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Plakatmotiv: Schlappschuss (1977)

Ein sarkastischer Blick auf den
amerikanischen Sportbetrieb

Titel Schlappschuss
(Slap Shot)
Drehbuch Nancy Dowd
Regie George Roy Hill, USA 1977
Darsteller

Paul Newman, Strother Martin, Michael Ontkean, Jennifer Warren, Lindsay Crouse, Jerry Houser, Andrew Duncan, Jeff Carlson, Steve Carlson, David Hanson, Yvon Barrette, Allan F. Nicholls, Brad Sullivan, Stephen Mendillo, Yvan Ponton, Matthew Cowles, Kathryn Walker, Melinda Dillon u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 123 Minuten
Deutschlandstart
29. September 1977
Inhalt

Für die "Charlestown Chiefs" ist Sport eine todtraurige Angelegenheit: Die Eishockey-Spieler der schäbigen Industriestadt sind im wahrsten Sinne des Wortes die letzten. Ein Spiel nach dem anderen verlieren sie und in der Tabelle werden sie nicht mal mehr unter ferner liefen geführt.

Das Publikum dankt es der Mannschaft mit Pfeifkonzerten, und selbst die Ehefrauen der Chiefs verschließen die Augen vor diesem Elend. Das Blatt wendet sich, als Trainer Reggie die Contenance verliert und den gegnerischen Torwart mit Beleidigungen reizt. Was folgt, sind ein Tumult, regelwidrige Handgreiflichkeiten und der erste Sieg der Chiefs – das Patentrezept zum langersehnten Aufstieg ist gefunden.

Mit Psychologie und vor allem rüdem Spiel zwingt das Team alle kommenden Kontrahenten in die gepolsterten Knie. Das Publikum ist begeistert, besonders über die Hanson-Brüder …

Was zu sagen wäre

Dass es im Mannschaftssport um viel Geld geht, ist in Deutschland nicht so verbreitet. Die hiesigen Fußballer verdienen zwar ordentlich, mussten aber bis vor nicht so langer Zeit, auch noch in einem "richtigen" Beruf arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Spielen tun sie in Vereinen, die einer gemeinnützigen Struktur entspringen. In den USA ist das anders. Da spielen die Sportler in Teams, die auch schon mal aus einer Stadt im Nordosten des Landes an neue Besitzer im Südwesten verkauft werden. Die Kultur ist eine andere. Fußball ist dort kein populärer Sport, umso mehr Basketball, Football oder, wie im neuen Film von George Roy Hill (Tollkühne Flieger – 1975; Der Clou – 1973; Schlachthof 5 – 1972; Zwei Banditen – 1969; "Hawaii" – 1966), Eishockey.

Der Film dreht sich um das Eishockey-Team der "Charlestown Chiefs", das in der unterklassigen Federal League austrägt. Das chronisch erfolglose Team steht wegen der Pleite des größten örtlichen Arbeitgebers vor dem finanziellen Ruin und soll zum Ende der Saison aufgelöst werden. Auf dieser Basis entwerfen Hill und seine Drehbuchautorin Nancy Dowd ein Zerrbild des US-amerikanischen Kapitalismus: Die Chiefs sind so erfolglos, wie die der größte Arbeitgeber in der Stadt, der demnächst seine Tore schließt und die Fabrik abreißt. Für die Spieler, den Trainer, den Manager ist das das Aus. Niemand interessiert sich für sie. Keiner will Geld für ein Spiel der Chiefs ausgeben. Die Liga lacht über sie. Sie sind Loser. Loser kommen nicht gut an im amerikanischen Sportsgeist.

