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Plakatmotiv: Ein Köder für die Bestie (1962)

Ein Nägelbeisser-Thriller über
Moral, die gegen Recht steht

Titel Ein Köder für die Bestie
(Cape Fear)
Drehbuch James R. Webb
nach dem Roman "Ein Köder für die Bestie" (The Executioners, 1957) von John D. MacDonald
Regie J. Lee Thompson, USA 1962
Darsteller
Gregory Peck, Robert Mitchum, Polly Bergen, Lori Martin, Martin Balsam, Jack Kruschen, Telly Savalas, Barrie Chase, Paul Comi, John McKee, Page Slattery, Ward Ramsey, Edward Platt, Will Wright, Joan Staley, Norma Yost, Mack Williams, Tom Newman u.a.
Genre Thriller, Drama
Filmlänge 106 Minuten
Deutschlandstart
17. August 1962
Inhalt

Der Rechtsanwalt Sam Bowden lebt mit seiner Frau Peggy und seiner Tochter Nancy, einem Teenager, in einer Kleinstadt Floridas. Eines Tages taucht Max Cady vor dem Gericht auf, den Bowden vor acht Jahren wegen Vergewaltigung eines Mädchens hinter Gitter brachte und der nun auf freiem Fuß ist. Er beginnt damit, Sam Bowden und seine Familie zu stalken – bis gar deren Hund im Garten an Gift verendet.

Bowden versucht, sich zur Wehr zu setzen, doch Max Cady kennt seine Rechte und verhält sich geschickt. Nicht einmal der Polizeichef des Ortes, der mit Sam Bowden befreundete Mark Dutton, kann ihm helfen. Der Anwalt heuert den Privatdetektiv Charlie Sievers an. Als die junge Diane Taylor vergewaltigt und brutal misshandelt wird, können weder Bowden noch Sievers die traumatisierte Frau zu einer Aussage gegen Max Cady bewegen.

In seiner Verzweiflung organisiert Bowden einen Schlägertrupp, um den Widersacher aus der Stadt zu vertreiben. Doch der von tiefen Rachegelüsten getriebene Cady erweist sich als weit skrupelloser und härter, als Bowden und seine Freunde das bislang vermuteten …

Was zu sagen wäre

Der Mann, der da durch die Stadt spaziert, trägt weiß – Jacket, Hose, Hut, alles strahlt in der Farbe, die im Kino den Guten zugeordnet wird. Aber dann verliert eine Frau auf der Treppe einen der vielen Ordner, die sie auf dem Arm trägt, und der Mann in Weiß geht ungerührt weiter. J. Lee Thompson (Die Kanonen von Navarone – 1961) macht mit wenigen Einstellungen klar: Dieser Mann ist ein Wolf im Schafspelz.

"Cape Fear" ist ein Rachethriller. Ein Mann kommt aus dem Gefängnis und will sich an dem Zeugen rächen, dem er acht Jahre zu verdanken hat. Schon diese Schuldzuweisung lässt ahnen, dass mit dem Mann nicht gut Kirschen essen ist – verurteilt wurde er schließlich wegen des Straftatbestands der Vergewaltigung, nicht wegen des Zeugen, der gegen ihn aussagte. Max Cady sind solche bürgerlichen Unterscheidungen egal. Wie ein Tier auf seine Beute fokussiert er sich auf einen Schuldigen und setzt zum Sprung an.

