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Kinoplakat: Jenseits von Eden (1955)

Eine Kain-und-Abel-Erzählung,
der weniger Musik gut tun würde

Titel Jenseits von Eden
(East of Eden)
Drehbuch Paul Osborn
nach dem gleichnamigen Roman von John Steinbeck
Regie Eia Kazan, USA 1955
Darsteller

Julie Harris, James Dean, Raymond Massey, Burl Ives, Richard Davalos, Jo Van Fleet, Albert Dekker, Lois Smith, Harold Gordon, Nick Dennis u.a.

Genre Drama
Filmlänge 118 Minuten
Deutschlandstart
7. Juli 1955
Inhalt

Im kalifornischen Ort Salinas betreibt Gemüsebauer Adam Trask im Jahr 1917 seine eigene Farm. Unterstützt wird der alleinerziehende Vater von seinen beiden Söhnen Aron und Caleb, die sich schon immer als Rivalen gesehen haben, wenn es um die Gunst ihres Vaters geht. Ihre Mutter Kate sei schon lange tot, in diesem Glauben ließ Adam seine Söhne zumindest. Doch Cal weiß schon lange, dass Kate die Familie freiwillig verließ und ein Bordell in Monterey leitet. Nur Aron ahnt von dieser Tatsache nichts.

Jeden Tag versucht der sensible Cal aufs Neue, endlich den Respekt und die Anerkennung seines Vaters zu erhalten, die sein strebsamer Bruder schon seit Jahren genießt. Als Adam bei einem Versuch, tiefgefrorenen Salat an die Ostküste zu transportieren, sein gesamtes Vermögen verliert, fasst Cal den Plan, ihm das Geld wieder zu beschaffen. Er nutzt den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg, um schnell Gewinn zu erzielen.

Noch begreift Cal nicht, dass eine Liebe zwischen Vater und Sohn nicht auf Geld basiert …

Was zu sagen wäre

Und Jehova machte an Kain ein Zeichen, auf dass ihn nicht erschlüge, wer irgend ihn fände. Also ging Kain und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden.

Kinoplakat: Jenseits von Eden (1955)Der Film zeigt uns eine Welt der abwesenden Mütter und er tut das nicht aus Zufall. Elia Kazan (Die Faust im Nacken – 1954; Viva Zapata! – 1952) dampft John Steinbecks Romanvorlage auf ein Viertel des ursprüngliches Stoffes und führt uns in eine biblische Welt diesseits der Bibel, ins Jahr 1917. Da lebt ein Vater mit seinen beiden Söhnen. die Mutter ist tot, sagt der Vater. Dabei lebt die Mutter, führt aber unerkannt ein erfolgreiches Bordell im Nachbarort. Davon will der Vater nichts wissen, oder hat es verdrängt. Wie in der Bibel spielen Frauen die Rolle der gütig Duldsamen (=Abra) oder der Rebellin (=Bordellchefin Kate). Existenzielle Fragen werden schon in der Bibel unter Männern ausgetragen.

Kazan deutet die Sage um die Brüder Kain und Abel  aus dem 1. Buch Mose um:

"Es begab sich aber nach etlicher
Zeit, dass Kain dem Herrn Opfer
brachte von den Früchten des
Feldes. Und auch Abel brachte
von den Erstlingen seiner Herde
und von ihrem Fett. Und der Herr
sah gnädig an Abel und sein Opfer,
aber Kain und sein Opfer sah er
nicht gnädig an. Da ergrimmte
Kain sehr und senkte finster seinen
Blick."

Abel ist im Film natürlich der gute Aaron, der auch der langweilige Aaron ist. Er will seinem Vater gefallen und seiner Freundin sittsam nicht zu nahe kommen. Der ergrimmte Kain ist Caleb, die personifizierte Unrast. Er will es seinem Vater recht machen, weiß aber nicht wie, verzweifelt, weil da eine Lüge im Raum steht über die alles andere als tote Mutter, die vor ihrem Mann die Flucht ergriffen hat, so wie Vater jetzt seinen Caleb wegstößt, weil der so ist wie die Mutter. Caleb ist die erste große Kinorolle James Deans nach zahllosen Auftritten in TV-Serien und -Filmen. Dean geht ganz auf in der Rolle des Rastlosen auf der Suche nach der Liebe des Vaters.

Zwischen die Fronten gerät die brave Abra, die beinah Verlobte Aarons, die Aarons Anständigkeit liebt, aber nicht Aaron. Es ist Caleb, der sie fasziniert, der Junge mit den Geheimnissen, der Schlag bei den Frauen hat. Auf dem Rummel druckst sie herum, möchte von Caleb erfahren, was passiert, wenn der mit den Mädchen allein ist und dabei muss sie nicht aussprechen, dass sie keine Ahnung hat, was da passiert, eben weil Aaron viel zu anständig ist, ohne Ehering etwas zu tun, was nur zwischen Eheleuten geschehen soll. Gegen Aaron ist Caleb ein weltgewandter Kerl, der alles weiß. Julie Harrie ist in dieser Rolle großartig – sie sieht aus wie eine hübsche und naive Landpomeranze, weiß aber als einzige Figur in diesem Film, was sie will, auch wenn sie etwas Zeit dafür braucht.

Kinoplakat: Jenseits von Eden (1955)So geht es allen Figuren in dieser Bibelverfremdung. Sie alle haben einen inneren Konflikt auszutragen: Vater Adam, die Reinheit in Person, der seinen Söhnen verheimlicht, warum seine Frau ihn verlassen hat, dass er sie nicht liebte, sondern nach seinen Vorstellungen bändigen wollte; Aron, der einfach nur seinem Vater gefallen will und vor allem, was nicht in sein Bild eines braven Sohnes passt, die Augen verschließt und nichts besseres zu tun weiß, als seinem Vater in jeder Hinsicht zu folgen; Kate, die Mutter, die ihre Freiheit auskostet, indem sie das Verruchte zum Geschäft gemacht und ihre Söhne allein gelassen hat; Cal, der alles, auch das Flsche tun würde, um die Liebe seines Vaters zu gewinnen; der sogar bereit ist, sich diese Liebe zu erkaufen.

Aus dieser Konstellation macht Elia Kazan ein saftiges Drama, das manchmal etwas mehr Tempo vertragen kann, aber von einer aufregend platzierten Kamera gefilmt worden ist, deren schräge, verkantete Positionen der Geschichte eine bedrohliche Dynamik geben

Nachdem Kain seinen Bruder Abel aus Neid erschlagen hatte, wurde er also von Gott verstoßen. Er ging in das Land Nod, wo er mit seiner Ehefrau eine Familie gründete, die zahlreiche Nachkommen hervorbrachte (das Wort Nod leitet sich vermutlich vom hebräischen Wort nad ab, „ruhelos“ bzw. „umherwandern“. Kain lebt also ein ruheloses Leben. Im Film ist der Familienfrieden am Ende aufgebrochen.

Die Friedhofsruhe, die im Haus über all den Lebenslügen herrschte, ist gebrochen, Unruhe hat ins Haus Einzug gehalten, die Unruhe, die herrscht, wenn klar wird, dass ein Leben ohne Sünde nicht möglich ist, also auf den Sünden der Vorfahren immer wieder Neues aufgebaut werden muss, weil das zum Familienfrieden dazugehört. Familie ist Unruhe, ist Chaos und ist Frieden. Diese Erkenntnis steht quasi über der letzten Einstellung des Films, die aber mit soviel Bläsersätzen verklebt ist, dass das Finale wie großer Kitsch und nicht wie eine große Geschichte wirkt.

Wertung: 5 von 7 D-Mark
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