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Plakatmotiv: … denn sie wissen nicht, was sie tun (1955)

Das beeindruckende Porträt einer Jugend,
die Hollywood vergessen zu haben schien

Titel … denn sie wissen nicht, was sie tun
(Rebel Without a Cause)
Drehbuch Stewart Stern & Irving Shulman
nach einer Geschichte von Nicholas Ray
Regie Nicholas Ray, USA 1955
Darsteller

James Dean, Natalie Wood, Sal Mineo, Jim Backus, Ann Doran, Corey Allen, William Hopper, Rochelle Hudson, Dennis Hopper, Edward Platt, Steffi Sidney, Marietta Canty, Virginia Brissac, Beverly Long, Ian Wolfe u.a.

Genre Drama
Filmlänge 111 Minuten
Deutschlandstart
30. März 1956
Inhalt

Der rebellische Jim ist das Sorgenkind seiner Eltern: Der Teenager gerät ständig in Schwierigkeiten, weshalb er bereits von mehreren Schulen verwiesen wurde. Schon mehrere Umzüge hat Jims schlechtes Benehmen seinen Eltern eingetragen.

Frisch in Los Angeles angekommen macht Jim seinem Ruf als Trotzkopf alle Ehre. Bereits kurz, nachdem sich die Familie in ihrem neuen zu Hause einquartiert hat, wird Jim wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet. Auf dem Polizeirevier lernt der Streithahn seine Mitschülerin und Nachbarin Judy kennen. Das hübsche Mädchen ist Mitglied einer Jugendgang, die von Buzz angeführt wird.

Als Buzz zum ersten Mal mit seinem Nebenbuhler Jim zusammentrifft, entbrennt sogleich ein Streit zwischen den Teenagern. Der aggressive Buzz greift Jim mit einem Messer an – die Auseinandersetzung kann jedoch schnell unterbunden werden. Im Anschluss an das Duell fordert Buzz den Neuzugang der Schule zu einem waghalsigen Autorennen heraus: Jim, der alles andere als ein Feigling sein möchte, willigt ein, bei der gefährlichen Mutprobe mitzumachen. Mit einem geklauten Auto rasen die Jugendlichen auf einen Abhang zu: Wer als Erster aus dem fahrenden Auto springt, gilt als Verlierer.

Plakatmotiv: … denn sie wissen nicht, was sie tun (1955)Für Jim und Buzz ist das Autorennen zugleich ein Kampf um die begehrte Judy und ums Überleben …

Was zu sagen wäre

Aus der Perspektive des Universums ist die Erde ein zu vernachlässigender Gesteinsbrocken, völlig unwichtig; wäre er nicht da, würd's niemanden stören. Die Lebewesen auf diesem Planeten, die sich Menschen nennen, und ihre Gefühle, Schicksale, Abenteuer sind aus dieser Warte betrachtet gleich noch unwichtiger. Und die Kinder dieser Menschen, deren Ängste: unsichtbar.

Nicholas Ray (Im Schatten des Galgens – 1955; Johnny Guitar – 1954) beginnt sein Drama "Rebel without a cause" im Griffith Observatorium in Los Angeles. Klassenausflug. Da lernen die pubertierenden Teenager, dass die Erde ein unwichtiger Klumpen und die Menschen darauf nicht einmal Nebensache sind. Die Schüler sind nicht verwundert. Im Gegenteil, sie fühlen sich in ihrem Alltag bestätigt. Sie sind zügellos in dem Sinne, dass niemand da ist, der sie anleitet, ihnen Zügel anlegt, sie mal anzieht, mal locker Leine lässt. Das Thema ist gerade virulent in der Gesellschaft. 1955, zehn Jahre nach dem Krieg, wächst eine Jugend ohne Väter auf.

Die Väter in Rays Film sind nicht im Krieg geblieben, sie sind erfolgreich im Beruf, in satter Selbstzufriedenheit versunken und auf diese Weise nicht da. Jims Vater ist ein zaudernder Weichling, Platos Eltern, geschieden, sind nie da, sodass sich eine Gouvernante um ihn kümmert, und Judy leidet darunter, dass ihr Daddy nicht mehr sein Prinzesschen in ihr sieht; etwaig vorhandene Eltern der anderen Cliquen-Mitglieder spielen erst gar keine Rolle. Es hat schon Filme aus Hollywood gegeben, die vernachlässigte Kinder oder Waisenkinder zum Thema haben, aber das waren dann, wie etwa in Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern (1938) Kinder aus dem Halbweltmillieu, die in den dunklen Ecken der Stadt ihre Vorbilder in den großen Gangsterbossen suchen.

Der Mittelstand, die gesellschaftliche Stütze des Good Old America, hatte im Kino bislang stets brave, ordentlich gescheitelte Kinder, die ihre Eltern mit harmlosen Streichen kitzeln. Aber da probierten sich vor den Türen dieser heimeligen Kinowelt längst jene Kids aus, die man im Volksmund "Halbstarke" taufte. Es sind die Kinder jener Mittelschicht, die reich genug ist, ihren Kindern Motorräder oder Autos kaufen zu können. Diese Entwicklung beschleunigte die Abnabelung des Nachwuchses, der erstmals in großem Stile die Chance bekam, sich selbst zu entdecken und zu individualisieren. Die Halbstarken fuhren in Gangs, verursachten häufig Schlägereien und tranken ordentlich verbotenes Zeug. Ihre Musik war der Rock ’n’ Roll, der sich um 1955 auf seinen Siegeszug um die Welt machte.

Plakatmotiv: … denn sie wissen nicht, was sie tun (1955)Im Kino waren diese Kids schwer verkäuflich. Bis James Dean auftauchte. Der hatte gerade in East of Eden (1955) sein Leinwanddebut sehr erfolgreich absolviert und war dort Nicholas Ray aufgefallen, der an einem Film arbeitete, mit dem er die Debatte um die Jugendgangs um eine neue Facette bereichern wollte.

Für die Hauptrolle hatte er mit Paul Newman geliebäugelt, aber nachdem er James Dean gesehen hatte, war Newman kein Thema mehr (Newman war auch mal im Gespräch für die Cal-Rolle in East of Eden gewesen, die dann Deans Leinwanddebut wurde).

Die Rolle des Jim Stark wurde die James-Dean-Figur – sicher auch, weil er die Premiere des Films im Oktober 1955 nicht mehr erlebte, weil er im Monat zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Aber James Dean füllt diesen Jim Stark auch mit einer verzweifelten Unruhe aus, die noch im Kinosessel vibriert. Wenn er seinen Vater anfleht, doch bitte klare Kante mit ihm zu sprechen, statt wachsweich herum zu lavieren, schreit aus Dean eine ganze Generation um Hilfe. Wenn er eine Szene später selber zum fürsorglichen Vaterersatz des ängstlichen Plato – großartig: Sal Mineo – wird, ruhig, ausgeglichen, dann zeigt James Dean über wenige Minuten hinweg seine ganze Bandbreite. Gleich in der ersten Szene liegt er in Großaufnahme besoffen auf der Straße, wo er eine Affenpuppe findet und fürsorglich zudeckt. Diese Szene wiederholt sich am Ende, als er Plato seine Jacke bezieht und den Reißverschluss schließt, weil Plato immer „so leicht friert“. Dieser erzählerische Rahmen war Deans Idee am Set.

Der Film wurde für drei Oscars in den Kategorien Nebendarsteller (Sal Mineo), Nebendarstellerin (Natalie Wood) und Drehbuch (Nicholas Ray) nominiert.

Wertung: 6 von 7 D-Mark
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