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Plakatmotiv: Das Omen (1976)

Ein großes Gruselstück, das ohne wabernde
Nebel und technische Bildtricks auskommt

Titel Das Omen
(The Omen)
Drehbuch David Seltzer
Regie Richard Donner, UK, USA 1976
Darsteller

Gregory Peck, Lee Remick, David Warner, Billie Whitelaw, Harvey Stephens, Patrick Troughton, Martin Benson, Robert Rietty, Tommy Duggan, John Stride, Anthony Nicholls, Holly Palance, Roy Boyd, Freda Dowie, Sheila Raynor, Robert MacLeod, Bruce Boa, Don Fellows, Patrick McAlinney, Dawn Perlman, Nancy Manningham, Miki Iveria, Betty McDowall, Nicholas Campbell, Burnell Tucker, Ronald Leigh-Hunt, Guglielmo Spoletini, Yakov Banai u.a.

Genre Horror
Filmlänge 111 Minuten
Deutschlandstart
25. September 1976
Inhalt

Als die Schwangerschaft seiner Frau Katherine in einem Krankenhaus in Rom am 6. Juni mit einer Totgeburt endet, tauscht der US-Diplomat Robert Thorn es kurzerhand durch ein anderes Baby aus, dessen Mutter gestorben ist.

Der kleine Damien gedeiht prächtig, doch an seiner fünften Geburtstagsfeier stirbt sein Kindermädchen auf mysteriöse Weise durch Selbstmord; auch der Geistliche Brennan lebt nicht mehr lange, nachdem er Thorn gewarnt hat, dass der Luzifers Sohn adoptiert hat.

Damien wird von einem unheimlichen, neuen Kindermädchen namens Mrs. Baylock eifrig beschützt. Derweil eskalieren Thorns Ängste, als der Fotograf Jennings auftaucht und ihm Bilder von Damiens Party zeigt, auf denen Spuren zu sehen sind, die auf den Tod des Kindermädchens und Brennans hindeuten. Gemeinsam reisen sie nach Rom, um der Herkunft Damiens auf die Spur zu kommen und treffen auf den Exorzisten Bugenhagen …

Was zu sagen wäre

Der Junge wird, das macht eine Texteinblendung gleich am Anfang des Filmes deutlich, am sechsten Tag des sechsten Monats um 6 Uhr geboren. Dreimal die "6", das Zeichen für die Heerscharen des Teufels. Aber bitte, wer glaubt an sowas? Wir leben in der wirklichen Welt, in den rationalen 70er Jahren. Flower-Power, Blumenkinder, die 68er spielen keine Rolle mehr, sind eingemeindet in den allgemeinen Diskurs, wir sind bei Familie Thorn, er ist Botschafter der USA in London, sie die charmante Frau an seiner Seite, die perfekt Hof hält und ihren Mann zu Höherem berufen sieht – als Präsident der Vereinigten Staaten etwa. Wer glaubt in so einem Umfeld an Priester, die einem mit alten Weissagungen aus einer Welt kommen, die längst zu Staub zerfallen nur noch Stoff für Archäologen bietet? Dass sich sein Kindermädchen zu dessen fünfter Geburtstagsfeier mit einem Strick um den Hals vom Sims stürzt? Naja, die wird Heimweh oder Liebeskummer gehabt haben; nicht wahr?

Es ist diese Dramaturgie des absolut nicht Geisterhaften, die Richard Donners Teufelsfilm so gruselig macht. Vor drei Jahren schleuderte William Friedkin noch eine Art Erbsensuppe durchs Kinderzimmer, ließ ein kleines Mädchen obszöne Dinge sagen und tun, den Maskenbildner zu Fratzen greifen, um einen amtlichen Exorzisten auf den Plan zu rufen. Da sorgte allerlei visueller Budenzauber für ordentlich Erschrecken im Kinosessel. Auf all das verzichtet Richard Donner, der sich in seinen bisherigen Regiearbeiten in TV-Serien wie "Petrocelli", "Die Straßen von San Francisco" oder "Cannon" ausprobiert hat. In "Omen" bleibt die Welt rational erklärbar. Immer. Keine Geister. Lediglich der innovative, hypnotische Score von Jerry Goldsmith, der mehr an Klangeffekte als an Musik gemahnt, sagt uns, dass hier was gewaltig nicht stimmt, berührt uns an der unangenehmen Stelle, an der wir uns damit auseinandersetzen müssen, dass ein Fremder in unsere Idylle eingedrungen ist. Ein pummeliges Kind entpuppt sich zusehends als die ultimative Sprengkraft in unserem Zuhause – der am unschuldigsten wirkende aller Eindringlinge.

