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Plakatmotiv: Junior Bonner (1972)

Der Wilde Westen steht
vor dem Schlussverkauf

Titel Junior Bonner
(Junior Bonner)
Drehbuch Jeb Rosebrook
Regie Sam Peckinpah, USA 1972
Darsteller

Steve McQueen, Robert Preston, Ida Lupino, Ben Johnson, Joe Don Baker, Barbara Leigh, Mary Murphy, Bill McKinney, Dub Taylor, Sandra Deel, Don 'Red' Barry, Charles H. Gray, Matthew Peckinpah, Sundown Spencer, Rita Garrison u.a.

Genre Drama, Western
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
22. September 1972
Inhalt

Junior Bonner ist ein Rodeoreiter, der seine Glanzzeit hinter sich hat. Sein letzter Einsatz auf einem störrischen Bullen hat ihm einige Verletzungen eingebracht. Bonner fährt nach Hause nach Arizona um an der Parade und am Rodeo für den amerikanischen Unabhängigkeitstag teilzunehmen.

Zu Hause angekommen, sieht er, dass das Haus seiner Eltern eingeebnet wurde. Veranlasst hat dies sein jüngerer Bruder Curly, ein Grundstücksspekulant, der an dieser Stelle neue Häuser bauen will. Sein Vater Ace, ein Taugenichts und Frauenheld, und seine bodenständige und kränkelnde Mutter Elvira haben sich entfremdet.

Plakatmotiv: Junior Bonner (1972)Aces Wunsch ist es, nach Australien auszuwandern, um dort als Schafescherer oder in einer Goldmine zu arbeiten. Er versucht, sich das Geld von Junior zu leihen. Junior besticht den Rodeo-Manager Buck Roan, damit er den Bullen „Sunshine“ noch einmal reiten kann …

Was zu sagen wäre

Die Welt verändert sich. Immer schneller. Mittlerweile kann man nicht mal mehr dabei zuschauen. Entweder, Du bist Teil der Veränderung, oder die Veränderung überrollt Dich. Sam Peckinpahs Porträt eines Rodeoreiters entwickelt sich an der Nahtstelle zur Industrialisierung.

Einerseits ist der Film noch ein Western – weil die Hauptfigur noch ein Cowboy ist. Andererseits ist der Film schon ein Drama über den Cowboy, der seine Heimat verliert. Wurden die großen Western noch von der Gleichzeitigkeit des wilden Pioniergeistes und der geordneten Industrialisierung (Eisenbahn) befeuert, ist der wilde Pioniergeist bei Sam Peckinpah nur noch ein blauäugiger Steve McQueen (Le Mans – 1971; Bullitt – 1968; Thomas Crowne ist nicht zu fassen – 1968; Kanonenboot am Yangtse-Kiang – 1966; Cincinnati Kid – 1965; Gesprengte Ketten – 1963; Die glorreichen Sieben – 1960; Wenn das Blut kocht – 1959; Blob – Schrecken ohne Namen – 1958), der immer noch davon träumt, seinen Trauma-Rodeo-Bullen zu bezwingen, was sich aber der Rodeoveranstalter mit Schmiergeld teuer bezahlen lässt – die alte Cowboy-Handschlag-Ehre ist Geschichte. Juniors Bruder findet Juniors Ruf super; mit dessen Cowboy-Image will er Campingbusse verkaufen.

Der alte Wilde Westen hat nur noch Platz in einer Festparade, bei der ein Moderator erklären muss, welche Einheit für was steht. Das Land ist aufgeteilt, die Geschäftsfelder umrissen, der Cowboy ist ein Auslaufmodell, also wahlweise Werbeikone oder Imagetransfer. Nicht mehr der "Westen" ist das Ziel der Pioniere. Das neue Ziel heißt „Australien“. Da sollen dann die Einnahmen aus einer Merinoschaf-Zucht jenen Lebensstandard sichern, der in diesem Film nur noch durch Marketing oder Show zu erbringen sind.

Sam Peckinpahs Dramaturgie ist übersichtlich: Junior muss diesen unbezwingbaren Bullen bezwingen. Okay. Für Peckinpah reicht das, um das Panorama einer USA zu malen, die in ihrem Entstehen auch schon wieder ausstirbt, weil das Verlieren gegen die Zukunft in den Entstehungsprozess eingepreist ist. Juniors Rodeofamilie spiegelt den Kern der USA. Bis dahin – bis Junior den Bullen bezwingt – feiert Peckinpah ein Rodeo-Wochenende als Familienfeier mit unterschiedlichen Wettbewerben, die für Spaß und Aufmerksamkeit im Kinosessel sorgen. Auf dem Höhepunkt dieses Wochenendes, wenn die Männer wilde Kühe melken und ebensolche Bullen reiten müssen, wenn die acht Sekunden im Sattel bleiben über alles entscheiden, verzichtet Peckinpah auf jeden Score. Und damit sind wir im Kinosessel plötzlich ganz unabgelenkt mit den Durchschnittsamerikanern auf der Tribüne zwischen Spaß und Drama im Rodeo. So erleben wir den Acht-Sekunden-Ritt, den Peckinpah auf 40 Sekunden streckt, pur und unmittelbar – jede Musik hätte nur abgelennkt.

Ein schön erzählter Film, der allerdings ruhig etwas mehr von seinem Drehbuch hätte verlangen sollen. Souveräne, ruhige Kameraführung, viel Lokalkolorit. Peckinpah (Wer Gewalt sät – 1971; The Wild Bunch – 1969; Sierra Charriba – 1965) zeigt eine große Liebe für den Cowboy, der hier aus Arizona kommt. Die große Rodeoparty ist Heiratsmarkt, Familienfest, Spaß, Wettkampf und Einnahmequelle in einem, in dem Männer lernen, ihren Mann zu stehen, weil Frauen nicht einfach den nächstbesten Rechnungsbezahler mit nach Hause nehmen. Da darf dann Juniors Bullen-Erfolg zweitrangig bleiben hinter einem Flugticket für Daddy nach Australien. Der American Dream findet in Australien seine Erfüllung.

Aber natürlich gibt es auch in diesem Western aus dem 21. Jahrhundert eine zünftige Saloon-Schlägerei.

Wertung: 4 von 8 D-Mark
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