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Plakatmotiv: Das Tribunal (2002)

Die Besetzung erzeugt mehr
Spannung als das Drama

Titel Das Tribunal
(Hart's War)
Drehbuch Billy Ray & Terry George
nach dem Roman von John Katzenbach
Regie Gregory Hoblit, USA 2002
Darsteller

Bruce Willis, Colin Farrell, Terrence Howard, Cole Hauser, Marcel Iures, Linus Roache, Vicellous Shannon, Maury Sterling, Sam Jaeger, Scott Michael Campbell, Rory Cochrane, Sebastian Tillinger, Rick Ravanello, Adrian Grenier, Michael Weston, Jonathan Brandis, Joe Spano, Sam Worthington u.a.

Genre Drama, Krieg
Filmlänge 125 Minuten
Deutschlandstart
30. Mai 2002
Inhalt

Im Dezember 1944, kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, gerät während der Ardennen-Offensive der junge US-Leutnant Thomas W. Hart auf einer Erkundungsfahrt in der Nähe von Malmedy in Belgien in die Hände der deutschen Wehrmacht.

Nach mehrtägiger Vernehmung schicken die Deutschen Hart in ein Kriegsgefangenenlager bei Augsburg, ein so genanntes Stalag (Stalag VI A). Der junge Leutnant, Sohn eines US-Senators ist nicht sehr felderfahren; seinen Militärdienst hat er meist in Büros verschiedener Hauptquartiere abgeleistet. Im Gefangenenlager stößt er auf das Misstrauen des amerikanischen Colonels William A. McNamara, der ihn nicht in einer Baracke für Offiziere sehen will, ihn statt dessen zu den Mannschaftsdienstgraden steckt. Hier trifft er auf Staff Sgt. Vic W. Bedford, der ein Meister darin ist, Sachen zu besorgen. Hart hat schon am nächsten Tag brandneue Stiefel an den Füßen.

Einige Tage später kommen mit einem weiteren Transport zwei afroamerikanische Offiziere, Lincoln Scott und Lamar Archer, in das Lager. Sie werden ebenfalls in der Baracke Harts einquartiert und von Beginn an aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert und ausgegrenzt. Vor allem Bedford tut sich mit rassistischen Parolen hervor und als einige Zeit darauf Archer standrechtlich erschossen wird, weil man bei ihm einen als Waffe geeigneten Zeltanker gefunden hat, vermuten Scott und Hart den Staff Sergeanten dahinter. Bald darauf liegt der tot im Dreck. Ermordet. Verhaftet wird Lincoln Scott, dem man Rache für den Tod seines Freundes Archer als Motiv unterstellt.

Colonel McNamara überredet den Lagerkommandanten Oberst Werner Visser, ein Gerichtsverfahren zur Klärung der Schuldfrage durchführen zu lassen. Er beauftragt den noch nicht bis zum Abschluss als Anwalt ausgebildeten Lt. Hart mit der Verteidigung von Lt. Scott. Oberst Visser, der ebenfalls in den USA Jura studiert hat, und McNamara versuchen jeweils Hart bei der Wahrnehmung des Verteidigungs-Mandats zu beeinflussen. Visier will dem arroganten amerikanischen Colonel seine Überlegenheit beweisen. McNamara hingegen hat überhaupt kein Interesse am Verlauf des Tribunals. Er verfolgt einen ganz anderen Plan …

Was zu sagen wäre

Der deutsche Titel führt in die Irre, lässt glauben, es handele sich hier um einen Gerichtsfilm im Kriegs-Genre, der sich mit Rassendiskriminierung in der US-Armee des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzt. Im Original heißt der Film "Hart's War" und das umreißt die flirrende Handlung des Films besser, wir schauen dem Krieg zu, den der junge Lt. Hart, der den Krieg auf großen Übersichtskarten kennt, nicht aber den realen draußen im Feld, auszufechten hat.

Hart, Jurastudent im zweiten Semester, hat einen einflussreichen Senator als Vater, der dafür gesorgt hat, dass sein Sohn nicht ins Feld muss. Das gefällt dem Sohn nicht, aber er fügt sich schicksalsergeben. Colin Farrell spielt den Leutnant als Simplicissimus, überzeugt davon, dass der Mensch aufrichtig sei. Natürlich dauert es dann nicht mehr lange im Film, bis Hart feststellt, dass seine hehren Ansprüche längst nicht von allen geeilt werden, nicht von hohen Offizieren, manchmal auch nicht von ihm selbst.