Im selben Moment, als Thorn tatsächliches Kind starb, starb auch Damiens Mutter. Es ist eine tatsächlich unheilige Verquickung, ausgelöst durch einen Priester, dass Thorn, der weiß, wie sehr sich seine Frau ein Kind gewünscht hat, das frisch geborene Waisenkind als seines annimmt und nie wieder darüber spricht. In die elegante High Society-Welt der Throns bricht alsbald der unsichtbare Terror ein, ein neues Kindermädchen mit guten Referenzen und stechendem Blick, das niemand gerufen hat; knurrende Rottweiler, die den Jungen rund um die Uhr beschützen. Rätselhafte Todesfälle, die umso rätselhafter sind, als deren Art zu sterben auf zuvor gemachten Porträtfotos durch schattige Gebilde klar vorhergesagt sind. Plakatmotiv: Das Omen (1976) Aber Botschafter Thorn wird erst aufmerksam, als seine Frau im Haushalt beinahe tödlich verunglückt, weil Damien ungestüm mit seinem Tretroller durchs Haus düste. Sie war wieder schwanger; ein Priester hatte Thorn gewarnt, „der Sohn des Teufels wird niemals zulassen“, dass dieses Kind zur Welt komme.

Drehbuchautor David Seltzer konzentriert sich ganz auf den inneren Kern der Geschichte. Dass Damiens Ziehvater US-Botschafter und sehr vermögend ist, bleibt eine optische Randerscheinung, seine Position und sein Reichtum spielen keine eigene Rollen, sind aber für die angedeutete Strategie des Bösen notwendig: Er strebt mittels des Reichtums und politischen Standes seines "Vaters" die Mittel zur Weltherrschaft an: „Und wenn er sicher sein kann, dass er alles erbt, Mr. Thorne, dann wird er Sie töten! Mit Ihrem Reichtum und Ihrer Macht wird er sein betrügerisches Königreich auf Erden errichten und dem Satan unmittelbar untertan sein!“ Das ist sehr zeitgenössisch: Der Sohn des Teufels erbt sich an die Spitze der Großmacht USA, sichert sich alle Macht; das einstmals Unerklärliche aus einem Bibelvers wird durch Wirtschaft und Recht rational nachvollziehbar. Im Schlussbild steht Damien an der Hand des US-Präsidenten, der sich dieses Sohnes seines guten Freundes Thorn angenommen hat. Und der Junge lächelt frech in Richard Donners Kamera. Das ist ein Schlussbild, dass der Kinogänger auf dem ganzen Nachhause-Weg nicht mehr aus dem Kopf bekommt.

Als zunehmend entsetzen Botschafter erleben wir Hollywoods Mann mit den zackigen Augenbrauen. Charlton "Ben Hur" Heston, Roy "Der weiße Hai" Scheider und William "Network" Holden waren für den Part des US-Botschafters angefragt, aber die wollten nicht. So kam Gregory Peck zu dieser Rolle. Der erweist sich als perfekte Besetzung. Pecks beste Auftritte im Kino waren immer die des grundanständigen, die US-Werte vertretenden Mannes, der gewohnt ist, die Dinge im Griff zu haben und sie dann aus seinem Griff verliert (Mackenna's Gold – 1969; Arabeske – 1966; Die 27. Etage – 1965; Ein Köder für die Bestie – 1962; Die Kanonen von Navarone – 1961; Weites Land – 1958; Bravados – 1958; Moby Dick – 1956; Ein Herz und eine Krone – 1953; "Schnee am Kilimandscharo" – 1952; Des Königs Admiral – 1951; Der Scharfschütze – 1950; Der Kommandeur – 1949; Der Fall Paradin – 1947; Duell in der Sonne – 1946; Ich kämpfe um dich – 1945). Für die weibliche Hauptrolle der Ehefrau, die wenig zu tun hat, als ihren Mann zu bewundern und im richtigen Augenblick aus dem ersten Stock zu stürzen, besetzt Donner die Theater- und Filmschauspielerin Lee Remick (Sie möchten Giganten sein – 1971; Vierzig Wagen westwärts – 1965; Anatomie eines Mordes – 1959; Der lange heiße Sommer – 1958).

Drei Jahre nach dem schlagzeilenintensiven Exorzist von William Friedkin liefert Richard Donner mit seiner ersten Kinoarbeit ein hochspannendes Genrestück über des Teufels Eroberung der Menschheit ab, die im Kinosessel auch ohne wabernde Nebel, heulende Eulen und gespuckte Erbsensuppe auskommt.

<Nachtrag1998>An der Kinokasse hat sich Donners zurückhaltender Stil ausgezeichnet: 2,8 Millionen US-Dollar durfte er Mitte der Siebziger Jahre für "Das Omen" ausgeben. Weltweit eingespielt hat der Film zwischenzeitlich 61 Millionen Dollar. Nach diesem durchschlagenden Erfolg etablierte sich der Regisseur zu einer festen große in Hollywood und inszenierte zahlreiche Kassenknüller: Superman – 1978; Der Tag des Falken – 1985; Die Goonies – 1985; Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis – 1987; Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel – 1994; Timeline – 2003</Nachtrag1998>

Wertung: 8 von 9 D-Mark
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