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Plakatmotiv: Wrong Place (2022)

Ein selten dämlicher Killer
und ein kranker Bruce Willis

Titel Wrong Place
(Wrong Place)
Drehbuch Bill Lawrence
Regie Mike Burns, USA 2022
Darsteller

Ashley Greene, Bruce Willis, Michael Sirow, Texas Battle, Stacey Danger, Massi Furlan, Adam Huel Potter, Lauren McCord, John D. Hickman, Larken Woodward, Amber Townsend, Josh Rhett Noble, Bruce Cooper, Hassel Kromer, Kirsten Temple u.a.

Genre Krimi, Action
Filmlänge 96 Minuten
Deutschlandstart
26. Mai 2023 (DVD-Premiere)
Inhalt

Als Wachmann Frank für eine kurze Pause seinen Posten verlässt, wird er Zeuge, wie Gangster Virgil einen kaltblütigen Mord begeht. Frank ruft die Polizei, Virgil landet im Gefängnis.

Das ruft Virgils Sohn Jake auf den Plan, der Frank zum Schweigen bringen soll. Dummerweise trifft Jake nicht Frank in seiner abgelegenen Hütte vor, sondern dessen resolute Tochter Chloe. Die denkt nicht daran, wehrlos aufzugeben, und flüchtet in den angrenzenden Wald, in dem es zu einem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel zwischen Frank und Jake kommt …

Was zu sagen wäre

Seit März 2022 wissen wir, dass Bruce Willis schwer krank ist. Er leidet unter der Pick-Krankheit, die wir heute auch "frontotemporale Demenz" (FTD) nennen. Das ist eine Krankheit, die Teile des Gehirns angreift, Persönlichkeitsstörungen und Sprachprobleme hervorruft. Damals hatte Willis' Familie mitgeteilt, dass der Schauspieler sich aus dem Filmgeschäft und der aus der Öffentlichkeit zurückziehe. Seit dieser Veröffentlichung sind 12 Filme herausgekommen, bei denen Bruce Willis groß auf dem Cover prangt. Die Filme sind allesamt nicht ins Kino gekommen, sondern sind als Bluray- oder Streaming-Release gestartet (Assassin – Everybody is a weapon – 2023; "Detective Knight: Independence" – 2023; Detective Knight: Redemption – 2022; "Paradise City" – 2022"; "Detective Knight: Rogue" – 2022; "Wire Room" – 2022; "Wrong Place" – 2022; White Elephant – 2022; A Day to Die – 2022; American Siege – 2021; Cosmic Sin – Invasion im All – 2021; Trauma Center – 2019). Je jünger die Filme sind, desto deutlicher sieht man Willis seine Schwierigkeiten, die er vor der Kamera hat, an.

Im vorliegenden film, der 2021/22 gedreht wurde, wirkt, wie ein kranker Mann. Er schleicht mehr als dass er geht. Seine Filmfigur hat eine Tochter, die schwer an Krebs erkrankt ist. Außerdem kam seine geliebte Frau bei einem Unfall ums Leben, bei dem er am Steuer saß. Weil er außerdem knapp über dem erlaubten Alkoholpegel lag, verlor er seinen Job als Sheriff und arbeitet jetzt für eine Securityfirma. Willis' gebrochener Gang und seine somnambule Art des Sprechens passen also zu seiner Rolle. Allerdings führte das den Film, der folgt, ad absurdum. Wäre Wachmann Frank psychisch so labil, wie er in der ersten halben Filmstunde wirkt, wäre er nicht nur kein Wachmann. Er könnte auch die spätere Jagd im Laufschritt durch den Wald kaum leisten. Diesen Film einer vernünftigen Bewertung zu unterziehen, ist in doppelter Hinsicht schwer. Die Krankheit von Bruce Willis wird kongenial begleitet von einem unsinnigen Film, der voller anatomischer Wunder ist.

Wir haben uns daran gewöhnt. dass Filmhelden mit einem Bauchschuss noch lange nicht nach Hause gehen. Hier laufen zwei Menschen, denen in die Lunge geschossen wurde – dem einen links am Herzen vorbei, dem anderen rechts – noch Sprüche machend durch den Wald und treffen mit einer zittrigen Pistole in der Hand über 50 Meter noch mitten ins Ziel; eine junge Frau, der eine Hauptschlagader in der Bauchgegend durchschnitten wurde und die „spätestens in 20 Minuten tot“ sein soll, robbt sich 45 Filmminuten (die in der erzählten Zeit des Films eher 90 Minuten überspannen) später nach einem Schluck Wasser auf die 20 Meter entfernte, hochgelegene Ladefläche eines riesigen SUV-Trucks und läuft „zwei Wochen später“ wieder fidel durchs Leben.

