Als Donald "Sully" Sullivan 30 Jahre alt war, verließ er seine Familie und konnte daher nie eine Beziehung zu seinem leiblichen Sohn aufbauen. Sein Sohn war zu dem Zeitpunkt kaum ein Jahr alt. Jetzt ist Sully 60, lebt in einer Kleinstadt, ist scharf auf die Ehefrau seines Gelegenheitsarbeitgebers Carl, der sie regelmäßig betrügt, und lebt als Untermieter bei seiner ehemaligen Lehrerin Miss Beryl.
Eigentlich versteht er sich ganz gut mit seinen Mitmenschen, aber man wird das Gefühl nicht los, dass er etwas in seinem Leben verpasst hat oder besser gelaufen wäre, hätte er sich damals anders entschieden. Eines Tages zieht er sich auch noch eine Beinverletzung zu, auf Grunde derer er eingeschränkt ist bei der Wahl seiner Jobs auf dem Bau.
Dann taucht Sullys Sohn und sein Enkel in der Kleinstadt auf, weil der mittlerweile auch 30-jährige eine Ehekrise hat, und gibt Sully die Chance, das zu tun, was er schon lange hätte machen sollen …
Das ist einer dieser Filme, die von außen nicht viel hermachen: ein paar ordentliche Schauspieler gehobenen Alters gruppiert um einen alternden Hollywoodstar in einem verschneiten Kleinstädtchen, und Howard Shore sorgt für angemessen sentimentalen Score. Das Plakatmotiv ist auffallend nichts sagend, eine lieblose Collage mit Paul Newman und Melanie Griffith und unten der Schriftzug des Filmtitels. Da ruft wenig: Schau! Mich! An!
Tut's man dann doch, wird man enttäuscht: So platt wie sein Plakat ist der Film nicht und die ordentlichen Schauspieler gehobenen Alters erden den Film und machen das verschneite Kleinstädtchen zu einem liebens- und lebenswerten Örtchen; vielleicht nicht für die Jugend, die fleißig in die großen Städte flüchtet. Aber für die anderen, die halt das Beste aus ihrer Zeit und ihrem Ort machen.
Zusammengehalten werden sie von Sully, eine als Krumpf Old Man eingeführten Starrkopf, der sich aber schnell als der gute Geist der Gemeinde entpuppt. Sully ist sein Leben lang keinem Bier, aber jeder Verantwortung aus dem Weg gegangen. Frau und Kind hat er vor Jahren sitzen lassen, nun wohnt der 60-Jährige zur Untermiete bei seiner alten Lehrerin und streitet sich in der Stammkneipe mit seinem Gelegenheitschef. Wahrscheinlich hätte Robert Benton ("Billy Bathgate" – 1991; "Nadine – Eine kugelsichere Liebe" – 1987; Kramer gegen Kramer – 1979) seinen Film nicht finanziert bekommen, hätte nicht Paul Newman für die Sully-Rolle zugesagt (Hudsucker – Der große Sprung – 1994; Die Farbe des Geldes – 1986; "The Verdict - Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit" – 1982; Die Sensationsreporterin – 1981; "Die Bronx" – 1981; Schlappschuss – 1977; Unter Wasser stirbt man nicht – 1975; Flammendes Inferno – 1974; Der Clou – 1973; Der Mackintosh Mann – 1973; Sie möchten Giganten sein – 1971; Butch Cassidy und Sundance Kid – 1969; Indianapolis – 1969; Der Etappenheld – 1968; Der Unbeugsame – 1967; Man nannte ihn Hombre – 1967; Der zerrissene Vorhang – 1966; Ein Fall für Harper – 1966; Immer mit einem anderen – 1964; Der Wildeste unter Tausend – 1963; "Süßer Vogel Jugend" – 1962; Haie der Großstadt – 1961; Exodus – 1960; Die Katze auf dem heißen Blechdach – 1958; Der lange heiße Sommer – 1958).
