Vieh zwischen Draht eingepfercht.“ Die „aus dem Osten“ sind natürlich Leute von der Ostküste, aus New York, Boston. Übersetzt aber natürlich die von ganz weit aus dem Osten. Die Kommunisten.

Der Film stammt aus der McCarthy-Ära und Ihrem Komitee gegen unamerikanische Umtriebe. In dieser Zeit gingen Amerikas Hardliner auf Kommunistenjagd. In Hollywood landeten zahlreiche, auch namhafte Künstler auf der Schwarzen Liste, weil sie angeblich selbst Kommunisten waren, oder vielleicht Kommunisten deckten oder auch sich nur nicht kooperativ zeigten, verdächtige Kollegen anzuschwärzen. Ihnen drohte Berufsverbot. Unter diesen war übrigens auch Johnny-Guitar-Darsteller Sterling Hayden, der 1946 mal für sechs Monate Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen war. Vor dem Komitee bereute er 1951 seine Mitgliedschaft und nannte die Namen anderer Kommunisten, um nicht auf die Schwarze Liste gesetzt zu werden. Später verachtete er sich für seine Denunziation und entschuldigte sich.

Im Vorspann des Films wird Philip Yordan als Drehbuchautor genannt, doch Yordan diente in den 1950er-Jahren auch als Strohmann für andere Kollegen, die auf McCarthys Schwarze Listen gerieten. Es wird spekuliert, dass das Drehbuch von "Johnny Guitar" eigentlich von dem damals auf der Schwarzen Liste stehenden Ben Maddow stamme. Maddow selbst behauptete dies lange, als er dann aber im fortgeschrittenen Alter den Film erstmals zu sehen bekam, erklärte er, nichts von sich darin erkannt und sich möglicherweise in seiner Behauptung geirrt zu haben. Das sind personelle Begleiterscheinungen dieses mit geringem Budget produzierten Films. Klar ist aber die Nähe der erzählten Story über die Angst vor dem Moloch aus dem realen Osten in dieser Zeit der politischen Angst vor dem Kommunismus augenfällig. Willst Du Stimmen gewinnen, schaffe einen äußeren Feind. Wie so etwas funktioniert, inklusive Mitläufertum, Gewaltfantasien und Besitzanspruch, zeigt "Johnny Guitar" deutlich.

Neben dem aktuellen, politischen Hintergrund ist dieser Film aus noch einem weiteren Grund interessant: Ja, die Geschichte ist wie so oft. Ein Kleinunternehmer hatte den richtigen Riecher und hat sich Land reserviert, das keiner wollte. Und dann wird da die Eisenbahn gebaut und also wird dieses Land, das niemand wollte, plötzlich extrem wertvoll. Von diesem Moment an könnte alles laufen, wie es dann halt immer läuft. Aber hier ist der Kleinunternehmer halt eine Kleinunternehmerin. Und das dreht den ganzen Film auf Nochmal-hingucken. Die Männer entpuppen sich ein ums andere mal als die schwachen Figuren. Es gibt da eine eifersüchtige Rivalität zwischen Kid und Johnny. Und Johnny fühlt sich deshalb schlecht, geht nicht in die Offensive; also muss Vienna diese übernehmen und für Klarheit sorgen: „Ich habe ihn nie belogen. Er wusste, dass noch jemand da war, und immer da sein würde. Selbst, wenn Du nicht zurück gekommen wärst.“ „Wie soll ich das glauben??“ „Wenn Du es jetzt noch nicht glaubst, hilft Reden auch nicht mehr.

Nicholas Ray dreht die Gesetze des Genres um, präsentiert schießwütige Kerle, bösartig lächelnde Typen, die wissen, dass sie das letzte Wort haben – bis die Frauen es ihnen nehmen. Allerdings ist es dann doch Sterling Hayden, der Joan Crawford im entscheidenden Moment rettet; und nicht umgekehrt. Sterling Hayden wirkt in seinem Spiel, als habe er schlecht geschlafen und Joan Crawford nehme ich zwar die harte Geschäftsfrau ab. Aber die leidenschaftlich geliebte Frau sehe ich in ihr nicht – aber natürlich ist sie auch 57 Jahre älter als ich.

Visuell besticht dieser mit kleinem Geld produzierte Film vor allem in dritten Akt. Vieles löst der Film über Dialoge. Da sehen wir Talking Heads sich gegenseitig bedrohen. Das ändert sich beim großen Showdown. Da sind die (bösen) Farmer alle noch im schwarzen Trauerflor gekleidet, weil sie eben von einer Beerdigung kommen. Vienna hingegen trägt eine gelbe Bluse mit einem roten Halsband. Visuell wirkt das wie die schwarzen Raben, die sich auf das bunte Leben, die bunte Vielfalt stürzen, um es zu vernichten.

Wenn Frauen hassen, ist für Männer kein Platz mehr.

Wertung: 4 von 6 D-Mark
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