Viel wird geredet im Film über Mut und Ehre, auch über Vorurteile und Rassismus. am allerwenigsten wird sich mit dem Mord beschäftigt, der im Mittelpunkt des Gerichtsverfahrens steht. Da werden ein paar Fotos angeschaut, da wird schwarze Farbe an den toten Händen interpretiert, aber die Frage, wer den Mord begangen haben könnte, wenn es nicht der afroamerikanische Leutnant Scott gewesen ist, ist dem Film über weite Strecken egal. Er mäandert, hat kein festes Ziel. Deswegen passt der Originaltitel so gut: Wir schauen Leutnant Hart zu, wie er seinen eigenen, aufrechten Krieg gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit in einem Umfeld kämpft, in dem jeder sich selbst der Nächste ist. Das wirkt dann zunehmend wie einer dieser amerikanischen Filme, in denen die hehren Werte des American Way of Life an das Star spangled Banner getackert werden und die Mut-und-Ehre-Fanfaren ertönen: Es ist Krieg und heldenhaft ist es, für das Vaterland zu sterben – was dann meistens für die Figuren in der zweiten Reihe und für Statisten gilt, die eben noch sagen dürfen, dass sie davon träumen, „wenn das hier alles vorbei ist“ eine Farm zu gründen mit dem Mädchen, das zu Hause wartet.

Aber das passiert dann alles plötzlich doch nicht und die Rolle des Colonel McNamara hätte einen aufmerksam machen können. McNamara wird gespielt von Bruce Willis, einem Mann für die durchsetzungsstarken Rollen, die sich kompromisslos für das Gute einsetzen (Banditen! – 2001; Unbreakable – Unzerbrechlich – 2000; The Kid – 2000; Keine halben Sachen – 2000; An deiner Seite – 1999; The Sixth Sense – 1999; Breakfast of Champions – 1999; Ausnahmezustand – 1998; Armageddon – 1998; Das Mercury Puzzle – 1998; Der Schakal – 1997; Das fünfte Element – 1997; Last Man Standing – 1996; 12 Monkeys – 1995; Stirb langsam – Jetzt erst recht – 1995; Nobody's Fool – 1995; "Color of Night" – 1994; Pulp Fiction – 1994; Tödliche Nähe – 1993; Der Tod steht ihr gut – 1992; The Player – 1992; Last Boy Scout – 1991; Hudson Hawk – Der Meisterdieb – 1991; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Stirb Langsam 2 – 1990; Stirb langsam – 1988; Blind Date – 1987). Als McNamara verkörpert Bruce Willis eine mindestens zwielichtige Figur. Er ist der Gegenspieler des Titelhelden Hart, seine Figur ist „West Point in vierter Generation“, einer, der nach Europa kam, um Hitler kaltzustellen, jetzt aber in einem Gefangenenlager vegetiert, ein Rassist, der die amerikanischen Werte mit Füßen tritt. Wie kann das sein? Hollywood-Helden in Killerrollen mag es mal geben. Aber Hollywood-Helden in in der Rolle des Schulhof Bullys, des Arschlochs?

Dieser Zwiespalt hält den Film unter Spannung und es spricht nicht für den Film, dass eine Besetzungsfrage für mehr Spannung sorgt, als die Handlung. Tatsächlich behält sich sich "Hart's War" das große Aha für die letzten Minuten auf. Bis dahin hat der anschwellende Gesang von Opferbereitschaft, die vor allem andere erbringen sollen, an ein fehlgeleitetes Lehrvideo der Armee zur Inneren Führung denken lassen, angefüllt mit Männern, die kernig die Augen kneifen. Das Drehbuch zum Film entstand nach einem Roman – weicht aber an entscheidenden Stellen davon ab. In der geschriebenen Form lässt sich die Geschichte von übergeordneten Werten, die eine Gesellschaft zusammenhalten, mit inneren Monologen und olympischer Perspektive gut erzählen. Im kommerziellen Kino, das auf hohe Schauwerte und Heldenfiguren angewiesen ist, braucht es mehr, als einen aufrechten Jungstar in der Besetzungsliste, der gegen einen rätselhaften Superstar antritt.

Wertung: 3 von 6 €uro
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