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Plakatmotiv: Schlachthof 5 (1972)

Eine inkonsequente Betrachtung
von Krieg und seine Traumata

Titel Schlachthof 5
(Slaughterhouse-Five)
Drehbuch Stephen Geller
nach dem gleichnamigen Roman von Kurt Vonnegut Jr.
Regie George Roy Hill, USA 1972
Darsteller
Michael Sacks, Ron Leibman, Eugene Roche, Sharon Gans, Valerie Perrine, Holly Near, Perry King, Kevin Conway, Friedrich von Ledebur, Ekkehardt Belle, Sorrell Booke, Roberts Blossom, John Dehner, Gary Waynesmith, Richard Schaal u.a.
Genre Komödie
Filmlänge 104 Minuten
Deutschlandstart
27. Oktober 1972
Inhalt

Billy Pilgrim ist durch seine Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und an die Bombardierung Dresdens im Februar 1945, die er als amerikanischer Kriegsgefangener erlebt hat, innerlich völlig zerrissen. Immer wieder durchlebt er diese Zeit in deutscher Gefangenschaft mit seinem Kameraden Edgar Derby, der von den Deutschen wegen einer Nichtigkeit erschossen wurde.

Um das alles zu verarbeiten, flüchtete er schon während des Krieges in eine Traumwelt, in der er glücklich in Frieden und völliger Zufriedenheit zusammen mit seiner Freundin lebte. Das hat ihm geholfen, die wirre Zeit des Krieges in Deutschland körperlich heil zu überstehen. Nachdem er wieder in seine Heimat Amerika zurückkehrt, heiratet er, hat Haus und zwei Kinder. Doch seine Frau stirbt früh bei einem Unfall und wieder flüchtet er sich in seine Traumwelt.

DVD-Cover: Schlachthof 5 (1972)

Diesmal erwartet ihn aber nicht seine Frau, sondern ein junges hübsches Mädchen, Montana Wildhack, das mit ihm zusammen auf den Planeten Tralfamadore entführt wurde. Die Bewohner des Planeten fordern, dass sich die beiden paaren, aber Pilgrim bleibt ganz Gentleman und weigert sich. Doch er findet Montana Wildhack durchaus attraktiv und sie sieht seiner Frau sehr ähnlich. Montana findet Pilgrim interessant und er verliebt sich in sie …

Was zu sagen wäre

Die Verfilmung eines Romans aus der Kategorie Unverfilmbar. George Roy Hill tut's trotzdem. Sein Film springt durch die unterschiedlichen Zeitebenen, ohne, dass gleich klar ist, warum. Das ist reizvoll, sich als Zuschauer im Kinosessel ein Leben selbst zusammen zu puzzlen.

Ein wiederkehrender Satz in den Kriegsepisoden ist „In Dresden ist es sicher. Da ist keine Industrie“. Darauf läuft der Film hinaus: Das Bombardement Dresdens im Februar 1945, die große Feuersbrunst. Kurt Vonnegut Jr., Autor der Buchvorlage, hat sie selbst als GI durchlebt in einem alten Schlachthof – daher der Titel – und mit seinem Buch zu verarbeiten versucht. So, wie er sich in das Schreiben stürzte, verliert sich Billy Pilgrim, die Hauptfigur, in seinen Traumwelten; und man weiß nicht so recht, was Erleben und was Träumen ist.

Der Film hat einige Hänger, vor allem auf dem Planeten Tralfamadore. Die Kategorie Unverfilmbar gibt es halt nicht zufällig. Die passive und resignierte Haltung Billys gegenüber Krieg, Sex, Wohlstand und bürgerlichem Leben kann man besser beschreiben als verfilmen. Die zugrundeliegende Doppeldeutigkeit „zu den Dingen, die Billy Pilgrim nicht ändern konnte, gehörten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ geht im Film verloren. George Roy Hill (Butch Cassidy & Sundance Kid – 1969) hat die Buchvorlage ohne deren Kratzer verfilmt. Die dauernden Sprünge im Drehbuch wirken wie ein hektisches Zusammenklauben von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft und bleibt ohne Wirkung. Auch Vonneguts Satire auf Amerika gehobenen Mittelstand ist im Film dick aufgetragen und zum Klamauk geworden.

Vonneguts Buch, mehr als zwanzig Jahre später geschrieben, ist nach seinen eigenen Worten „so kurz, wirr und schrill“, weil sich über ein Blutbad nichts Gescheites sagen lässt: eine Collage aus Erinnerungsfetzen, Gesprächen über Erinnerungen, dem Lebenslauf seines Helden, Billys Nachkriegsleben im Wohlstand, seine durch den Krieg und ein Flugzeugunglück verursachte Bewusstseinsspaltung und seine Visionen vom fernen Planeten, dessen Bewohner ihn und ein Hollywood-Starlet wie Tiere im Zoo ausstellen. Ein verrücktes Buch voll schwarzer Komik und einer verbissenen Ohnmacht – kein Buch über den Krieg.

Aber wir schreiben das Jahr 1972, die USA führen Krieg in Vietnam, da ist jeder US-Film über einen Krieg auch ein Film über Vietnam. Die Chance, seinem Film einen Standpunkt zu geben, vertut Hill. Es gibt Billys Sohn, der nach Rocker- und Hippiephasen zum strammen Soldaten wird. Aber Billy lässt das alles immer nur geschehen, lässt seinen Jungen an der langen Leine. Klar, er kann Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit nicht ändern. Aber da dies im Film ohnehin undeutlich bleibt, hätte hier ein tieferes Thema gelegen.

So bleibt der Krieg in diesem Film, dessen Horror doch eigentlich das ganze Trauma erst auslöst, seltsam brav. Selbst die Nachrichtenbilder aus Vietnam, die uns dauernd gezeigt werden, sind da grausamer. Ein glatter Film mit absurder Situationskomik, immerhin konsequent durchinszeniert, fast möchte ich sagen: leichtfüßig. Und das war der Feuersturm von Dresden, Ausgangspunkt der Romanvorlage, ganz offenbar nicht.

Wertung: 5 von 9 D-Mark
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