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Plakatmotiv: Tollkühne Flieger (1975)

Zwischen Drama und Burleske bleiben
die Flugaufnahmen das Spektakulärste

Titel Tollkühne Flieger
(The Great Waldo Pepper)
Drehbuch William Goldman & George Roy Hill
Regie George Roy Hill, USA 1975
Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 107 Minuten
Deutschlandstart
5. September 1975
Inhalt

Waldo Pepper ist ein erfahrener Pilot, der sein Geld mit der "Barnstorming" genannten Kunstfliegerei verdient. Daneben beeindruckt er sein Publikum gerne mit erfundenen Geschichten über Luftkämpfe im Ersten Weltkrieg, den er allerdings nur in den letzten Monaten als Fluglehrer erlebt hat.

Er tingelt 1926 mit einer Standard J-1 durch Nebraska im mittleren Westen der Vereinigten Staaten und trifft dabei auf den Konkurrenten Axel Olsson, der durch Waldos Sabotage zu einer Bruchlandung im Dorfteich gezwungen wird. Durch Vermittlung von Mary Beth werden beide Flieger später Freunde und nach einem missglückten Stunt, der für Waldo beinahe tödlich endet, arbeiten sie gemeinsam für den Flugzirkus von Doc Dillhoefer.

Doch nach einem tragischen Vorfall verliert Waldo seine Pilotenlizenz. Für immer. Als er wieder auf den beinen ist, versucht er unter neuem Namen sein Glück als Stuntman in Hollywood. Plakatmotiv (US): The Great Waldo Pepper (1975) Dort bekommt er bei den Dreharbeiten zu einem Film, der die Luftkämpfe des Ersten Weltkrieges porträtiert, die Chance zu beweisen, was er wirklich drauf hat …

Was zu sagen wäre

Ein großer Luftspektakelfilm. Die Geschichte eines Mannes, der das Leben nicht allzu ernst nimmt, mit sich und seinem Doppeldecker zufrieden ist, wenn er verdutzten Bauern in Nebraska zeigen kann, was er für ein toller Hecht ist. Die Rolle spielt Robert Redford als eine Verlängerung seines Johnny Hooker, den er auch unter der Regie von George Roy Hill vor zwei Jahren in Der Clou gespielt hat: ein Sonnyboy mit Schiebermütze und unverschämt strahlendem Lächeln.

Die erste Hälfte des Films sieht aus, wie ein einziger Jahrmarkt bunter Flugzeuge, die von gut gelaunten, etwas albern aufgelegten Männern gesteuert werden. Wenn sie nicht fliegen, sitzen sie lachend im Gipsverband und lassen sich von ihren Freundinnen versorgen, das Leben ist schön. In der zweiten Hälfte des Films dreht sich die Stimmung. Eine Hauptfigur stürzt in den Tod und die Moderne greift durch. Eine Verwaltungsbehörde für die Luftfahrt, die Ende der 20er Jahre an Bedeutung gewinnt, erlässt Regeln fürs Fliegen und plant später sogar mal Straßen am Himmel festzulegen, also das, was wir wohl heute Luftkorridore nennen, um Flugzeuge auf festen Routen am Himmel zu bewegen. Diese Moderne ist der Garaus für die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten. Wie in den späten Western in denen sich die Helden zwischen motorisierten Fahrzeugen und eingezäunten Ländereien nicht mehr zurechtfinden, laufen auch die spaßigen Jungs plötzlich gegen neue Wände der Zivilisation.

Aber die Zeitenwende bildet nur den Rahmen für das, was George Roy Hill hier erzählt (Der Clou – 1973; Schlachthof 5 – 1972; Butch Cassidy & Sundance Kid – 1969; "Hawaii" – 1966). Die neuen Regeln für den Flugverkehr, die durchaus ihren Sinn haben, nachdem bei mehreren tragischen Vorfälle Menschen ums Leben kamen, bleiben dem Film fremd, Plakatmotiv (US): The Great Waldo Pepper (1975) der statt dessen ganz bei Waldo Pepper bleibt, der nicht bereit ist, sein Draufgängertum aufzugeben, Motto: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss – und die Freiheit am Himmel ist wichtiger als Menschenleben.

Waldos persönliche Motivation ist ein Luftkampf im Krieg, mit dessen Erlebnissen er immer glänzt, obwohl er, der nur Fluglehrer war, sie nie erlebt hat; diesen Luftkampf gegen den Deutschen Ernst Kessler, den anerkannt besten Piloten der Gegenwart, muss Waldo noch gewinnen. Ganz amerikanisch will Waldo endlich die Nummer 1 sein. George Roy Hill interessiert das Porträt des Mannes, der aus der Zeit gefallen ist und treibt seinen Film zwischen Burleske und Drama ins emotionale Nirwana.

Als Waldo in Hollywood auf Fliegerass Kessler trifft, erkennt er einen Seelenverwandten. Kessler ist ohne sein Flugzeug und die Fliegerei ebenso verloren wie Waldo. In einem visuell spektakulären Finale schreiben die beiden Männer ihre Liebesbotschaft in den Himmel und verschwinden in den Wolken.

Die Hauptdarsteller des Films sind dann gar nicht Redford und Co., es sind die Flugzeuge und die Szenen in und mit ihnen. Hill und sein Kameramann Robert Surtees (Der Clou – 1973; Die letzte Vorstellung – 1971; Ein Fressen für die Geier – 1970; Coogans großer Bluff – 1968; Die Reifeprüfung – 1967; Vierzig Wagen westwärts – 1965; Meuterei auf der Bounty – 1962; Ben Hur – 1959; Mogambo – 1953) machen die Flugzeuge zu Kameradollys, bestücken sie oben und unten mit Kameras und verzichten nahezu vollständig auf Modelle und Rückprojektionen. Die Flugzeuge sind bei ihren dynamischen Flugkunststücken wirklich in der Luft und mit ihnen meistens sogar die Schauspieler – die Produktion behauptet, Robert Redford sei tatsächlich selbst über den Flügel des fliegenden Doppeldeckers gegangen. Unabhängig davon bringen diese Szenen das Kino zurück an seinen Ursprung. Die Bilder sind bunter, spektakulärer Jahrmarkt. Auch der braucht keine ausgefeilte Geschichte, um die Menschen zu faszinieren.

Wertung: 6 von 8 D-Mark
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