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Plakatmotiv: Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel (1994)

Ein großer Westernschmunzler, der
auch auf der Meta-Ebene funktioniert

Titel Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel
(Maverick)
Drehbuch Roy Huggins & William Goldman
nach Motiven aus der Fernsehserie "Maverick"
Regie Richard Donner, USA 1994
Darsteller

Mel Gibson, Jodie Foster, James Garner, Graham Greene, Alfred Molina, James Coburn, Dub Taylor, Geoffrey Lewis, Paul L. Smith, Dan Hedaya, Dennis Fimple, Denver Pyle, Clint Black, Max Perlich, Art LaFleur, Leo Gordon, Paul Tuerpe, Jean De Baer u.a.

Genre Komödie, Western
Filmlänge 127 Minuten
Deutschlandstart
30. Juni 1994
Inhalt

Im alten Westen der USA ist der Spieler Bret Maverick auf dem Weg zu einem großen Pokerturnier, das auf dem Dampfschiff "Lauren Belle" im Mississippi stattfinden soll. Dem Gewinner winken da eine halbe Million Dollar.

Da ihm von den 25.000 Dollar Turniergebühr 3.000 fehlen, reist Maverick in die Stadt Crystal River mit der Absicht, Schulden einzutreiben und beim Kartenspiel Geld zu verdienen. Auf dem Weg zum Pokerturnier des Jahrhunderts trifft er auf Annabelle Bransford, eine bezaubernde Spielerin, und Zane Cooper, einen finsteren Marshal, der dem Glücksspiel nicht gewogen ist. Er macht Geschäfte mit einem befreundeten Indianer und gewinnt zusätzliches Geld, in dem er einen russischen Fürsten erpresst, der ihn zuvor augenscheinlich erschossen hat und nun einer Mordanklage entgegensehen könnte.

Nach all den Hindernissen, die er überwunden hat, gewinnt er einen riesigen Jackpot, muss aber fliehen, ohne seinen Gewinn abzuholen …

Was zu sagen wäre

Richard Donner und Mel Gibson haben sich nach drei Lethal Weapon-Filmen wieder zusammengetan und einen Schmunzelwestern gedreht, der viel Tempo hat und auf der Meta-Ebene allerlei Kinoklassiker zitiert. Donner hat dafür das große Besteckt ausgepackt, dass die klassischen Western ausgezeichnet hat – prachtvolle Landschaftspanoramen, heulende Indianer, eine rasante Jagd in der Postkutsche, zünftige Schlägereien, ein Beinahe-Ende des Helden am Galgen eines einsamen Baumes in der leeren Wüste, ein grandioser Raddampfer und natürlich jede Menge Pokerpartien mit glutäugigen Falschspielern und hohen Einsätzen.

Obwohl es in diesem Film um eine große Pokerpartie geht, an der die drei Hauptfiguren teilnehmen wollen, gehört "Maverick" nicht zu den großen Spielerfilmen wie Haie der Großstadt (1961), Cincinnati Kid (1965), Höchster Einsatz in Laredo (1966) oder Der Clou (1973). Dazu entwickelt die vorhersehbare Dramaturgie während der Partie zu wenig Spannung. Aber drumherum erfüllt der Film jede Erwartung. Am Pokertisch geht es um Blenden und Bluffen und entsprechend blendet und blufft Richard Donner (Lethal Weapon 3: Die Profis sind zurück – 1992; Lethal Weapon 2 – Brennpunkt L.A. – 1989; Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis – 1987; Die Goonies – 1985; Der Tag des Falken – 1985; Superman II – Allein gegen alle – 1980; Superman – 1978; Das Omen – 1976) in beinahe jeder Szene. Plakatmotiv (US): Maverick (1994) Bret Maverick blufft sich eigentlich durch sein ganzes Leben. Das muss er allerdings auch, denn er hat ein zu weiches Herz. Dauernd lässt er sich von Freunden, die ihm Geld schulden, überzeugen, sie würden es ja demnächst zurückzahlen, nur im Moment seien sie selbst knapp – und dann stellt sich heraus, dass die Freunde ihn anlügen. Maverick holt erst am Pokertisch sein ganzes Talent aus der Westentasche.

