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Plakatmotiv: Sommersby (1993)

Zwei Großschauspieler in großem
Melodram in der Glut des Südens

Titel Sommersby
(Sommersby)
Drehbuch Nicholas Meyer & Anthony Shaffer & Sarah KernochanUrsula Gruber + Georg Gruber
nach dem Drehbuch "Die Rückkehr des Martin Guerre" von Daniel Eigne und Jean-Claude Carriere
Regie Jon Amiel, Frankreich, USA 1993
Darsteller

Richard Gere, Jodie Foster, Lanny Flaherty, Wendell Wellman, Bill Pullman, Brett Kelley, William Windom, Clarice Taylor, Frankie Faison, R. Lee Ermey, Richard Hamilton, Karen Kirschenbauer, Carter McNeese, Dean Whitworth, Stan Kelly u.a.

Genre Drama, Romantik
Filmlänge 114 Minuten
Deutschlandstart
18. März 1993
Inhalt

Nach dem Sezessionskrieg führt Laurel Sommersby, die Ehefrau des seit sechs Jahren vermissten Soldaten John Robert Sommersby, im Dorf Vine Hill in Tennessee alleine die Landwirtschaft ihrer Familie. Sie wird vom Nachbarn Orin Meecham vergeblich umworben.

Eines Tages taucht ein Mann im Dorf auf, der behauptet, John Sommersby zu sein. Da er die Bewohner des Ortes sehr gut zu kennen scheint, wird seine – zumindest fragwürdige – Identität von allen als die wahre akzeptiert. Laurel und ihr Sohn reagieren genauso und nehmen ihn nach anfänglichem Zögern ebenfalls wieder in die Familie mit auf.

John gewinnt das Vertrauen der Ortsbewohner. Er überzeugt sie auf einer Versammlung, es gemeinsam mit dem Tabakanbau zu versuchen. Sie legen ihre letzten verbliebenen Wertgegenstände zusammen. Sein Plan ist, die Habseligkeiten in der Ferne zu verkaufen und aus dem Verkaufserlös das dafür nötige Saatgut zu erwerben. Sie vertrauen ihm, John kommt wie versprochen zurück und bringt die richtigen Samen in das Dorf. John bietet obendrein den Dorfbewohnern einen Teil des brach gefallenen Landes der Familie Sommersby zum späteren Kauf an. Das wird in unterschriebenen Verträgen bekräftigt.

Das Dorf arbeitet voller Hoffnung am Wiederaufbau ihrer Farmen. Das Vorhaben gelingt, Laurel und John werden Eltern einer Tochter. Kurz nach der Taufe erscheinen Bundesmarshals im Dorf. Sie führen eine Mordanklage gegen John Sommersby bei sich. Laurels vermeintlicher Ehemann wird verhaftet und muss ins Untersuchungsgefängnis.

Plakatmotiv: Sommersby (1993)Im Gerichtsverfahren kommt es zum Streit über seine Identität als Angeklagter …

Was zu sagen wäre

Eine Gesellschaft nach dem Krieg. Sie ordnet die Trümmer, räumt auf, sortiert sich neu, versucht, die Vor-Kriegs-Tage zu konservieren. Da taucht ein Mann auf, der behauptet, einer zu sein, der er nicht ist. Einer aber, auf dessen Rückkehr viele ihre Hoffnung gesetzt haben – und dann lieber nicht so genau hinsehen. Außer dem einen, dessen Instinkt sich nicht täuschen lässt, und der ganz gern den Platz des unerwartet Zurückgekehrten eingenommen hätte, in der Gesellschaft, vor allem aber an der Seite der jungen, allein erziehenden mutmaßlichen Witwe. „Manchmal glauben die Menschen das, was ihnen am liebsten wäre. Alle haben sich gewünscht, dass Jack am Leben ist und nach Hause kommt. Und auf einmal taucht irgendein Mann auf, sieht aus wie er und redet wie er. Warum sollen sie ihn dann nicht als diesen Mann annehmen?“

Jon Amiel macht aus dieser Konstellation ein großes Drama mit wunderbaren Schauspielern, und Marilyn Vance-Straker liefert die großartig verwitterten Kostüme dazu. Der Film folgt einer klassischen 1990er-Jahre-Dramaturgie: Ein angezweifelter Mann – von dem der Zuschauer schnell weiß, der ist ein anderer, setzt sich mit Charme und Kompetenz durch, hilft der Gemeinschaft wirtschaftlich wieder auf die Beine, kämpft gegen die Zweifel seiner Frau, rettet die wichtige Ernte, bezwingt sogar die Rassisten des Ku Klux Klan und als alles im letzten Drittel auf dem richtigen Weg ist, bricht das Spiel mit den Identitäten in sich zusammen. Der Film wird zum Melodram mit Taschentuchpflicht. Ein Drama bis in die letzte Konsequenz erzählt. Schuld und Sühne in Vollendung. Der gute Mann hat Schuld auf sich geladen und auch, dass er seiner an ihn glaubenden Gemeinde Wohlstand bringt, hilft nicht. Er nimmt seine Strafe auf sich, geht für das Seelenheil der guten Menschen ans Kreuz. Diese Struktur hat in Form des Neuen Testaments eine Weltreligion begründet. Warum soll man daraus nicht einen Film machen, der in den USA nach dem Bürgerkrieg spielt, als die Menschen dringend Erlöser brauchten?

Richard Gere spielt diesen Rätselhaften souverän als Sommersby, niemand anderen, Punkt (Eiskalte Leidenschaft – 1992; Pretty Woman – 1990; Internal Affairs – 1990; "Gnadenlos" – 1986; Cotton Club – 1984; Atemlos – 1983; "Ein Offizier und Gentleman" – 1982; Ein Mann für gewisse Stunden – 1980). Cool geht er auf zweifelnde Blicke erst gar nicht ein, lässt sich vom rauen Charme Jodie Fosters verzaubern – „Ich habe mir einfach nicht erklären können, womit ist das verdient habe, mit Dir in einem Zimmer zu sein.

Foster, die für herzige Romanzen eigentlich zu harsch wirkt ("Schatten und Nebel" – 1991; "Das Wunderkind Tate" – 1991; Das Schweigen der Lämmer – 1991; Angeklagt – 1988; "Pinguine in der Bronx" – 1987; Hotel New Hampshire – 1984; "Bugsy Malone" – 1976; "Das Mädchen am Ende der Straße" – 1976; Taxi Driver – 1976), kann ihre natürlich Kantigkeit hier gut in ihre Rolle als Plantagenchefin einbringen und wenn sie dann klar macht, was sie für diesen fremden Mann tatsächlich empfindet – „Ich weiß dass Du nicht John bist, weil ich John nie so geliebt habe, wie Dich!“ –, macht sie eben mit ihrer klaren Kante klar, wo sie steht; ihr Möchtegernlover, Bill Pullman, verlässt hängenden Kopfes das Spielbrett.

Ein großes Südstaaten-Melodram, bei dem alle Zutaten stimmen und das Kopf wie Bauch gleichermaßen befriedigt.

Wertung: 8 von 10 D-Mark
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