Als ein Kunde nur zum Spaß eine großkalibrige Waffe auf sie richtet, hat die junge Beth endgültig die Nase voll: Sie schmeißt ihren Job als Stripperin hin und zieht aus der Provinz von Florida nach Las Vegas. In der Glitzermetropole will sie als Cocktailkellnerin ihr Glück machen.
Dazu aber kommt es nicht: Kaum in Vegas eingetroffen, lernt sie den gewieften Buchmacher Dink Heimowitz kennen. Er setzt sein Geld auf alles, was in der Welt des Glücksspiels angeboten wird, von Pferderennen bis zu Buchstabierwettbewerben. Schnell erkennt er, was für ein besonderes Rechentalent in der vermeintlich naiven Beth schlummert. Er stellt sie ein und bald avanciert sie zu seiner unangefochtenen Wettkönigin.
Beths Job besteht vor allem darin, die Wetten in den Casinos oder per Telefon bei Wettbüros in der Karibik zu platzieren. Allerdings reagiert Dinks Ehefrau Tulip höllisch eifersüchtig auf die neue Angestellte ihres Mannes – nicht ganz zu Unrecht, wie sich bald zeigt.
Als Dink sich aufgrund einer Pechsträhne immer gereizter und aggressiver verhält, schmeißt die temperamentvolle Beth das Handtuch: Sie zieht nach New York zu dem jungen Journalisten Jeremy, den sie kurz zuvor in Vegas kennengelernt hatte. Einen Job findet sie bei dem Buchmacher Rosie. Die Wettgeschäfte des großspurigen Draufgängers laufen bestens und er zahlt der talentierten Beth ein traumhaftes Honorar.
Die Sache hat nur einen Haken: Glücksspiel ist in New York illegal. Zunächst ignoriert Beth alle Warnungen und spannt sogar den braven Jeremy für ihre Geschäfte ein. Doch als die Polizei ihnen auf die Schliche zu kommen droht, braucht Beth dringend die Hilfe ihres alten Mentors Dink, um aus dem Schlamassel herauszukommen …
Das Streben nach Glück steht als Menschenrecht in der US-amerikanischen Verfassung. Es steht da nicht, auf welche Weise dieses Glück errungen werden muss. Man kann es auch mit Glücksspiel versuchen, einer sehr alten Sehnsucht der Menschen, ohne harte Arbeit zu vielen Millionen zu gelangen. Reich werden über eine Abkürzung – der moderne amerikanische Traum. Es ist also ein ur-amerikanisches Thema, mit dem sich der Brite Stephen Frears ("Immer Drama um Tamara" – 2010; Die Queen – 2006; Mary Reilly – 1996; Ein ganz normaler Held – 1992; Gefährliche Liebschaften – 1988; "Mein wunderbarer Waschsalon" – 1985) in seinem neuen Film beschäftigt; "Lady Vegas" ist ein Spielerfilm, ein eigenes Genrein Hollywood: Haie der Großstadt (1961), Cincinnati Kid (1965), Höchster Einsatz in Laredo (1966), Der Clou (1973), Die Farbe des Geldes (1986) oder Maverick (1994).
Gute Spielerfilme sind die, bei denen man nicht jede Regel des jeweiligen Spiels kennen muss, weil es eigentlich um die Menschen geht, die das Spiel spielen. Aber natürlich hilft es, wenn man weiß, dass ein Straight Flush wertvoller ist als zwei Pärchen, oder dass die weiße Kugel nicht versenkt werden darf. Wenn es ums Wettgeschäft geht, wo abstrakte Gewinnquoten hin und herumgeworfen werden, ist es schwieriger; allerdings geht es in solchen Fällen meist um den einen Typen, der abgezogen werden soll und der muss dafür möglichst viel Geld einsetzen – da wird dann beizeiten in Dialogen klar gemacht, wie es um den Zielspieler geht.
In "Lady Vegas" geht es um Spielerwetten und die Buchmacher, über die diese Wetten laufen. Der Film, der auf mehr oder weniger wahren Erinnerungen beruht, erzählt von einer jungen Frau, die keine rechte Linie in ihrem Leben hat und sich mit Jobs durchschlägt. Sie hat eine Begabung für Zahlen und so landet sie bei einem Buchmacher in Las Vegas. In ihrem Job ist sie erfolgreich, aber sie ist auch hübsch und ein bisschen naiv, was der Ehefrau des Buchmachers nicht gefällt und so zieht die junge Frau schließlich nach New York zu ihrem neuen Freund und zieht da eigene Geschäfte als Buchmacherin auf. In New York ist das illegal und so kommt sie beinahe in Teufels Küche. Weil aber alle Figuren im Film zusammenstehen, kommen sie mit einem Lächeln aus der Geschichte. Diese Erzählung ist so dünn, ihre Moral so abgegriffen, dass der Film in keinem Moment abhebt. Das Schlimme ist: Wir verstehen nicht, was Beth – die junge Frau – eigentlich genau macht, was sie so erfolgreich und besser als andere macht. Dauernd trägt sie zehntausende Dollar quer durch die Stadt oder telefoniert mit anderen Wettanbietern, wo sie dann Wetten platziert. Natürlich spielt die Wettquote eine rolle, aber wie und warum Beth diese Quote mit einer 2000-Dollar-Wette beeinflussen kann, bleibt unerklärt. Und so bleiben auch die Figuren einfach Figuren, die sich vor einer Kamera bewegen. Sie flirten miteinander, schreien in Telefone, fahren in Cabrios, aber sie entfalten nichts.