In Mel Gibson hat der Titelheld hier einen guten Interpreten gefunden ("Der Mann ohne Gesicht" – 1993; "Forever Young" – 1992; Lethal Weapon 3: Die Profis sind zurück – 1992; "Air America" – 1990; Ein Vogel auf dem Drahtseil – 1990; Lethal Weapon 2 – Brennpunkt L.A. – 1989; Tequila Sunrise – 1988; Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis – 1987; Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel – 1985; "Flucht zu dritt" – 1984; "Menschen am Fluss" – 1984; Die Bounty – 1984; "Ein Jahr in der Hölle" – 1982; Mad Max 2 – Der Vollstrecker – 1981; "Gallipoli" – 1981; "Die grünen Teufel vom Mekong" – 1981; Mad Max – 1979). Da ist eine Fortsetzung im Grunde kaum zu vermeiden. In der dem Film zugrunde liegenden TV-Serie "Maverick" (1957 – 1962) spielte James Garner die Titelfigur, der hier als Marshall Zane Cooper auftritt, der natürlich auch mehr ist, als er vorgibt zu sein ("Sunset – Dämmerung in Hollywood" – 1988; "Victor/Victoria" – 1982; Latigo – 1971; Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe – 1969; Die fünf Geächteten – 1967; "Grand Prix" – 1966; Gesprengte Ketten – 1963). Gibson kann sich auf sein eingespieltes Minenspiel verlassen, das stets zwischen todernst und über die Maßen albern wechselt, auf sein charmantes Lachen mit der Zigarre zwischen den blendend weißen Zähnen. Natürlich zieht er schneller als die Anderen, bleibt bei einer Schlägerei Einer gegen Fünf als Letzter stehen und hat das Glück im rechten Augenblick auf seiner Seite – und wenn mal nicht, holt er einen Trick aus dem Ärmel, den er vorher gut vorbereitet hat. Lächelnd natürlich mit diesem blitzenden Mel-Gibson-Blick. Insofern ist der Film weniger Western als Komödie, die in einer großartigen Westernkulisse erzählt wird.

Mavericks schärfste Gegenspielerin ist die äußerst charmante und sehr trickreiche Annabelle Bransford, die Jodie Foster als hinreißende Trickserin spielt, die sich erfolgreich in einer Männerwelt behauptet (Sommersby – 1993; "Das Wunderkind Tate" – 1991; Das Schweigen der Lämmer – 1991; Angeklagt – 1988; "Pinguine in der Bronx" – 1987; Hotel New Hampshire – 1984; "Bugsy Malone" – 1976; "Das Mädchen am Ende der Straße" – 1976; Taxi Driver – 1976).

