IMDB

Plakatmotiv: Fluss ohne Wiederkehr (1954)

Großes Abenteuer in großer Landschaft
mit großen Figuren, die überleben wollen

Titel Fluss ohne Wiederkehr
(River of No Return)
Drehbuch Frank Fenton + Louis Lantz
Regie Otto Preminger (und Jean Negulesco), USA 1954
Darsteller

Robert Mitchum, Marilyn Monroe, Rory Calhoun, Tommy Rettig, Murvyn Vye, Douglas Spencer, Fred Aldrich, Claire Andre, Hal Baylor, Don Beddoe, Phil Bloom, Ralph Bucko, Roy Bucko, Larry Chance, John Cliff, Edmund Cobb, Cecil Combs, John Doucette, Tex Driscoll, Geneva Gray u.a.

Genre Abenteuer, Western, Drama
Filmlänge 91 Minuten
Deutschlandstart
10. September 1954
Inhalt

Im Jahr 1875 siedelt sich Matt Calder in der Wildnis im Nordwesten der USA an, um ein neues Leben zu beginnen. Mehrere Jahre saß er wegen eines Mordes aus Notwehr im Gefängnis und will nun eine vollkommen neue Existenz als Farmer begründen. Dazu holt er auch seinen neunjährigen Sohn Mark zu sich, der seit dem Tod der Mutter bei der Sängerin Kay aufgewachsen ist.

Zusammen siedeln sie sich am berüchtigten Fluss ohne Wiederkehr an. Dort geschieht es auch, dass Matt Kay und ihren Liebhaber Harry das Leben rettet, nachdem die beiden mit ihrem Floß auf dem Weg in die nahegelegene Stadt in den gefährlichen Stromschnellen in Schwierigkeiten geraten waren. Harry hat beim Glücksspiel eine Goldmine gewonnen und will diese nun in der Stadt legal anmelden.

Da der Fluss als Route zu gefährlich ist, stiehlt er das Gewehr und Pferd seines Retters und lässt Kay mit Matt und Mark zurück. Schon bald darauf tauchen feindlich gesinnte Indianer auf und die drei unbewaffneten Gefährten versuchen, auf den reißenden Stromschnellen des Flusses ohne Wiederkehr zu entkommen …

Was zu sagen wäre

Die Vereinigten Staaten im Werden. Der Sezessionskrieg ist seit zehn Jahren vorbei. Städte wachsen, Handelswege entstehen, die Menschen kultivieren ein Stück Land, um sich ein heim zu schaffen. Die größte Bedrohung für Leib und Leben sind nicht mehr Trecks in ein unbekanntes Land namens Westen, nicht mehr Landsleute in anderen Uniformen, die sich gegenseitig für ihre Art zu Leben erschießen, ja nicht einmal mehr große Indianerstämme, die ihre Heimat zurück haben wollen. Die größte Gefahr sind kleine Gruppen marodierender Indianer, die rauben und brandschatzen – und Glücksspieler. Der Pokerspielen, der sich noch ein As in den Ärmel stopft, wächst zur Geißel einer Gesellschaft, die akzeptiert hat, dass ein Zusammenleben nur möglich ist, wenn sich alle an gegebene Regeln, an Gesetze halten; Plakatmotiv (US): River of No Return (1954) die bereit ist, hart zu arbeiten, das Land urbar zu machen und darauf ein Gemeinwesen zu erschaffen.

Zu diesen Menschen gehören Matt Calder und sein Sohn Mark. Und Matt hat ein wirklich bezauberndes Stück Land gekauft in der Gegend, die heute im US-Staat Washington oder in Oregon liegen dürfte – abseits der ausgetrampelten Westernpfade (gedreht wurde der Film in kanadischen Nationalparks).

Otto Preminger dampft diese Entwicklungsgeschichte auf das Notwendigste herunter, macht keine Schlenker, lässt sich nicht auf lange Liebesbeziehungen zwischen Kamera und grandioser Natur ein. Sein Abenteuerfilm glänzt trotz seiner üppigen Bilder durch spartanische Erzählkunst, die der unmittelbaren Wucht ihrer Bildinhalte vertraut, ein grandioses Cinemascope-Bergpanorama steht für sich selbst, braucht keine Inszenierung. Wo Regiekollegen wie Henry Hathaway der Schönheit der Natur das Timing überlassen und über Minuten grandiose Landschaft mit kleinen Menschen darin zelebrieren, bleibt Preminger immer bei seiner Geschichte: Ein Mann lässt seine wilde Vergangenheit hinter sich und will sich eine Existenz aufbauen. Und dann kommt einer, nimmt ihm Pferd und Gewehr und setzt ihn damit dem Tod durch die Indianer aus.

Dieser Glücksspieler im grauen Anzug mit öligem Haar, Harry Weston, entschuldigt sich für sein Verhalten, dass er sein Leben lang auf seine Chance gewartet habe, immer nur ein Lump, ein Dieb und Herumtreiber gewesen sei und nun habe er endlich seine Chance und das müsse man doch verstehen – im Kinosessel erkennen wir in ihm in der ersten Minute den demnächst zu überführender Lügner. In Harry spiegelt sich der alte, der überkommene Geist jener Zeit, in dem im Westen der Recht bekam, der schneller zog und besser traf und dann behauptete, der andere habe zuerst geschossen.