Paul Newmans Sully – und Paul Newman Reputation im Filmgeschäft – ist Dreh- und Angelpunkt des Films, dessen erzählerische Dramaturgie sich auf dem Spannungsniveau einer Vorabendserie am Samstagnachmittag bewegt – da ist der alte Grantler, dessen Sohn und Enkelkind gerade eine schwierige Phase durchmachen, weil sich die Ehefrau trennt, da ist Toby, die schöne junge Frau des Arschlochbosses, bei der der alte Grantler noch immer ganz wuschig wird, der beste Freund des Grantlers, der Angst hat, seinen Gelegenheitsjob an des Grantlers Sohn zu verlieren, ein Streifenpolizist, der endlich mal hart durchgreifen will, und das wechselnde Volk im örtlichen Diner, mit dem man sich über die Zeitläufte und Schicksale der Nachbarn austauscht. Das alles erleben wir, weil wir mit Sully und seinem FORD Pickup durch die Straßen der Stadt fahren und bei deren Bewohnern ein und aus gehen.
Da erfahren wir eine Menge über die Stadt und das Leben hier, weil die Einrichtung so ist wie sie ist: ein bisschen runtergekommen, ältlich, eingerissene Tapeten, verblasste Fotos von Familienangehörigen auf dem Fenstersims. Die Ausstattung (Dan Davis, Gretchen Rau) ist liebevoll ausgesucht und präzise gesetzt. Einzig die erotische Fantasie, die zwischen Newman und der 32 Jahre jüngeren Melanie Griffith (Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Fremde Schatten – 1990; "Die Waffen der Frauen" – 1988; Cherry 2000 – 1987; Gefährliche Freundin – 1986; Der Tod kommt zweimal – 1984) Funken schlägt, ist etwas weit hergeholt. Sicher ist Paul Newman immer noch ein attraktiver Mann – und außerdem ist er Paul Newman – aber die Tatsache, dass Tobys Mann, der Bauunternehmer Carl, den Bruce Willis ("Color of Night" – 1994; Pulp Fiction – 1994; Tödliche Nähe – 1993; Der Tod steht ihr gut – 1992; The Player – 1992; Last Boy Scout – 1991; Hudson Hawk – 1991; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Stirb Langsam 2 – 1990; Stirb langsam – 1988; Blind Date – 1987) mit handwarmer Ruppigkeit spielt, dauernd fremd geht, macht noch nicht glaubhaft, dass die Mittdreißigerin auf den Siebziger steht.
Aber auch das löst sich charmant auf und am Ende der Geschichte, in der dauernd alle am liebsten woanders sein wollen, ist klar, dass es daheim unter Freunden und Nachbarn, bei denen man immer ungefragt eine Couch für die Nacht angeboten bekommt, wenn man wieder mal daheim rausgeflogen ist und die Wirtin wortlos ein Bier vor Dich stellt und Deiner alten Lehrerin Deine Anwesenheit als Untermieter nicht nur gefällt sondern sie diese auch nötig hat, doch am schönsten ist.
"Nobody's Fool" ist eine ruhige Beobachtung des Lebens der sogenannten einfachen Leute. Lässt man sich drauf ein, hat man für 100 Minuten eine Menge neuer Freunde.
Paul Newman gewann auf der Berlinale 1995 den Silbernen Bären als Bester Darsteller. Nominierungen erhielt er für den Oscar, den Golden Globe und von der amerikanischen Schauspielgilde, der Screen Actors Guild. Robert Benton erhielt für die Regie eine Nominierung für den Silbernen Bären in Berlin und für das Drehbuch eine Nominierung für den Oscar.
Bruce Willis’ Name wurde bewusst weder auf dem Filmplakat noch im Vorspann genannt, um bei den Zuschauern nicht den Eindruck zu erwecken, es handle sich bei der eher melancholischen und ruhigen Komödie um einen „Bruce-Willis-Action-Film“.