Irgendwo im Westen der Vereinigten Staaten, in den Rocky Mountains, da, wo heute der Bundesstaat Colorado ist; wir befinden uns etwa um das Jahr 1850.
Jeremiah Johnson, ein ehemaliger Soldat, geht in die Berge. Mit der Welt da unten, den Menschen in ihren Städten will er nichts mehr zu tun haben. Es spielt keine Rolle, warum. Am letzten Außenposten der Zivilisation kauft er ein Pferd, ein Muli, Proviant und ein Gewehr und zieht los. Weit kommt er nicht, der erste Winter hätte ihn fast umgebracht, aber Johnson erweist sich als zäh. Er lernt schnell und passt sich den Verhältnissen an. „Die Berge kannst Du nicht betrügen“, sagt ihm Bear Claw, ein anderer Trapper, der Johnson unter seine Fittiche nimmt und ihm beibringt, wie man sich hier draußen bewegt.
Als er wieder mit sich und seinen Lasttieren allein ist, lernt er das Leben von seiner harte, gnadenlosen Seite kennen. Nicht er ist das Opfer. Er trifft auf eine Frau, deren Angehörige von Indianern massakriert wurden, die darüber wahnsinnig geworden ist. Allein ihr Sohn Caleb hat überlebt. er spricht seither nicht mehr. Die verzweifelte Frau vertraut Johnson den Jungen an. Dann trifft er einen Kollegen, Del Gue, der von Schwarzfuß-Indianern bis zum Hals in der Erde eingegraben, um ihn einem qualvollen Tod auszusetzen. Jeremiah befreit ihn, Del Gue führt ihn im Gegenzug bei den Flathead-Indianern ein. Ein Missverständnis führt dazu, dass Jeremiah die Tochter des Häuptlings, Swan, heiraten muss. Unversehens ist Johnson, der die Einsamkeit suchte, Familienoberhaupt. Die drei ungleichen Lebensgefährten finden zögerlich zueinander, während sie in der Wildnis gemeinsam ein Haus bauen.
Als Jeremiah von einer Militäreinheit als Scout rekrutiert wird, bahnt sich Unheil an. Widerstrebend lässt er sich dazu bewegen, die Einheit durch das Gebiet zu führen, in dem die Crow-Indianer ihre Toten bestatten. Die rächen sich für die Missachtung ihrer heiligen Stätten, indem sie Swan und Caleb töten und deren Heimstatt zerstören.
Johnson zieht auf einen Rachefeldzug – und wird zur Legende der Berge …
Sydney Pollack verfilmt eine – irgendwie – wahre Geschichte. Der Roman und die Erzählung, die seinem Drehbuch zugrunde liegen, basieren auf der Legende über einen Mann namens John Jeremiah Johnson, den man – jedenfalls in den USA – auch als Liver-Eating-Johnson kennt. Es ist eine wuchtige Studie über Männer, die Einsamkeit und die Berge geworden, in kraftvolle Bilder einer wildromantischen Natur gepackt, die selbst dann noch hübsch als Gebirgsbach plätschert, wenn sie ihre Bewohner zu Eiszapfen verkühlt. Darin versteckt sich die Schwierigkeit, die ich mit diesem Film habe.




Pollack („Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“ – 1969; „Das Schloß in den Ardennen“ – 1969; „Dieses Mädchen ist für alle“ – 1966) spannt einen großen Bilderbogen, der überraschend stark bevölkert ist von Menschen, die dramaturgisch passend zu auflockerndem Dialog verhelfen oder Johnson anderweitig dienstbar sind; die Gefahr der Kälte handelt Pollack ab, indem er einen zu Eis gefrorenen Mann ins Bild rückt, über den Johnson an eine nützliche Waffe kommt. Die Unbill der Natur, die Hölle in der Schönheit bleibt mehr Behauptung, spürbar wird sie kaum. Selbst die Grizzlies sind hier eher tapsig und die Wölfe zwar bissig, aber nach wenigen, als schnelle Actionszene geschnittenen Momenten ohne weitere Folgen bezwungen.
