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Plakatmotiv: Die Katze auf dem heißen Blechdach (1958)

Elizabeth Taylor und Paul Newman streiten
über die großen Lügen des Lebens 

Titel Die Katze auf dem heißen Blechdach
(Cat on a Hot Tin Roof)
Drehbuch Richard Brooks & James Poe
nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Tennessee Williams
Regie Richard Brooks, USA 1958
Darsteller

Elizabeth Taylor, Paul Newman, Burl Ives, Jack Carson, Judith Anderson, Madeleine Sherwood, Larry Gates, Vaughn Taylor u.a.

Genre Drama
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
19. Februar 1959
Inhalt

Brick, ein junger Mann um die 30, hat sich widerwillig von seiner Frau Maggie dazu überreden lassen, zum Geburtstag seines Vaters nach Hause zu fahren. Sein Vater „Big Daddy“, das Oberhaupt der Familie, ist jedoch vorerst aufgrund chronischer gesundheitlicher Probleme noch im Krankenhaus. Am Vorabend des Geburtstages fährt Brick in ein Footballstadion, trinkt – wie mittlerweile immer – flaschenweise Whiskey und denkt wehmütig an alte Zeiten, in denen er zusammen mit seinem besten Freund Skipper, der inzwischen tot ist, American Football spielte. Im Alkoholrausch versucht er einen Hürdenlauf und bricht sich den Knöchel.

Am nächsten Tag kehrt Big Daddy nach Hause zurück. Die Ärzte bescheinigen ihm beste Gesundheit. Er wird am Flughafen von seinem zweiten Sohn Gooper, dessen Frau und Kindern und von Maggie abgeholt. Brick, inzwischen mit Gips und Krücken, wollte nicht mitkommen. Sie fahren zum Gutshaus, wo die Geburtstagsfeierlichkeiten vorbereitet sind.

Plakatmotiv: Die Katze auf dem heißen Blechdach (1958)Brick ist auf seinem Zimmer und trinkt. Er will weder von seinem Vater noch von seiner Frau etwas wissen, will nicht zur Feier in den Garten gehen, geschweige denn seinem Vater das von Maggie gekaufte Geschenk überreichen. Bricks Frau Maggie wie auch der andere Sohn Gooper und seine Frau Mae sind jedoch nicht ganz uneigennützig zur Feier gekommen: Im Zweifel über den gesundheitlichen Zustand des Vaters trachten sie danach, die riesigen Ländereien von Big Daddy übernehmen zu können. Nur Brick hat daran nicht das geringste Interesse. Er ist nach dem Tod seines Freundes Skipper ein Trinker geworden, wortkarg und resigniert …

Was zu sagen wäre

Familie ist das härteste Schlachtfeld. Selten wird mit Schusswaffen oder scharfer Klinge gestritten. Schlimmer: Es wird gelogen und geheuchelt, dass sich die Balken biegen. Tennessee Williams' Stück über die Katze, die unbedingt auf dem Blechdach ausharren möchte, nicht klein bei geben möchte, ihren Mann zwingen möchte, sich zu öffnen, die Wahrheit zu erkennen und auszusprechen, ist das Paradestück für die familiäre Verlogenheit. Und obwohl Richard Brooks das Stück für die Leinwand entschärfen musste, weil der Hays-Code den im Bühnenstück explizit verfolgten Aspekt der Homosexualität dort nicht erlaubte, ist der Film immer noch eine Wuchtbrumme.

Es geht um viel Geld in diesem Stück, um Land, um lukrative Webereien, um Millionen von Dollar, die der Patriarch, Big Daddy, zu vererben hat, wenn er dereinst sterben sollte. Und da geht die Lügerei schon los. Seine beiden Söhne – und damit deren Frauen – wissen, dass ihr Vater seinen letzten Geburtstag feiert. Alle anderen, Big Mama, Big Daddy, Freunde bekommen erzählt, Big Daddy habe noch ein langes Leben vor sich. Das Geschachere um das lukrative Erbe haben der ältere Sohn Gooper und dessen zähnefletschende Ehefrau mit den vier Kindern, den „halslosen Ungeheuern“ (Maggie), schon eröffnet, da ringt der jüngere Sohn Brick immer noch um das, was es in dieser Familie nicht gibt – Liebe, Anerkennung. Brick hat sich in einen alkoholdurchtränkten Zynismus zurückgezogen, erkennt nicht mal mehr die ehrliche Liebe seiner Frau.

Denn auch Brick begeht den Kardinalfehler, den er seinem Vater vorhält: Er spricht nicht offen, will nicht wissen, verschanzt sich hinter Einbildungen, die er für Wahrheit hält, weil er nicht darüber reden möchte, oder nicht darüber reden kann. An diesem Punkt eiert die Filmdramaturgie etwas, denn bei dem Zorn zwischen Brick und Maggie geht es um Skipper, Bricks Freund und Idol aus gemeinsamen Football-Tagen, der sich eines Tages aus dem Fenster stürzte und Brick fühlt sich da irgendwie verantwortlich und Maggie war auch verwickelt. "Skipper" markiert jene homosexuelle Leerstelle, die der Film irgendwie anders erklären muss – verzichten darauf kann er nicht, denn das Skipper-Drama ist zentraler Bestandteil der familiären Verlogenheit.

