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Plakatmotiv: Ein Platz an der Sonne (1951)

Ein Melodram aus der sozialen Ungleichheit
über Menschen, die nichts dafür können

Titel Ein Platz an der Sonne
(A Place in the Sun)
Drehbuch Theodore Dreiser & Patrick Kearney & Michael Wilson
nach dem Roman "An American Tragedy" von Theodore Dreiser
Regie George Stevens, USA 1951
Darsteller
Montgomery Clift, Elizabeth Taylor, Shelley Winters, Anne Revere, Keefe Brasselle, Fred Clark, Raymond Burr, Herbert Heyes, Shepperd Strudwick, Frieda Inescort, Kathryn Givney, Walter Sande, Ted de Corsia, John Ridgely, Lois Chartrand, Paul Frees, Robert J. Anderson, Gertrude Astor u.a.
Genre Drama, Romantik
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
25. Januar 1952
Inhalt

George Eastman reist aus Chicago nach New York, um in der Fabrik seines Onkels Charles einen Arbeitsplatz anzutreten. Dort lernt er die junge Arbeiterin Alice Tripp kennen und beginnt eine Affäre mit ihr.

Durch seinen hohen Arbeitseifer wird sein Onkel auf ihn aufmerksam und bietet George eine bessere Stellung an. Auf einer eleganten Dinnerparty lernt er die attraktive wohlhabende Angela Vickers kennen und verliebt sich in sie.

Während George mit Angela einen Kurzurlaub an einem romantischen See verbringt, überschlagen sich die Ereignisse. Alice erfährt von Georges Verhältnis mit Angela und reist ihm hinterher. Sie droht offen damit, das Verhältnis und ihre Schwangerschaft auffliegen zu lassen, wenn er sie nicht sofort heiratet. George sucht nach einer Aussprache und fährt mit Alice hinaus auf den See, wo es zum Streit kommt.

Ihr Ruderboot kentert, und Alice ertrinkt. George kann das Ufer erreichen und flüchtet in Panik. Alices Verschwinden ruft den Bezirksstaatsanwalt Frank Marlowe auf den Plan

Was zu sagen wäre

Dieser Film, zehn Jahre vor meiner Geburt veröffentlicht, wirft ein Schlaglicht auf eine Zeit, in der soziale Unterschiede zementiert und die Pille noch nicht erfunden war. Plakatmotiv: Ein Platz an der Sonne (1951) "Ein Platz an der Sonne" verlangt von seinem Zuschauer hohe Empathie, denn der Mörder ist nicht böse und die ferne High Society ist kein Mob voller Polizisten-Bestecher.

Im Grunde stolpert George Eastman über eine Schwangerschaft, die er aus geiler Not verursacht und die nicht durch ein Verhütungsmittel verhindert werden konnte. Das ist bitter und George sollte die Verantwortung tragen. Diese unentrinnbare Wahrheit ist das Drama des Films, dessen Rahmen die Geschichte einer plumpen Dreiecksgeschichte ist. Junge verliebt sich in ein Mädchen und dann in ein anderes Mädchen. Dass das andere ungleich reicher ist, als das erste Mädchen, ist als reizvoll markiert, spielt im Film aber keine hervorgehobene Rolle. Im Gegenteil: Die junge Elizabeth Taylor ("Ein Geschenk des Himmels" – 1951; Vater der Braut – 1950) ist als Angela dem aus ärmlichen Verhältnissen stammenden, etwas schüchternen George vorbehaltlos zugetan; dass der den Familiennamen eines gesellschaftlich potenten Stammbaums trägt, scheint für sie keine Rolle zu spielen. Es fällt heute schwer – ich sehe den Film erst Mitte der 1980er Jahre – Elizabeth Taylor in einer verliebten Backfisch-Rolle zu sehen, ohne dauernd den doppelten Boden zu suchen. Ihr Leben, ihre Karriere, ihre Schlagzeilen verursachende Beziehung mit Richard Burton machen sie heute als Vertreterin einer rein romantischen Liebesgeschichte nur schwer glaubwürdig. Aber das war 1951 natürlich noch anders.

Hier treten sich auf der Leinwand die reine Liebe und der American Way of Life gegenseitig auf die Füße. George ist gewillt, die Mühsal des Aufstiegs auf sich zu nehmen und es in der Hierarchie der amerikanischen Gesellschaft zu etwas zu bringen. Er stellt die Grausamkeit, die diese Karriereleiter mit sich bringt, gar nicht in Frage. Er trifft auf eine Tochter aus reichem Hause, Angela, der ein Standesdünkel fremd ist, die sich vorbehaltlos verliebt. In diesem Konstrukt wird die junge Arbeiterin Alice Tripp zu einem tragischen Unfall. Sie und George finden sich im Kino und gefallen einander, weil sie auf derselben gesellschaftlichen Stufe stehen. Zumindest für Alice ist das das Normalste der Welt: „Wir werden schon irgendwie durchkommen. Wir gehen irgendwohin, wo uns niemand kennt, und wir werden Arbeit finden, vielleicht zusammen, und alles gemeinsam tun. Wir werden immer zusammen sein, genauso wie all die anderen Ehepaare. Du weißt, es sind die kleinen Dinge, die zählen. Plakatmotiv: Ein Platz an der Sonne (1951) Natürlich werden wir uns plagen müssen und sparen. Aber wir haben einander.“ Das klang auch schon 1951, als der Film in die Kinos kam, für künftige Paare lediglich pflichtbewusst und maximal unsexy (obwohl es diesen Begriff damals noch gar nicht gab). Es klang eher nach der Flucht in den unerfüllten Traum, den die lebensfreudige, schöne Angela personifiziert

George Stevens (Die Frau, von der man spricht – 1942) macht es seinen Zuschauern mit seinem Melodram nicht leicht. Seine Sympathien gehören George, dem Delinquenten. Unter Stevens' Regie ist Shelley Winters' Alice eine den Konventionen folgende – „Meine Wirtin ist sehr streng!“ – junge Frau, wie es sie wahrscheinlich zu Dutzenden in jenen Jahren gab, die durch ihre Sozialisation auch ein bisschen langweilig ist. Elizabeth Taylor hingegen personifiziert in Angelas Glamour wie in ihrer Unschuld den Traum eines jeden Mannes, der im Kinosessel sitzt: lebenslustig und reich – das heißt, sollte hier die Verhütung nicht funktionieren, ist auf jeden Fall genug Geld da, um das eigene Leben weiterführen zu können.

Die Standesunterschiede, den Dünkel bei denen da Oben gegen die da Unten, behandelt "Ein Platz an der Sonne" nur am Rande, etwa, wenn Angelas Vater mit George mal ein ernstes Gespräch führen möchte, sich aber dann sehr schnell von dessen Aufrichtigkeit überzeugen lässt. Als George auf seiner ersten Party im Haus der Eastmans ganz alleine durch die Räume streift, weil niemand ihn anspricht, ist das eher seiner Schüchternheit zuzuschreiben, als einer potenziellen Arroganz böser Reicher. George Stevens stellt nicht das System als solches in Frage, sondern erzählt in der Funktionalität dieses Rahmens sein Drama, setzt also das System für seine Erzählung voraus.

Am Ende bleiben zwei arme Kreaturen zurück. Eine junge Frau, der der Way of Life genügt, den sie über die Jahre glaubt, verstanden zu haben, und ein junger Mann, der das Aufstiegsversprechen für alle falsch verstanden hat.

Wertung: 4 von 6 D-Mark
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