Matt Calder ist das helle Spiegelbild dieses Schatten aus dunkler Vergangenheit. Klaglos hat er seine Strafe abgesessen, obwohl das Tötungsdelikt, für das er im Gefängnis saß, Notwehr war. Und nun startet er neu durch, hält sich an die Regeln, fern von Streit und hat eine wichtige Regel im Angesicht attraktiver Frauen verinnerlicht: Schönheit „vergeht, wie Rauch im Wind (…) Man kann sehr schön sein, mein Junge. Und trotzdem nichts taugen.“, sagt er zu seinem Sohn, Plakatmotiv: Fluss ohne Wiederkehr (1954) dem er eben noch das Schießen beibringen wollte, weil man sich Im Leben selbst verteidigen können muss – gegen Glücksspieler, gegen Frauen, gegen räuberische Indianer.

Und also hält Matt es für seine Pflicht, Harry Weston zur Rechenschaft zu ziehen. Robert Mitchum spielt diesen Calder mit der ihm eigenen unerschütterlichen Bräsigkeit, die von einem Mann verlangt zu tun, was ein Mann tun muss. Da kann ihn auch eine üppige blonde Erscheinung wie Kay nicht von abbringen, angebliche Ehefrau von Harry und die einzige, die dem seine Glücksspieltreffer-Lügen abkauft.

Die Werbung hat diesen Film vor allem über das Aufeinandertreffen von Mitchum und Monroe verkauft und Preminger baut eine bezaubernde Szene für die beiden ein, die im Drehbuch kaum eine Chance haben, sich romantisch näher zu kommen. Sie ist in den kalten Fluss gestürzt, friert zum Gotterbarmen nackt unter einer dicken Decke und er versucht sie warm zu rubbeln. So dramaturgisch harmlos die Situation ist, so spannend wird sie für die Männer und Frauen im Kinosessel 1954. Er rubbelt erst ihren bedeckten Rücken, dann ihre nackten Waden, unbeeindruckt. Sie ist hin und hergerissen zwischen sinnlichem Empfinden und unschuldigem Empfang einer willkommenen Hilfe. Die Szene glüht durch die Kraft ihrer Vorstellung, bleibt aber ganz anständig und dem Hays-Code verpflichtet.

Kay glaubt an ihren Harry. Sie hat sich – wie er – ihr Leben lang irgendwie durchgeschlagen und Harry, sagt sie, sei der erste gewesen, der sie „immer gut behandelt“ habe. Diese Form der Dankbarkeit kann ich im Kinosessel leicht verstehen, weil Preminger mit wenigen Schnittbildern klar macht, wie Männer in jener Zeit mit Frauen im Allgemeinen und solchen, die aussehen wie Kay im Besonderen, umzuspringen pflegten.

Als wir Kay kennenlernen, steht sie in einem verrauchten, Whisky geschwängerten Saloon-Zelt einer Goldgräbersiedlung und singt das Glaubensbekenntnis der Hollywood'schen Frauen jener Zeit. In dem Song erzählt sie, sie mache sich nicht auf die mühsame Suche nach Gold mit ungewissem Ausgang. Sie suche sich lieber den Typen, der die große Ader schon gefunden hat, und bei dem stecke sie „dann meinen Claim ab“. Marilyn Monroe spielt Kay und es bleibt nicht aus, dass wir da sofort an ihren Hit Diamonds are a Girls best Friend aus dem vergangenen Jahr denken, der ja ein ähnliches Balzverhalten beschreibt. Dabei hat jene Marilyn-Figur mit dieser aktuellen Marilyn-Figur wenig gemeinsam (Wie angelt man sich einen Millionär – 1953; Niagara – 1953; Liebling, ich werde jünger – 1952; Alles über Eva – 1950; Asphalt-Dschungel – 1950).

Während Matt Calder stur seinen Weg geht und am Ende überlebt, weil er seinem Sohn rechtzeitig ein paar Wahrheiten über das Überleben in der Wildnis beigebracht hat, sind die beiden Figuren Harry und Kay jene, die dem Drama Würze geben. Trotz seines öligen Charmes sind wir ein Zeit lang bereit, dem vom Leben womöglich gebeutelten Harry zu folgen. Plakatmotiv: Fluss ohne Wiederkehr (1954) Bis der im Finale seinen Charakter offenbart. Kay hingegen, die sich zu Beginn den Mann mit dem größten Goldfund schnappen möchte, ist dann jene, die – wenig überraschend – bei dem liebenden Familienvater bleibt und auf einer Farm alt zu werden versucht; sie ist aber vor allem diejenige, die das überhaupt erst ermöglicht, denn vor den entscheidenden Stromschnellen auf dem gefährlichen Fluss stürzt Matt Calder ins Wasser und kann sich mit Mühe am Ruder festhalten, während Kay mit diesem durch menschlichen Ballast erschwerten Ruder das Floss unbeschadet durch die Stromschnellen dirigiert.

Die blonde Sängerin mit – im Hollywood der 50er Jahre – moralisch zweifelhafter Vergangenheit, beweist in den 90 Filmminuten, dass sie mehr ist, als die blonde Eroberung für schwitzende Goldsucher. Monroe unterstreicht als Kay nicht nur, dass sie mehr spielen kann, als die naive Lois Laurel, die ihr die Studiobosse immer wieder aufzwingen. Als Kay legt sie eine der beeindruckendsten Arbeiten ihrer Karriere vor – dass sie auch nach härtester Flussfahrt immer noch perfekt sitzenden Lippenstift aufträgt, ist eher dem Make-Up-Departement anzulasten, als ihr. Sie darf sich bei Otto Preminger bedanken.

Es ist kaum zu glauben, dass er ein derart wuchtiges Abenteuer-Drama in knapp 90 Minuten packt, und sein Film dennoch nach Monumentalfilm aussieht. "River of No Return" ist der Beweis für die These, dass der richtige Bildausschnitt, das richtige Bildmotiv an der richtigen Stelle und klar definierte Dramatis Personae ausreichen, um in kurzer Zeit eine packende Geschichte zu erzählen.

Wertung: 6 von 6 D-Mark
IMDB