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Plakatmotiv: Zwei rechnen ab (1957)

Birth of a Nation als die Genese
einer großen Männerfreundschaft

Titel Zwei rechnen ab
(Gunfight at the O.K. Corral)
Drehbuch Leon Uris
inspiriert durch den Artikel "The Killer" von George Scullin
Regie John Sturges, USA 1957
Darsteller

Burt Lancaster, Kirk Douglas, Rhonda Fleming, Jo Van Fleet, John Ireland, Lyle Bettger, Frank Faylen, Earl Holliman, Ted de Corsia, Dennis Hopper, Whit Bissell, George Mathews, John Hudson, DeForest Kelley, Martin Milner u.a.

Genre Biografie, Western
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
3. Oktober 1957
Inhalt

Doc Holliday, ein zum Spieler heruntergekommener Ex-Zahnarzt, tötet in Notwehr einen betrunkenen Revolverhelden.

Plakatmotiv: Zwei rechnen ab (1957)Auf der Suche nach der Clanton-Bande kommt Marshal Wyatt Earp zu Holliday und bittet den berühmten Scharfschützen um seine Hilfe, doch dieser lehnt ab. Kurz darauf will ein wütender Mob Holliday lynchen.

Docs Geliebte Kate Fisher fleht Earp an, ihn zu retten, was durch eine List gelingt. Doc verläßt Kate nach einer schweren Auseinandersetzung und entschließt sich, Earp doch bei der Verfolgung der Clanton-Bande zu helfen.

In Tombstone, dem Schlupfwinkel der Bande, wird einer von Earps Brüdern bei einem Kontrollgang erschossen. Earp schwört Rache …

Was zu sagen wäre

Zum finalen Shoot Out, dem Titel gebenden Gunfight at O.K. Corral, gehen die Antipoden Wyatt Earp und Doc Holliday gemeinsam die Treppe hinunter. In diesem Moment sind Wilder und Zivilisierter Westen verschmolzen, ein letztes Mal noch wird es um Rache vor Recht gehen. Danach schreitet die Vision gen Westen und bleiben die Spieler in den Städten, um die sesshaft gewordenen ehemaligen Pioniere auszunehmen.

Die finale Schießerei ist historisch belegt (26. Oktober 1881), hat allerdings nur knapp eine halbe Minute gedauert (nicht wie in Sturges' Film fünf Minuten). In vielen Western mythologisiert und heroisiert wurde sie zu einem Symbol für den Kampf von Recht und Gesetz gegen offenes Banditentum in den Grenzstädten, wo die Spannungen des Bürgerkrieges nachwirkten und Strafverfolgung eher spärlich war. John Sturges' Erzählung um die Schießerei ist allerdings fiktiv, die Hintergründe der Schießerei ganz andere und der Earp-Clan auch nicht so gefeiert, wie der Film das mit seinen Helden in perfekt gestärkten und gebügelten Hemden andeutet. Aber John Sturges will ja auch eine ganz andere Geschichte erzählen und nutzt als Rahmen das mehr oder weniger fiktive Entstehen einer Männerfreundschaft.

Plakatmotiv: Zwei rechnen ab (1957)Sturges erzählt die Geschichte um die berühmte Schießerei als Geburt der Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Sezessionskrieg. Im Osten wachsen schon die Städte und die Männer, die ihr Überleben im Westen suchen, die einsamen Revolverhelden, die Glücksritter, stellen fest, dass ihre Zukunft begrenzt ist und an der Küste Kaliforniens endet. Frauen spielen Poker, zum Unwillen konservativer Gesetzesvertreter: „Das Spiel, dass Sie da spielen, ist Männersache!“ Ganoven erweisen sich als freundliche Handlanger in einer Welt, in der das Böse plötzlich viele Gesichter hat. Im Mittelpunkt stehen zwei Archetypen – ein aufrechter Marshal, der ein Familienleben in Frieden auf einer Farm will, und ein lungenkranker Spieler, der sich eingerichtet hat auf der dunklen Seite, immer scharf am Gesetzesbruch vorbei.

Den Marshal Wyatt Earp spielt Burt Lancaster als nahezu Heiligen (Vera Cruz – 1954; Massai – Der große Apache – 1954; Verdammt in alle Ewigkeit – 1953; "Der rote Korsar" – 1952). Holliday wirft ihm unablässig vor zu predigen, nennt ihn am Ende sogar „Prediger“; bei der finalen Schießerei steht er dem jüngsten Clanton-Bruder Billy gegenüber, der auf ihn anlegt und fleht ihn an „Zwing mich nicht dazu zu schießen, Billy!“; und Spielerin Laura Denbow, die für den Marshal ihr wildes Leben drangibt, um auf der erwähnten Farm alt zu werden, rät ihm beim ersten Treffen, sich einen neuen Glorienschein zu kaufen, der aktuelle sitze wohl zu eng. Und Doc Holliday erklärt seiner Freundin Kate, Wyatt Earp sei etwas historisch Besonderes, indem er sagt „Du und ich. Wir sind unwichtig seit der Stunde unserer Geburt!“ Ungesagt bleibt: Earp ist wichtig! So geht Legendenbildung.

Es wirkt wie Ironie, dass ausgerechnet Kirk Douglas, Typ revolutionärer Berserker, Doc Holliday spielt ("Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft" – 1956; Zwischen zwei Feuern – 1955; Die Fahrten des Odysseus – 1954; 20.000 Meilen unter dem Meer – 1954; Reporter des Satans – 1951; "Die Glasmenagerie" – 1950; Goldenes Gift – 1947). Wir erfahren nicht, warum aus dem ehemaligen Zahnarzt aus gutem Hause der Spieler und Scharfschütze wurde, den wir im Film kennenlernen. Seine Tuberkulose macht den Doc zum perfekten Synonym für den schleichenden Niedergang des alten, des wilden Westens. Und Douglas spielt das wunderbar zwischen Zähnefletschend und Männerfreundschaft.

Gegner der beiden Männer wird, was die USA groß und die Gesellschaft kalt gemacht hat: der Viehbaron. Ike Clanton besitzt Vieh, allerdings Vieh, das er sich offenbar von überall her zusammen geklaut hat. Clanton personifiziert jene Macht in diesem Film, die das Sagen haben will, weil sie Arbeitsplätze bietet und Geld in die Geschäfte trägt, sich aber nicht an Regeln und Gesetze halten will; dafür geht er über jede Leiche, die nötig ist.

Der Western singt ein Hohelied auf die zivilisierende Rolle der Frau, erklärt das Glücksrittertum zur Option ohne Zukunft und Großgrundbesitzer zum Gegner von Frieden und Freiheit. Damit zählt "Zwei rechnen ab" zu den großen Western, in dem die wichtigsten Elemente des Genres verhandelt werden.

Wertung: 5 von 7 D-Mark
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