Da gibt es den netten Buchmacher, der mit seinem Wettbüro zwei freundlichen Halunken Arbeit verschafft. Bruce Willis spielt den mit dem melancholischen Blick des eingeübten Spielers, der immer auch Bescheidwisser über die Fährnisse des Lebens ist und mit ausgesuchter Garderobe – Sneaker, Kniestümpfe, Bermudashorts und Hawaiihemden (The Expendables 2 – 2012; Moonrise Kingdom – 2012; The Cold Light of Day – 2012; R.E.D.: Älter. Härter. Besser. – 2010; The Expendables – 2010; Surrogates – Mein zweites Ich – 2009; Inside Hollywood – 2008; Planet Terror – 2007; Stirb langsam 4.0 – 2007; 16 Blocks – 2006; "Lucky Number Slevin" – 2006; Sin City – 2005; Hostage – Entführt – 2005; Ocean's Twelve – 2004; Keine halben Sachen 2 – Jetzt erst recht! – 2004; Tränen der Sonne – 2003; Das Tribunal – 2002; Banditen! – 2001; Unbreakable – Unzerbrechlich – 2000; The Kid – Image ist alles – 2000; Keine halben Sachen – 2000; An deiner Seite – 1999; The Sixth Sense – 1999; Breakfast of Champions – Frühstück für Helden – 1999; Ausnahmezustand – 1998; Armageddon – Das jüngste Gericht – 1998; Das Mercury Puzzle – 1998; Der Schakal – 1997; Das fünfte Element – 1997; Last Man Standing – 1996; 12 Monkeys – 1995; Stirb langsam – Jetzt erst recht – 1995; Nobody's Fool – Auf Dauer unwiderstehlich – 1995; "Color of Night" – 1994; Pulp Fiction – 1994; Tödliche Nähe – 1993; Der Tod steht ihr gut – 1992; The Player – 1992; Last Boy Scout – 1991; "Billy Bathgate" – 1991; Hudson Hawk – Der Meisterdieb – 1991; "Tödliche Gedanken" – 1991; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Stirb Langsam 2 – 1990; Stirb langsam – 1988; "Sunset – Dämmerung in Hollywood" – 1988; Blind Date – Verabredung mit einer Unbekannten – 1987). Dieser Buchmacher ist verheiratet mit Tulip, einer exaltierten Frau, deren Tagesbeschäftigung aus Kreuzfahrten, Geld ausgeben und Gesichtslifting besteht. Warum sie verheiratet sind, erfahren wir nicht. Sie werden sich womöglich mal geliebt haben, jetzt jedenfalls tut der Buchmacher alles, um seine Frau bei Laune und ruhig zu halten – womöglich hat sie mit irgendwas in der Hand? Später im Film wird sie freundlicher. Auch das nehmen wir im Kinosessel am besten so hin, erklärt wird auch das nicht. Catherine Zeta-Jones, immer wieder zurückgeworfen auf solche Rollen, spielt sie ("Rezept zum Verlieben" – 2007; "Die Legende des Zorro" – 2005; Ocean's Twelve – 2004; Terminal – 2004; Ein (un)möglicher Härtefall – 2003; Chicago – 2002; America's Sweethearts – 2001; Traffic – Macht des Kartells – 2000; Das Geisterschloss – 1999; Verlockende Falle – 1999; Die Maske des Zorro – 1998).
Mit viel nacktem Bein, bauchfrei und mit großen Kulleraugen stürzt sich Rebecca Hall ("Frost/Nixon" – 2008; Vicky Cristina Barcelona – 2008; Prestige – Die Meister der Magie – 2006) in die Rolle der jungen Frau, die keinen rechten Plan für ihr Leben hat – und sich vielleicht deshalb dem 27 Jahre älteren Buchmacher an den Hals wirft. Ist Naivität, Kalkül oder doch sowas wie Liebe? Man erfährt es nicht.
"Lady Vegas" ist ein Spielerfilm ohne auch nur ein Bild, das in Erinnerung bleibt, der ein lockeres Drama sein möchte über eine Frau auf der Suche zu sich selbst und ihrer Bestimmung, sich aber zwischen lauter Fragezeichen verheddert.