Ausgelöst wird die Geschichte durch einen Zufall. Ein wimmernder Mann wird durch den Wald gejagt und schließlich an der Rückwand eines Pfandleihers erschossen. Just in diesem Moment tritt Wachmann Frank durch die Hintertür des Ladens und wird Zeuge des Mordes. Der Mörder wandert ins Gefängnis, sein Sohn soll Rache nehmen – beide gehören einer nicht näher bezeichneten Motorradgang an. Der Sohn allerdings – vollbärtig, breitschultrig, breite Oberarme, aber treuer Hundeblick – stellt sich im Laufe des Films so schusselig an, macht derart hanebüchene Fehler, dass jede reale Bikergang beleidigt den Bluray-Player aus dem Fenster schmeißen würde. Der Film ist eine Billigproduktion. Das sieht man an den nur wenigen Schauplätzen, den elend langen Dialogen über nebensächliche Befindlichkeiten, die vor allem Filmminuten füllen sollen, ohne dabei viel zu kosten.

Man merkt es auch an dem schnell zusammengeschusterten Script, in dem sich die Handlung eher versteckt. Was hätte das für ein aufregender, nagelbeißend spannender Film werden können? Beispiele dazu gibt es einige, von Wer Gewalt sät (1971) mit Dustin Hoffman über Cape Fear (1991) bis Killing Season (2013), beide mit Robert de Niro. Die sind nicht alle großartig, aber sehr spannend, weil sich die jeweiligen Regisseure, ausgestattet mit einem vernünftigen Budget, bei jeder Szene etwas gedacht, sie komponiert haben und ihre Zuschauer dadurch in den Klammergriff nahmen. Im vorliegenden Film erwähnt die Tochter von Wachmann Frank verschiedene Fallen, die der im Wald aufgestellt habe – man müsse ja immer vorbereitet sein. Es kommt dann genau eine dieser Fallen zum Einsatz. Allein mit diesen Fallen hätte der Film manch bemerkenswerte Szene – auch ohne großen finanziellen Aufwand – generieren können. Chance vertan. Billigfilme wie den vorliegenden gab es immer schon. Aber mit einem Bruce Willis auf dem Titel ziehen sie größere Kreise, fallen mehr auf; auf dem osteuropäischen Markt finden solche Produktionen auch heute noch begeisterte Abnehmer.

Ist das moralisch okay, vom einstigen Hitpotenzial eines kranken Mannes zu zehren, indem man ihn vor eine Filmkamera stellt? Das muss jeder für sich entscheiden, aber wr will es Bruce Willis verdenken: Der ehemalige Tripple-A-Star will seinem Beruf weiter nachgehen (Motherless Brooklyn – 2019; Glass – 2019; Death Wish – 2018; Acts of Violence – 2018; Sin City 2: A Dame to Kill For – 2014; R.E.D. 2 – Noch Älter. Härter. Besser. – 2013; G.I. Joe – Die Abrechnung – 2013; Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben – 2013; Looper – 2012; Lady Vegas – 2012; The Expendables 2 – 2012; Moonrise Kingdom – 2012; The Cold Light of Day – 2012; R.E.D.: Älter. Härter. Besser. – 2010; The Expendables – 2010; Cop Out – Geladen und entsichert – 2010; Surrogates – Mein zweites Ich – 2009; Inside Hollywood – 2008; Planet Terror – 2007; Stirb langsam 4.0 – 2007; 16 Blocks – 2006; Sin City – 2005; Hostage - Entführt – 2005; Ocean's Twelve – 2004; Keine halben Sachen 2 – Jetzt erst recht! – 2004; Tränen der Sonne – 2003; Das Tribunal – 2002; Banditen! – 2001; Unbreakable – Unzerbrechlich – 2000; The Kid – Image ist alles – 2000; Keine halben Sachen – 2000; An deiner Seite – 1999; The Sixth Sense – 1999; Breakfast of Champions – Frühstück für Helden – 1999; Ausnahmezustand – 1998; Armageddon – Das jüngste Gericht – 1998; Das Mercury Puzzle – 1998; Der Schakal – 1997; Das fünfte Element – 1997; Last Man Standing – 1996; 12 Monkeys – 1995; Stirb langsam – Jetzt erst recht – 1995; Nobody's Fool – Auf Dauer unwiderstehlich – 1995; Pulp Fiction – 1994; Tödliche Nähe – 1993; Der Tod steht ihr gut – 1992; The Player – 1992; Last Boy Scout – 1991; Hudson Hawk – Der Meisterdieb – 1991; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Stirb Langsam 2 – 1990; Stirb langsam – 1988; Blind Date – Verabredung mit einer Unbekannten – 1987) und die einzigen, die den kranken Mann noch engagieren, sind die Billigheimer unter den Produktionsstudios.

Für sich gesehen ist "Wrong Place" so ein Donnerstag-Spätabend-Film, wenn man noch nicht ins Bett will, oder die Jungs einfach nicht gehen wollen. Der Film ist auch nach einem Abend mit Zechern nicht zu anstrengend.

Allein: Wegen eines großen Namens auf dem Cover bleibt ein schaler Nachgeschmack.

Wertung: 1 von 8 €uro
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