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Plakatmotiv: Steiner – Das Eiserne Kreuz (1977)

Krieg hat nichts mit Heldentum zu tun.
Ein großer Film über die Lüge des Krieges

Titel Steiner – Das Eiserne Kreuz
(The Iron Cross)
Drehbuch Julius J. Epstein + Walter Kelley + James Hamilton
nach dem Buch von Willi Heinrich
Regie Sam Peckinpah, UK, BRD 1977
Darsteller
James Coburn, Maximilian Schell, James Mason, David Warner, Klaus Löwitsch, Vadim Glowna ... Gefreiter (Pvt.) Kern
Roger Fritz, Dieter Schidor, Burkhard Driest, Fred Stillkrauth, Michael Nowka, Véronique Vendell, Arthur Brauss, Senta Berger u.a.
Genre Drama, Krieg
Filmlänge 132 Minuten
Deutschlandstart
28. Januar 1977
Inhalt

Taman-Halbinsel 1943: Die deutschen Truppen befinden sich auf dem Rückzug vor der Roten Armee. Unteroffizier Rolf Steiner ist mit seinem Stoßtrupp auf Patrouille. Sie entdecken einen russischen Posten, den sie ausschalten, wobei sie alle Soldaten töten. Nur ein halbwüchsiger Kindersoldat überlebt und wird von den Deutschen mitgenommen.

Zur gleichen Zeit trifft Hauptmann Stransky beim Regimentskommandeur Oberst Brandt ein. Stransky, ein preußischer Aristokrat, ließ sich freiwillig von Biarritz in Frankreich nach Russland versetzen, da seiner Meinung nach „fähige Männer an der Ostfront benötigt werden“. Sein arrogantes Verhalten stößt sofort auf Missfallen bei Brandt und seinem Adjutanten, Hauptmann Kiesel. Sie erkennen sofort, dass Stransky und Steiner zwei von Grund auf verschiedene Menschen sind und Spannungen unumgänglich sein werden.

Plakatmotiv (US): Cross of Iron – Steiner – Das Eiserne Kreuz (1977)Beim Verlassen des Bunkers trifft Stransky auf den jungen Leutnant Meyer, bei dem er sich über Steiners Verbleib erkundigt. In diesem Moment kehren Steiner und seine Männer mit dem jugendlichen Gefangenen von ihrer Patrouille zurück. Stransky weist Steiner darauf hin, dass er den russischen Gefangenen zu erschießen habe, da bei Stoßtrupps keine Gefangenen gemacht werden dürften. Steiner jedoch weigert sich und fordert seinerseits Stransky auf, es selber zu tun. Dieser zieht seine Pistole, spannt den Hahn und hält diese Steiner hin. Dann wiederholt er den Befehl.

Die Feinschaft zwischen den beiden wächst zu einem hasserfüllten Privatkrieg aus. Stransky lässt Steiners Kolonne hinter der russischen Front ins Verderben rennen …

Was zu sagen wäre

Der Krieg ist eine schmutzige Angelegenheit. Besonders dann, wenn der innere Feind größer geworden ist als der äußere, den man eigentlich bekämpft. In Sam Peckinpahs Film kämpfen deutsche gegen russische Soldaten im Zweiten Weltkrieg – irgendwo auf russischem Hoheitsgebiet. Es geht wohl um eine strategisch wichtige Brücke – das hört man mal – aber eigentlich sind die Soldaten in ihren Schützengräben mehr damit beschäftigt, Nahrungsmittel für die eigene Truppe zu besorgen, oder sich gegen eitle Vorgesetzte zu behaupten.

Krieg, wie wir ihn aus den Geschichtsbüchern kennen, gibt es, folgt man diesem Film, gar nicht. Für den preußischen Adel, dessen Haltung Hauptmann Stransky arrogant vor sich her trägt, gilt es, den Krieg zu nutzen, um den Schein zu wahren, Tapferkeit zu simulieren, um in späteren Zeiten mit Heldentaten den ehrbaren Namen der Familie hochzuhalten. Russen und andere Feinde sind Mittel zum Zweck. „Wenn ich ohne das Eiserne Kreuz heimkehre“, stöhnt der adlige Hauptmann, „brauche ich mich gar nicht sehen lassen.“ Er hält sich auch, sagt er selbst, für etwas Besseres, glaubt an die Untermenschen-Ideologie, in der wahre Führer unabdingbar sind. Für diese Kaste, deren Mitglieder überhaupt nur Kriege anzetteln können, geht es weniger um Landgewinn, als um die heroische Pose fürs familienhistorische Vermächtnis „Der Opa war Kreuz-Träger.“