Plakatmotiv (US): Cat on a hot tin Roof – Die Katze auf dem heißen Blechdach (1958)Es ist ein brütend heißer Tag auf der Südstaatenplantage, der sich abends (draußen wie drinnen) in einem heftigen Gewitter entlädt, dessen Donner dramaturgisch immer passgenau auf entscheidende Dialogsätze grollen. Alle schwitzen, die vier halslosen Kinder nerven, Honoratioren umschleimen Big Daddy, der zischt wütende Bosheiten und Big Mama kommt mit ihrem „Das meint Big Daddy gar nicht so böse“ nicht hinterher. Es ist ein anstrengender Tag. Familie ist anstrengend. Diese ganz besonders. Hervor sticht Schwiegertochter Mae, geldbewusste Ehefrau des älteren Sohnes, die keine Gelegenheit auslässt, Brick und Maggie beim künftigen Erblasser madig zu machen.

Madeleine Sherwood spielt Mae herrlich giftig mit ungefähr 64 Zähnen, breitem Texas-Akzent und schreiend komischer Frisur so böse, dass Big Daddy's Zorn verständlich ist. Den spielt der mächtige Burl Ives (Weites Land – 1958; Jenseits von Eden – 1955) wirklich zum Fürchten; kein einfacher Zeitgenosse. Es braucht über eine Stunde, bis er etwas Freundliches, fast Zärtliches sagt, aber Ives beherrscht diesen Film, auch wenn er nicht im Bild ist. Sein Big Daddy ist die Festsau und Burl Ives sorgt dafür, dass der Zuschauer das nie vergisst – und ihm auch nicht auffällt, dass Burl Ives zwar im Film den 65-jährigen Big-Daddy-Geburtstag feiert, in der Realität aber erst 49 Jahre alt ist, ein knappes Jahr älter als Jack Carson, der seinen älteren Sohn Gooper spielt.

Dabei stehen ja eigentlich zwei andere im Mittelpunkt: Maggie und Brick, gespielt von der fantastisch glühenden, kämpferischen, bissigen Elizabeth Taylor und dem jungen Paul Newman (Der lange heiße Sommer – 1958; "Die Hölle ist in mir" – 1956). Newman füllt ununterbrochen sein Glas mit Bourbon nach, knurrt seine Frau an und blitzt den heiligen Zorn des Gerechten aus seinen sehr blauen Augen. Wunderbar, wie Newman samtweich umschaltet, als Brick und sein Vater endlich einen Draht zueinander finden und … reden. Newman zeigt eine große Bandbreite. Er muss aber auch hochkonzentriert auf den Punkt spielen, um gegen den hitzköpfigen, leidenschaftlichen Star des Films, Elizabeth Taylor, bestehen zu können (Giganten – 1956; "Beau Brummell – Rebell und Verührer" – 1954; Ivanhoe – Der schwarze Ritter – 1952; Quo Vadis – 1951; Ein Platz an der Sonne – 1951; "Ein Geschenk des Himmels" – 1951; Vater der Braut – 1950): „Ich finde nicht, dass wir zusammenleben. Wir leben in einem Käfig, mehr ist es doch nicht!“ Taylor balanciert elegant auf dem schmalen Grad zwischen leidenschaftlicher Liebe und pragmatischem Geschäftssinn, wenn sie ihrem dauertrinkenden Mann klar machen will, dass er sich von seinem Bruder abhängig macht, wenn er, Brick, auf das Erbe der Ländereien einfach so verzichtet. Taylor meistert diese schwierige Gratwanderung. Dass wir sie zwischenzeitlich für eine berechnende, Geld-fixierte Frau halten, nimmt sie in ihrem Spiel willentlich in Kauf; eine liebende Ehefrau zu sein bedeutet ja nicht, immer nur lieb und nett zu lächeln.

Und während draußen das Gewitter tobt, macht Brick seinem todkranken Vater in einem bizarr vollgestellten Keller klar, das Liebe nicht bedeutet, jemandem jeden Wunsch zu erfüllen und zu kaufen, schenken, kaufen. Und will dann von seinem Vater wissen, was der von seinem Vater, einem Landstreicher noch hat, außer einem alten Koffer. Da wird Big Daddy ganz weich und erzählt schwärmerisch vom harten Alltag auf den Gleisen und dem großen Abenteuer, das sein Leben als Kind auch war. Das ist eine stark gespielte Szene unter lauter beeindruckend gespielten und gefilmten Szenen.

Tennessee Williams war sauer, dass die Homesexualität im Kinofilm keine Rolle spielen durfte und riet, sich den Film nicht anzugucken. Die Haltung kann ich verstehen. Dennoch besteht Richard Brooks' "Cat on a Hot tin Roof" als ein nicht alterndes Drama über die Lebenslügen einer Familie im schwül heißen Süden der USA.

Wertung: 7 von 7 D-Mark
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