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Plakatmoriv: Die Faust im Nacken (1954)

Ein heißblütiger Ritt durch
die winterliche Arbeitswelt

Titel Die Faust im Nacken
(On the Waterfront)
Drehbuch Budd Schulberg
nach einer Reportageserie von Malcolm Johnson
Regie Elia Kazan, USA 1954
Darsteller

Marlon Brando, Karl Malden, Lee J. Cobb, Eva Marie Saint, Rod Steiger, Pat Henning, John F. Hamilton, Leif Erickson, Martin Balsam, James Westerfield, Fred Gwynne, Tony Galento, Tami Mauriello, John Heldabrand, Rudy Bond, Don Blackman, Arthur Keegan, Abe Simon u.a.

Genre Crime, Drama
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
5. November 1954
Inhalt

Terry Malloy ist ein ehemaliger Boxer und hätte groß rauskommen können, hätte er sich nicht auf Geschäfte mit Johnny Friendly eingelassen. Für diesen arbeitet er nun in einem gefährlichen und korrupten Hafenviertel.

Plakatmoriv: Die Faust im Nacken (1954)Nachdem Terry einen Arbeiter ungewollt in eine tödliche Falle gelockt hat, plagen ihn schreckliche Schuldgefühle. Wie tief er tatsächlich gesunken ist, wird ihm erst bewusst, als er sich in Edie Doyle verliebt, die Schwester des Toten. Kurz darauf wird Terrys Bruder Charley brutal ermordet, da er sich – wie sich herausstellt – weigerte, Terry umzubringen.

Terry setzt alles daran, sich aus den dunklen Machenschaften Friendlys zu befreien …

Was zu sagen wäre

Macht korrumpiert. Egal, ob Du Präsident der Vereinigten Staaten oder Präsident der Hafenarbeiter-Gewerkschaft bist. Im Hafen hast Du die Kontrolle, wer Arbeit hat und wer nicht, wer am Abend seine Familie ernähren kann und wer nicht. Wer sich nicht Deinen Weisungen fügt, kann seine Familie nicht ernähren, weil Du ihn bei der Einteilung einfach übergehst.

Elia Kazans Sozialdrama ist ein Schlag in die Magengrube der selbst ernannten Vertreter der Arbeitnehmerrechte. Er erzählt im Grunde eine simple Aufsteigergeschichte aus dem Milieu, bei der Aufsteiger halt nicht von Mobstern und Mafiosi behindert wird, sondern von Gewerkschaftsleuten, von Männern, die behaupten, die Rechte der Arbeitnehmer zu vertreten – ähnlich, wie die Mobster, nur politisch aufgeheizter. Was hier die Gewerkschaftsbosse sind, lässt sich eins zum eins auf die Bosse im Kreml überschreiben. Kazan hat schon früh in seiner Karriere keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber dem Kommunismus gemacht (Viva Zapata! – 1952; "Endstation Sehnsucht" – 1951). Vor dem "Komitee für unamerikanische Umtriebe" des gefürchteten Senators McCarthy hat er freimütig seine Mitstreiter früher jugendlicher Revoluzzer-Experimente im Group Theatre benannt, die daraufhin mit Berufsverboten belegt wurden.

Plakatmoriv (US): On the Waterfront – Die Faust im Nacken (1954)Seine Haltung gegenüber Sozialismus und/oder Kommunismus erklärt "On the Waterfront" deutlich. Am Hafen hat sich eine neue Diktatur der Macht etabliert. Lee J. Cobb spielt den Gewerkschaftsboss, der nach dem Daumen-hoch-Daumen-runter-Prinzip von jetzt auf gleich über menschliche Schicksale entscheidet und Männer, die ihm auf die Füße getreten sind, abservieren lässt – für immer. Kazans Versäumnis in diesem Film ist, dass er trotz drastischer Erzählung theoretisch bleibt. Nicht ein einziges Mal sehen wir das Schicksal einer Familie, deren Mann/Vater keine Arbeit am Hafen mehr bekommt. Im Kinosessel wissen wir eigentlich nicht, was das heißt, keine Arbeit zu haben. Nicht jeder im Kinosessel hat Erinnerungen an die Nachkriegsjahre. Wir sollen akzeptieren, dass sogenannte Arbeiterführer in Wirklichkeit Mordbuben sind – analog zu jenen im Moskauer Kreml?

Im Mittelpunkt dieses winterlich kalten Dramas steht eine Liebesgeschichte, die auf Vertrauen basiert. Das muss der junge Hafenarbeiter Terry erst lernen. Er ist groß geworden in dem Bewusstsein, dass andere ihm sagen, was zu tun ist. Als sein älterer Bruder ihm sagt, er solle den Boxkampf verlieren, verliert Terry den Kampf und damit seine Karriere. Aber sein Bruder hatte es schließlich so gewollt. Und jetzt soll er plötzlich eine eigene Entscheidung gegen die Interessen seines Bruders, gegen die Interessen seiner Freunde am Hafen treffen. Zumindest im Film überwindet die Liebe da auch den Sozialismus.

Marlon Brando spielt diesen Ex-Boxer und verliebten Idealisten im gewohnt vernuschelten Habitus des Underdogs ("Der Wilde" – 1953; Julius Caesar – 1953; Viva Zapata! – 1952; "Endstation Sehnsucht" – 1951). Er ist der Kerl mit dem Herz am rechten Fleck, aber ohne jedes Ziel. Wie er am Ende mit seiner neu entdeckten Haltung umgehen wird, bleibt zum Glück offen. So einfach ist das (Arbeiter-)Leben dann ja doch nicht.

Wertung: 5 von 6 D-Mark
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