Wohin die Geschichte mich führen soll, wird lange nicht klar und so schaue ich – weil ich kein US-Bürger und also mit der Legende nicht schon vertraut – zunächst etwas orientierungslos Robert Redford dabei zu, wie er Abenteuer erlebt und das Trapper-dasein lernt. Aber das bleibt nicht so.
Etwa zur Hälfte des Films hat Johnson alles gelernt, hat „Frau und Kind“, eine Geschichte mit klassischem dramaturgischen Bogen wird nicht erzählt werden, soviel ist mittlerweile auch klar, aber ich bin gefesselt von dem fremden Leben, das mittlerweile vertraut genug erscheint, dass ich in unterschiedlicher Stärke mitfiebere. Das Gemetzel, das er im letzten Viertel unter den Crow-Indianern anrichtet, zeigt Pollack als Musikclip in andeutungen und Überblendungen; ein verkaufsförderndes, blutiges Leinwand-Massaker bleibt aus. Pollack braucht es nicht, verschafft seinem Film auch ohne dies einen Sog, der mitreißt und als der Film zu Ende ist, plötzlich und mit einer versöhnlichen Geste, bin ich in den Bergen zuhause, könnte eigentlich noch ein bisschen weiter zugucken, aber da ist der Mann längst Legende, auf dem Weg nach Kanada – mehr gibt es nicht zu zeigen.
Eine klassische Story braucht dieser Film auch nicht. Pollack und Redford haben dem uramerikanischen Entdeckergeist ein würdiges Denkmal gesetzt – jenen Männern und Frauen, die vom Osten her das riesige, wilde Land erschlossen und sich nicht an Wegen oder Straßenschildern orientieren konnten, weil erst sie es waren, die Wege und Straßenschilder angebracht haben. Der Film hat einen zupackenden Regisseur, einen Hauptdarsteller (s.u.), dem ich bereit bin zu folgen, einen fantastischen Kameramann – und er hat das großartige Panorama der Rocky Mountains.
Das Filmbudget betrug 3,5 Millionen US-Dollar. Weil das Drehbuch dem finanzierenden Warner-Bros.-Studio höchst ungewöhnlich erschien, es aber nicht mehr aussteigen konnte, weil Robert Redford mit einem Großteil seiner 500.000-Dollar-Gage Schulden abbezahlt hatte, das Geld also weg war, musste Sydney Pollack selbst als Finanzier einspringen und für die teuren Außenaufnahmen sein Haus beleihen. Das hat sich gelohnt.
Nicht nur stellte er den Film schließlich für 3,1 Millionen fertig, der Film spielte letztlich allein in den USA mehr als 44 Millionen US-Dollar ein.
Die Kinofilme mit Robert Redford
- Hinter feindlichen Linien (1962)
- Lage hoffnungslos - aber nicht ernst (1965)
- Verdammte süße Welt (1965)
- Ein Mann wird gejagt (1966)
- Dieses Mädchen ist für alle (1966)
- Barfuß im Park (1967)
- Butch Cassidy und Sundance Kid (1969)
- Schussfahrt (1969)
- Blutige Spur (1969)
- Stromer der Landstraße (1970)
- Vier schräge Vögel (1972)
- Jeremiah Johnson (1972)
- Bill McKay – Der Kandidat (1972)
- Cherie Bitter / So wie wir waren (1973)
- Der Clou (1973)
- Der große Gatsby (1974)
- Tollkühne Flieger (1975)
- Die drei Tage des Condor (1975)
- Die Unbestechlichen (1976)
- Die Brücke von Arnheim (1977)
- Der elektrische Reiter (1979)
- Brubaker (1980)
- Der Unbeugsame (1984)
- Jenseits von Afrika (Out of Africa, 1985)
- Staatsanwälte küsst man nicht (1986)
- Havanna (1990)
- Sneakers – Die Lautlosen (1992)
- Ein unmoralisches Angebot (1993)
