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Plakatmotiv: Traffic (2001)

Grandioses Mosaik über einen
verlogenen Drogenkrieg

Titel Traffic – Die Macht des Kartells
(Traffic)
Drehbuch Stephen Gaghan
nach der britischen TV-Miniserie "Traffik", geschrieben von Simon Moore
Regie Steven Soderbergh, USA 2000
Darsteller

Benicio Del Toro, Jacob Vargas, Andrew Chavez, Michael Saucedo, Tomas Milian, Jose Yenque, Emilio Rivera, Michael O'Neill, Michael Douglas, Russell G. Jones, Lorene Hetherington, Eric Collins, Beau Holden, Peter Stader, James Lew u.a.

Genre Drama
Filmlänge 147 Minuten
Deutschlandstart
5. April 2001
Inhalt

Der mexikanische Cop Javier Rodriguez arbeitet als Drogenfahnder in Tijuana an der Grenze zu den USA: Frustriert über die Aussichtslosigkeit seiner Aufgabe, lässt Javier sich mit dem ebenso skrupellosen wie undurchsichtigen General Salazar auf einen brenzligen Deal ein.

Die heile Welt der bildschönen High-Society-Ehefrau Helena fällt zusammen wie ein Kartenhaus, als ihr Mann Carlos verhaftet und als Drogenbaron angeklagt wird. Beschattet von zwei Cops, beraten von dem halbseidenen Anwalt Metzger und unter Druck gesetzt von den mexikanischen Geschäftspartnern ihres Mannes, fällt Helena eine folgenschwere Entscheidung.

In Washington wird der Supreme-Court-Richter Wakefield zum neuen obersten Drogenfahnder der USA auserkoren. Kompromisslos und entschlossen will Wakefield den Krieg gegen die Drogen führen. Er ahnt nicht, dass ausgerechnet seine Tochter Caroline längst selbst abhängig ist und dem Abgrund Stück um Stück näher rückt.

Als sich die Situation zuspitzt, steht nur eines fest: Keiner kommt hier sauber raus …

Was zu sagen wäre

Der Stabschef der Drogenbekämpfungsbehörde DEA hat eine drogensüchtige Tochter. Der mexikanische General Salazar bekämpft das Obregon-Kartell in Tijuana und wird heimlich bezahlt vom konkurrierenden Kartell. Die eine Polizeibehörde kann der anderen nicht trauen, weil niemand weiß, wer von wem gekauft wurde. Der von den USA schon in den 1970er Jahren ausgerufene "War on Drugs" ist mit behördlichen Mitteln, egal wie hoch finanziert, nicht zu gewinnen. Er ist nur in den Familien zu gewinnen – wenn überhaupt. Solange der Bedarf von Konsumenten besteht, solange werden andere Menschen diesen Bedarf der den. Steven Soderberghs in mehreren Handlungssträngen erzählter Drogenkrimi macht das deutlich.

Knapp neun Monate nach seinem Blockbuster Erin Brockovich stellt Steven Soderbergh schon einen neuen Meilenstein vor. Sein mit digitalen Videokameras gedrehter Film liefert das fiebrige Porträt einer Gesellschaft, in der Angebot und Nachfrage sich austarieren. In der sogar die über die Geschäfte ihres Drogenhändlergatten ahnungslose Ehefrau für den entsprechenden Drogennachschub sorgt, weil die ihren gehobenen Lebensstandard in der elitären Nachbarschaft nicht verlieren will, oder der erfolgreiche Karrierebeamte nicht wegen seiner sich für Drogen prostituierenden Tochter seine Nähe zum US-Präsidenten riskieren will. Alles hängt mit allem zusammen in diesem Thriller. Nach Motiven der britischen Miniserie "Traffik" von 1989 deckt Soderbergh anhand von drei Handlungssträngen schmerzhafte Wahrheiten über den Handel mit und den Konsum von Drogen auf. Das Drama nimmt auf mehreren Ebenenen seinen Lauf und packt den Zuschauer direkt im Kinosessel. Die bei Robert Altman abgeguckte Erzählweise mit mehreren parallel laufender Handlungssträngen lässt kaum Zeit zum Luft holen. Ohne großes Trara springt der Film zwischen seinen Handlungen, die er für den Zuschauer durch ein einfaches Farbsystem nachvollziehbar macht. Die von Korruption durchseuchte Drogenjagd in Mexiko flimmert in gelbem, gleißendes Sonnenlicht kopierendem Gelb. Das Drama um den obersten Drogenbekämpfer der USA mit seiner anhängigen Tochter leuchtet blau. Die Geschichte um die Cops, die sich mit der zunächst ahnungslosen Drogenhändler-Gattin abmühen, leuchtet in normaler Farbgebung. Soderbergh ("The Limey" – 1999; Out of Sight – 1998; "Kafka" – 1991; "Sex, Lügen und Video" – 1989) wirft die hergebrachten Regeln des Good Old Filmmaking über Bord, lässt natürliches Gegenlicht seine rauen Videobilder überstrahlen, montiert diese Bilder gegen alle Regeln, die an der Filmschule gelehrt werden, und präsentiert dennoch ein in sich schlüssiges, elegant montiertes, selbst über zweieinhalb Stunden Erzählzeit packendes Drama.

In der Rolle des obersten US-Drogenbekämpfers hätten wir, nachdem Michael Douglas sie nicht wollte, beinahe Harrison Ford gesehen (Schatten der Wahrheit – 2000; Begegnung des Schicksals – 1999), für den sogar schon das Drehbuch nach dessen Wünschen umgebaut worden war; die Pläne scheiterten an unterschiedlichen Gagenvorstellungen der Produzenten und des 20-Millionen-Dollar-Mannes. Inwiefern es von Bedeutung ist, dass Catherine Zeta-Jones (High Fidelity – 2000; Das Geisterschloss – 1999; Verlockende Falle – 1999; Die Maske des Zorro – 1998), die mit Douglas verlobt ist, die Rolle der ahnungslosen High-Society-Gattin bekam, damit Michael Douglas doch wieder an Bord kam, ist unklar (Die WonderBoys – 2000; Ein perfekter Mord – 1998; The Game – 1997; Der Geist und die Dunkelheit – 1996; Hallo, Mr. President – 1995; Enthüllung – 1994; Falling Down – 1993; Basic Instinct – 1992; Der Rosenkrieg – 1989; Black Rain – 1989; Wall Street – 1987; Eine verhängnisvolle Affäre – 1987; Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil – 1985; Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten – 1984; Ein Richter sieht rot – 1983; Das China-Syndrom – 1979; Coma – 1978).

Statt Zeta-Jones war auch Julia Roberts im Gespräch für die Rolle der Gattin des Drogenhändlers. Mit der hatte Soderbergh gerade erst Erin Brockovich abgedreht. Dem Hollywood-Gossip zufolge war dann Zeta-Jones' Schwangerschaft für Soderberghs endgültige Entscheidung ausschlaggebend, weil er diese dramaturgisch gewinnbringend in seinen Film einbauen konnte. Man darf aber annehmen, dass Soderberghs Film mit Ford in der Rolle des Richter Wakefield und Roberts in der Ehefrau-Rolle kaum anders ausgesehen hätte als jetzt mit Douglas und Zeta-Jones. "Traffic" ist ein Regie-Film.

Soderbergh schätzt die Arbeit mit kleinem Budget, um unter dem Radar kommerzieller Interessen zu fliegen, dafür aber neue Erzähltechniken ausprobieren zu können. Das hat er in "Traffic" qualitätsteigernd genutzt.

Wertung: 6 von 6 €uro
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