Das langweilige Image kehrt sich erst ins Positive, als die Eishockeyspieler aufhören, Eishockey zu spielen und statt dessen den körperbetonten, kraftvollen Aspekt der Sportart hervorzuheben. Aus den gelegentlichen Bodychecks und Rempeln an der Bande machen die Chiefs ein Geschäftsmodell. Es wird wenig strategische aufregendes Eishockey gespielt, dafür wird sich ordentlich geprügelt. Blut verschmiert die Spielfläche aus Eis, das Publikum tobt, bald sind die Heimspiele ausverkauft. Die Zuschauer wollen Kämpfer sehen – egal, was gekämpft wird, Hauptsache, Aggressionen werden ausgelebt. Nun könnte ja alles gut sein: Brot und Spiele, wenn das Publikum für die Schlägereien auf dem Eis bezahlt, sollen sie Schlägereien bekommen. Plakatmotiv (US): Slap Shot (1977) Dennoch ist die Heimatstadt der Charlestown Chiefs beinahe pleite und es gibt nun Gerüchte, dass der lange Zeit unbekannte Besitzer der Chiefs, der sich schließlich als eine geschäftstüchtige Besitzerin entpuppt, das Team auflösen will ein Verkauf des jahrelang defizitären Teams brächte nicht so viel ein, wie eine Verlustabschreibung – das endlich erfolgreiche Team verkommt zum Steuersparmodell. Ein Sprichwort sagt: There is allways a bigger fish!; heißt in diesem fall: die Chiefs können mit fragwürdigen Methoden sehr reich werden und sogar die Meisterschaft gewinnen. Aber sie bleiben ein Spielball, eine Verhandlungsoption in den Händen einer mächtigeren Figur, die wiederum sich an den Gesetzen des freien Marktes orientieren muss – eine ähnliche Botschaft hatte im vergangenen Jahr, noch bissiger, noch schärfer, auch die Mediensatire Network (1976).

Die Hauptrolle des mäßig erfolgreichen Spielertrainers am Ende seiner Karriere spielt Paul Newman im Abklingbecken seiner Karriere, seine großen erfolge hatte er in den späten 50er und den 60er Jahren (Unter Wasser stirbt man nicht – 1975; Flammendes Inferno – 1974; Der Clou – 1973; Der Mackintosh Mann – 1973; "Das war Roy Bean" – 1972; Sie möchten Giganten sein – 1971; Butch Cassidy und Sundance Kid – 1969; Indianapolis – 1969; Der Etappenheld – 1968; Der Unbeugsame – 1967; Man nannte ihn Hombre – 1967; Der zerrissene Vorhang – 1966; Ein Fall für Harper – 1966; Immer mit einem anderen – 1964; "Der Preis" – 1963; Der Wildeste unter Tausend – 1963; "Süßer Vogel Jugend" – 1962; Haie der Großstadt – 1961; Exodus – 1960; Die Katze auf dem heißen Blechdach – 1958; Der lange heiße Sommer – 1958). Sein Reggie ist ein Melancholiker, der seine weiteren Karriereatationen realistisch einordnen kann. Seine Frau hat ihn verlassen, Reggie sie aber noch nicht aufgegeben. Vor der Mannschaft immer großspurig in seinen Durchhalteparolen schummelt er sich so durch – ein schönes Porträt eines im Inneren einsamen Mannes, das uns der 52-Jährige hier bietet.

"Slap Shot" (der Originaltitel bezeichnet einfach den "Schlagschuss" im Eishockey, also nichts, was dem deutschen Titel nahe kommt) ist eine charmant-sarkastische Beschreibung einer Welt, die vom Geld regiert wird, in der Gefühle in Alkohol ertränkt werden. Das klingt depressiver, als der Film ist, was daran liegt, dass diese Art amerikanischer Sportfilme in Deutschland aufgrund der sehr unterschiedlichen Ligabetriebe kaum nachvollziehbar sind. Warum zum Beispiel pfeifen die Schiedsrichter nie ab, warum stellen sie nie die prügelnden Spieler vom Eis? Der Trubel auf den Eisflächen der Federal League ist lustig anzuschauen. Aber zwischen den Szenen auf den Eisflächen bieten die Figuren bis auf eben Paul Newman wenig Raum für ein Verständnis ihres Alltags.

Wertung: 6 von 9 D-Mark
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