Dieser hehren Vorstellung einer sauberen Kriegskarriere stellt Sam Peckinpah ununterbrochen schmutzige Kriegsbilder gegenüber: Menschen stolpern, von Granaten aufgerissen, blutend in Stacheldraht. Ständig werden rechtschaffene Familienväter im Drillich von MG-Salven nieder gemäht (auf beiden Seiten); nichts an diesem Krieg ist ehrbar, glänzend oder auch nur schön. Dieser Krieg ist schmutzig, sinnlos und ohne klares Ziel. Die Männer, die ihn ausfechten sollen, sind schon so abgestumpft von der dauernden Gewalt, dass sie sich ein Leben im Frieden nicht mal mehr vorstellen können.

Nach einer Nacht im Lazarett mit Krankenschwester Eva, die gleich von einem gemeinsamen Leben im sicheren Westen träumt, sucht Feldwebel Steiner fluchtartig das Weite; zurück ins Feld, zurück zu seinen Schützengraben-Kameraden. Dort fühlt er sich sicher, aufgehoben, verstanden. Illusionen, dass dieser Krieg für Deutschland – oder gar für ihn – noch zu gewinnen sein könnte, hat er nicht, schon 1943 nicht mehr. Er muss harte Jahre hinter sich haben, denn selbst seinem ihm wohl meinenden Colonel Brandt rotzt er die Bemerkung entgegen, dass er alle Offiziere, ja, dass er die Uniform, die er trägt, und das, wofür sie steht, verabscheut. In solchen Momenten wird die Befehl-und-Gehorsam-Struktur in eine Ihr-da-oben-wir-hier-unten-Erzählung verwandelt: Die da oben sitzen im Warmen und schicken uns hier unten in den kalten Matsch und ins Granatfeuer – aber während uns hier unten gesagt wird, das machten wir für das Große Ganze und die Freiheit, sammeln die da oben Orden, Auszeichnungen und Posten.

Der tiefere politische Sinn dieses Schützengrabens bleibt über den ganzen Film unklar. Was eigentlich soll hier im Niemandsland gewonnen werden? Ein Land? Selbst das Kommandounternehmen, in das der Film gipfelt, ist ein Unfall, ein Produkt der Boshaftigkeit des Hauptmanns Stransky. Es ist noch nicht lange her, da war das Kommandounternehmen noch der Grund, einen Kriegsfilm inszenieren, in dem dann das Schmutzige eher zynisch ausgestellt wurde – Das dreckige Dutzend (1967) etwa oder Stoßtrupp Gold (1970).

Sam Peckinpah ("Die Killer-Elite" – 1975; Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia – 1974; Pat Garrett jagt Billy the Kid – 1973; "Getaway" – 1972; Junior Bonner – 1972; Wer Gewalt sät – 1971; The Wild Bunch – 1969; Sierra Charriba – 1965) hat seinen Film sehr gut gecastet: Ich habe nicht viele Filme mit ihm gesehen, aber nie habe ich James Coburn so gut gesehen – weder der schläfrige Trinker-Prototyp noch der plakative Harte-Kerl-Vertreter; Coburn gibt dem Steiner mit Härte, Melancholie, Unerbittlichkeit und warmen Augenblicken eine wahre Seele. Vadim Glowna ist großartig mit seinen an einen verzweifelten Irren gemahnenden großen Augen und Klaus Löwitsch ist ein veritabler Jack-Nicholson-Ersatz. Sie alle lassen uns im warmen Kinosessel spüren, wie kalt Krieg wirklich ist; dass selbst der an der Ostfront in Wirklichkeit viel kälter war, als wir anhand von Temperaturen vielleicht ermessen können.

Was tun wir, wenn wir den Krieg verlieren?“, fragt James Mason als Oberst Brandt. „Wir bereiten uns auf den nächsten vor.“, sagt sein Hauptmann Kiesel.

Wertung: 8 von 9 D-Mark
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