Die Spannung ist hoch: Cady lässt sich einiges zu Schulden kommen, aber immer so, dass es keine Zeugen gibt, alle Bemühungen gegen ihn lässt er so ins Leere laufen. Wie soll man einen Mann festnehmen, der zwar Drohungen ausspricht, sich öffentlich aber an Recht und Gesetz hält? In einem Rechtsstaat, das wird im Film breit diskutiert, gilt das Unschuldsprinzip. Bald stirbt der Hund der braven Anwaltsfamilie Bowden, bald liegt eine Frau schwer misshandelt am Boden eines Hotelzimmers; der Hund ist kein Zeuge, die misshandelte Frau verlässt lieber fluchtartig die Stadt. Sam Bowden, der Wert auf ein intaktes Familienleben in einer intakten Umgebung, in der Recht und Gesetz gelten, legt, stößt schnell an seine Grenzen. Gregory Peck, der ihn spielt, auch (Die Kanonen von Navarone – 1961; Weites Land – 1958; Bravados – 1958; Moby Dick – 1956; Ein Herz und eine Krone – 1953; "Schnee am Kilimandscharo" – 1952; Der Scharfschütze – 1950; Der Kommandeur – 1949; Der Fall Paradin – 1947; Duell in der Sonne – 1946; Ich kämpfe um dich – 1945). Peck macht schauspielerisch da weiter, wo er unter Thompson eben in Guns of Navarone aufgehört hat. Plakatmotiv (US): Cape Fear (1962)Er spielt den aufrechten Führer einer Kleingruppe, der sich gegen unerwartete moralische Widrigkeiten zum Ziel durchkämpfen muss; dort, um die britische Marine zu retten, hier, um die Familie und damit das Recht zu retten. Dabei ist Anwalt Sam Bowden eigentlich ein ganz anderer Typ als Captain Mallory auf Navarone. Der Anwalt lebt in einer kleinen Stadt das Leben einer Durchschnittsfamilie. Aber solche feinen Unterschiede kann Peck nicht zeigen, selbst, wenn er mit der Familie bowlen geht, wirkt er angestrengt, als arbeite er noch an der richtige Strategie an der Bowlingbahn.

Robert Mitchum hat es einfacher (Vor Hausfreunden wird gewarnt – 1960; Kilometerstein 375 – 1958; Duell im Atlantik – 1957; Die fünfte Kolonne – 1956; Die Nacht des Jägers – 1955; Fluss ohne Wiederkehr – 1954). Die Rolle des Schurken ist traditionell die dankbarere und in der Rolle des Max Cady muss er meistens nur bedrohlich gucken, seinen gewaltigen Oberkörper frei machen, während Thompsons Kamera ihn aus der Untersicht aufnimmt, was ihn erst recht wie ein Monster erscheinen lässt. Die kompromisslose Bösartigkeit der Max-Cady-Figur macht Angst.

Gregory Peck, auch Co-Produzent des Films, hat es nicht gefallen, dass Mitchum besser ankam als er. Für die Rolle des Max Cady war auch Rod Steiger im Gespräch, aber Peck sah Mitchum als überzeugendste Wahl. „Ich hatte ihm die Rolle gegeben und ihn mit einer großartigen Menge Geld bezahlt. Es war offensichtlich, dass er die bessere Rolle hatte. Ich dachte er hätte das verstanden, aber offenbar dachte er daran, mich von der Leinwand zu schauspielern.

Geschickt dosiert J. Lee Thompson die Musik des Hitchcock-Komponisten Bernard Herrmann, dessen Streicher pumpen, wenn es ruhig aber bedrohlich ist, und beinahe quietschen, wenn draußen die Sonne scheint und alles friedlich wirkt. Dazu dreht er in schwarz-weiß, was kaum mehr In ist in Hollywood, für diesen Film aber die passende düstere Stimmung schafft. Die Farblosigkeit des mörderischen Settings im sonnigen Ambiente komplettiert den Noir-Touch. Thompson gibt unumwunden zu, dass er Alfred Hitchcock viel verdanke bei diesem Film: Er habe dessen Filme genau studiert. Also engagierte er neben Komponist Herrmann auch Szenenbildner Robert F. Boyle sowie Cutter George Tomasini, die auch beide mehrfach mit Hitchcock gearbeitet haben.

"Ein Köder für die Bestie" ist ein spannender Thriller über den Schrecken, der in der Ordnung lauert. Wo alles seinen geregelten Gang geht, kann einer, der ungeregelt geht, massive Unruhe auslösen. Hier stellt sich die Moral gegen das Recht, entlarvt einer, der sich nicht an die Spielregeln halten will, die große Hilflosigkeit des menschlichen Konstrukts von Recht und Ordnung.

Wertung: 6 von 7 D-Mark
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