Neben vielen schönen Ideen, wie man die Zuschauer im Kinosessel hops nehmen kann, glänzt der Film mit einer selten gesehenen Kleindarsteller und Statisten-Besetzung. Rund um die entscheidende Pokerpartie treten unzählige Stars auf, die nicht einen Satz zu sprechen haben, aber aus der Countrymusic-Szene kommen oder in Westernserien der 60er und 70er Jhre tragende Rollen hatten – Doug McClure etwa, der sich nach seiner Karriere als Trampas in "Die Leute von der Shiloh Ranch" im Kino mit Plastikdinosauriern herumschlug ("Tauchfahrt des Schreckens" – 1978; Caprona II – 1977; Caprona – Das vergessene Land – 1974). Oder Dub Taylor, der in den 60er Jahren in gefühlt jedem zweiten Western am Bildrand auftauchte (Latigo – 1971; The Wild Bunch – 1969; Frank Patch – Deine Stunden sind gezählt – 1969; Bandolero 1968; Bonnie und Clyde – 1967; Cincinnati Kid – 1965; Vierzig Wagen westwärts – 1965) und entsprechend auch in Zurück in die Zukunft III auftrat, der ja im Wilden Westen spielt. Oder Henry Darrow, der den Manolito Montoya in der Western-Serie "High Chaparral" gespielt hat. Der alte Recke James Coburn darf als Veranstalter des Pokerturniers wenigstens noch ein paar Sätze mitspielen (Hudson Hawk – Der Meisterdieb – 1991; "Blaze of Glory – Flammender Ruhm" – 1990; Steiner – Das Eiserne Kreuz – 1977; Plakatmotiv: Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel (1994) Schlacht um Midway – 1976; Pat Garrett jagt Billy the Kid – 1973; Charade – 1963; Gesprengte Ketten – 1963; Die glorreichen Sieben – 1960).

Und Danny Glover hat einen Kurzauftritt, der nun nicht für alte Westernserien steht, aber natürlich für den einen Teil des dynamischen Duos aus den Lethal Weapon-Filmen, die er unter der Regie von Richard Donner an der Seite von Mel Gibson bestritten hat. Glover spielt in einer kleinen Szene einen Bankräuber, der Maverick, der immer noch auf der Jagd nach 3000 noch benötigten Dollars ist, um einen Teil ebendieses Geldes bringt. Die beiden schauen sich an, stutzen, schauen nochmal, als würden sie sich von irgendwoher kennen, erinnern sich dann doch nicht und in der bleihaltigen Flucht stöhnt Glover seinen Satz aus "Lethal Weapon": „Ich bin zu alt für diesen Mist!“ Das sieht aus wie eine clevere Marketing-Idee, weil dann Leute wie ich das in ihren Filmbesprechungen erwähnen werden, was dem Film zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft, ohne mit dem Film als solchen überhaupt was zu tun zu haben. Es ist aber auch eine schöne, ja sogar herzerwärmende Szene, die sowas wie freundschaftliche Verbundenheit im kalten Hollywood-Geschäft vorgaukelt und in einem Film, der ohnehin nicht über seine Geschichte, sondern über seine Oberflächenreize wahr genommen werden will, überhaupt nicht stört, im Gegenteil: Sie macht das Trickserspektakel rund.

"Das Hollywood Geschäft" heißt ein Buch, in dem William Goldman erklärt, wie es so zugeht hinter den Kulissen der Filmwerkstadt. Goldman, Drehbuchautor großer Filme in den 70er Jahren hat auch zu "Maverick" das Drehbuch geschrieben. Und da können wir ganz schön zugucken, wie die Grundstruktur eines Drehbuches im modernen Hollywoodfilm gebaut sein muss, um Unterhaltung zu bieten: So, wie der Spieler Bret Maverick im Hintergrund seine Partien und Auftritte minutiös vorbereitet, verweigert auch der Film Überraschungen, die nicht vorbereitet wurden. Schaut man dem bunten Treiben aufmerksam zu, weiß man früh, was Maverick im Finale helfen wird, woran Annabella Bransford zwischenzeitlich scheitern wird und was es mit dem auffälligen Nicht-Verhältnis zwischen Mel Gibson und James Garner im Film auf sich hat. Das macht die Unterhaltung keineswegs kaputt, unterstreicht sie noch. Zumal "Maverick" ein paar weitere Finten bereit hält, die nicht vorbereitet werden müssen, weil sie sich erst aus der Handlung ergeben.

Alles in allem ein Film, dessen Bilder richtig Lust machen, mal wieder ein paar der alten Westernklassiker zu gucken. Nicht die Spielerfilme, sondern die mit den großartigen Landschaften und den Reiterhorden im gestreckten Galopp.

Wertung: 8 von 10 D-Mark
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