- Aus nächster Nähe (1996)
- Der Pferdeflüsterer (1998)
- Die letzte Festung (2001)
- Spy Game – Der finale Countdown (2001)
- Anatomie einer Entführung (2004)
- Ein ungezähmtes Leben (2005)
- Von Löwen und Lämmern (2007)
- The Company You Keep – Die Akte Grant (2012)
- All Is Lost (2013)
- Captain America: The Winter Soldier (2014)
- Picknick mit Bären (2015)
- Der Moment der Wahrheit (2015)
- Elliot, der Drache (2016)
- The Discovery (2017)
- Unsere Seelen bei Nacht (2017)
- Ein Gauner & Gentleman (2018)
- Avengers: Endgame (2019)
Die Regiearbeiten von Robert Redford fürs Kino
- Eine ganz normale Familie (1980)
- Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld – (1988)
- Aus der Mitte entspringt ein Fluss (1992)
- Quiz Show (1994)
- Der Pferdeflüsterer (1998)
- Die Legende von Bagger Vance (2000)
- Von Löwen und Lämmern (2007)
- Die Lincoln Verschwörung (2010)
- The Company You Keep – Die Akte Grant (2012)
Die Kinofilme von Regisseur Sydney Pollack
Sydney Irwin Pollack (* 1. Juli 1934 in Lafayette, Indiana; † 26. Mai 2008 in Los Angeles) war ein US-amerikanischer Filmregisseur, -produzent und Schauspieler sowie mehrfacher Oscar- und Golden-Globe-Preisträger.
Sein Leinwanddebüt als Filmschauspieler gab er 1962 mit dem Kriegsfilm "Hinter feindlichen Linien", bei dem auch Robert Redford debütierte. Seitdem waren beide befreundet und Redford war in zahlreichen Filmen Pollacks Hauptdarsteller, nachdem Pollack hinter die Kamera gewechselt hatte. Pollack gehört neben John Frankenheimer, der ihm den Wechsel ins Regiefach nahelegte, Franklin J. Schaffner, George Roy Hill und Martin Ritt, zu den Filmemachern, die Anfang der 1960er Jahre vom Fernsehen ins Kino drängten und dort für frischen Wind sorgten. 1985 erreichte er mit dem mit insgesamt sieben Oscars ausgezeichneten Liebesdrama Jenseits von Afrika den Höhepunkt seines Schaffens. 1973 war Sydney Pollack Mitglied der Jury beim Filmfestival in Cannes und 1986 Präsident der Jury.
Pollack galt als einer der intelligentesten Regisseure und war vor allem bei Schauspielern sehr beliebt. Er beherrschte viele Genres und gilt als einer der erfolgreichsten Vertreter der konservativen Hollywood-Ästhetik,
- Stimme am Telefon (The Slender Thread, 1965)
- Dieses Mädchen ist für alle (This Property Is Condemned, 1966)
- Mit eisernen Fäusten (The Scalphunters, 1968)
- Der Schwimmer (The Swimmer, 1968)
- Das Schloss in den Ardennen (Castle Keep, 1969)
- Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss (They Shoot Horses, Don't They?, 1969)
- Jeremiah Johnson (1972)
- So wie wir waren – Cherie Bitter (The Way we were, 1973)
- Yakuza (The Yakuza, 1974)
- Die 3 Tage des Condor (The three Days of the Condor, 1975)
- Bobby Deerfield (1977)
- Der elektrische Reiter (The Electric Horseman, 1979)
- Die Sensationsreporterin (Absence of MAlice, 1981)
- Tootsie (1982)
- Jenseits von Afrika (Out of Africa, 1985)
- Havanna (1990)
- Die Firma (The Firm, 1993)
- Sabrina (1995)
- Begegnung des Schicksals (Random Hearts, 1999)
- Die Dolmetscherin (The Interpreter, 2005)
- 2005: Sketches of Frank Gehry (Dokumentarfilm, 2005)
- Amazing Grace (Dokumentarfilm, 2015)