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Plakatmotiv: Prestige – Die Meister der Magie (2006)

Kino ist ein Zaubertrick

Titel Prestige – Die Meister der Magie
(The Prestige)
Drehbuch Jonathan Nolan & Christopher Nolan
nach dem Roman "Das Kabinett des Magiers" von Christopher Priest
Regie Christopher Nolan, USA, UK 2006
Darsteller

Hugh Jackman, Christian Bale, Michael Caine, Piper Perabo, Rebecca Hall, Scarlett Johansson, Samantha Mahurin, David Bowie, Andy Serkis, Daniel Davis, Jim Piddock, Christopher Neame, Mark Ryan, Roger Rees, Jamie Harris u.a.

Genre Drama, Mystery
Filmlänge 130 Minuten
Deutschlandstart
11. Januar 2007
Inhalt

Zur Jahrhundertwende stehen sich im viktorianischen London zwei Bühnenzauberer unversöhnlich gegenüber. Ursprünglich entwickelten Alfred Borden und Robert Angier ihre Tricks und Illusionen gemeinsam unter den Fittichen ihres Meisters, Cutter.

Als Roberts Frau Julia bei einem Zauber ertrinkt, gibt er Alfred die Schuld. Fortan sabotieren sie sich in erbitterter Feindschaft gegenseitig. Das gefährdet nicht nur Roberts Assistentin Olivia, sondern gipfelt in einem Elektrizitätsexperiment von Erfinder Tesla …

Was zu sagen wäre

Ein Kinofilm ist der größte und der billigste Zaubertrick. Zeig' ein schönes Gesicht, lass dazu eine Violine erklingen und die Träne im Publikum ist Dir gewiss. Mit einem Bildschnitt kannst Du einen Menschen von der Bühne verschwinden lassen.

Plakatmotiv (US): The Prestige (2006)Wenn Du also einen Film über Zauberkünstler, über ihre Geheimnisse, über ihre Tricks machen – und gleichzeitig Deinem Zuschauer im Kinosessel etwas bieten – willst, musst Du Dich strecken. Denn der Kinozuschauer glaubt schon lange nichts mehr. Oh, er folgt Dir. Aber nur in einer künstlichen Welt. Er weiß, dass Kino eine Lüge ist. So wie Zauberei immer ein Trick ist. Eine Lüge.

Christopher Nolan (Batman Begins – 2005; "Insomnia" – 2002; Memento – 2000) und sein Bruder Jonathan lehnen sich weit aus dem Fenster, spielen mit der Lust des Zuschauers, hinter die Kulissen zu blicken, spielen gleichzeitig mit der Arroganz des Zuschauers, der sich nicht aufs Glatteis führen lässt – von einem Kinofilm doch nicht – legen sogar allerlei Hinweise auf ihren Trick im Finale Grande; und überraschen den Zuschauer dann doch. Komme man im Kinosessel bloß nicht auf den Gedanken, alles laufe auf den einen großen Schlussgag zu. Es ist mit diesem Film wie mit der russischen Matrjoschka: Ein filmisches Geheimnis ist in das nächste geschachtelt. Kaum glaubt man, man könnte nicht mehr überrascht werden, kommt auch schon der nächste Dreh.

Es ist eine in diesem Fall gefährlich nach Floskel riechende Behauptung, aber: Die Nolan-Brüder hauen ihre Zuschauer übers Ohr, verzaubern sie. Ihr Film verfolgt die alte Debatte zwischen Schein und Sein. Christian Bale (Batman Begins – 2005; „Equilibrium“ – 2002; Die Herrschaft des Feuers – 2002; Corellis Mandoline – 2001; Shaft – Noch Fragen? – 2000; American Psycho – 2000; Das Reich der Sonne – 1987) verkörpert den besseren Trickser, der immer daran scheitert, dass ihm die Show drumrum egal ist. Hugh Jackman ist ein talentierter Trickser (Scoop – Der Knüller – 2006; Van Helsing – 2004; Kate & Leopold – 2001; Passwort: Swordfish – 2001; Männerzirkus – 2001; X-Men – 2000), der seine Begrenzung mit großer Geste wettmacht. Da streitet der Film um die alte Showbusinessfrage: Wieviel Authentizität braucht der Mensch auf der Bühne – was ist wichtiger: die Kunst oder die Show?

Es geht hier um besessene Zauberer. Keine Magier, sondern Technikfreaks. Michael Caine steht zwar als Suporting Actor im Cast, aber der Lieblingsschauspieler von Christopher Nolan spielt die heimliche Hauptrolle (Batman begins – 2005; Miss Undercover – 2000; Get Carter – 2000; Gottes Werk & Teufels Beitrag – 1999; "Zwei hinreißend verdorbene Schurken" – 1988; Hannah und ihre Schwestern – 1986; Der 4 1/2 Billionen Dollar Vertrag – 1985; Die Hand – 1981; Dressed to Kill – 1980; Der Adler ist gelandet – 1976; Der Mann, der König sein wollte – 1975; Die schwarze Windmühle – 1974; "Mord mit kleinen Fehlern" – 1972; Jack rechnet ab – 1971; Charlie staubt Millionen ab – 1969; Ein dreckiger Haufen – 1969; Das Milliarden Dollar Gehirn – 1967; Finale in Berlin – 1966; Ipcress - streng geheim – 1965). Caine entwirft als ihr Mechaniker all die Wunder, mit denen Christian Bale oder Hugh Jackman, die beide wissen – ebenso wie der Zuschauer – dass es keine Magie gibt, dann auf der Leinwand/Bühne brillieren. Die wichtigste Fähigkeit des Magiers ist die, das Publikum abzulenken.

Nolan hat Wally Pfister, seinen Kameramann. Pfister lenkt schon allein durch seine grandiosen Totalen, seine Landschaftsaufnahmen, seine intimen, im Halbdunkeln unsichtbaren Handlungen ab. Und bald haben wir das Spiel, das die Nolan-Brothers da mit uns spielen, durchschaut. Pfisters Bilder haben in diesen digital durchseuchten Kinozeiten einen sehr analogen, wuchtigen Charme.

Glauben wir.

Das Wunderbare an diesem Film ist, dass er immer noch mal einen oben drauf setzt. Schaut man den Film ein zweites Mal, fallen einem all die versteckten Hinweise und Bildinformationen auf, mit denen Nolan sein Publikum führt, ohne ihm aktiv etwas zu verraten. Wer einfach nur bräsig Popcorn kauend im Sessel hängt, wird vom Zaubertrick überrascht. Wer aufmerksam folgen will, durchschaut den ein oder andern Trick, macht sich auf das Finale Grande aber auch erst spät einen möglichen Reim.

Dieser Film, mit dem man Filmstudenten ein ganzes Semester beschäftigen kann, weil er alles beinhaltet, was filmisches Erzählen können muss, ist schon deshalb so wunderbar, weil wir recht bald verstehen, welche Verantwortung sich die Nolan-Brüder hier geben, nämlich: Uns in die Irre zu führen, während wir wissen, dass sie versuchen, uns in die Irre zu führen. Sie übernehmen die Verantwortung, die jeder Magier auf sich nimmt, der auf die Bühne tritt und weiß: Die da im Saal wollen entweder verzaubert werden oder mich scheitern sehen.

So gesehen hat Christopher Nolan – mit Hilfe seines Mechanikers Jonathan Nolan – eine Art Fühlkino produziert, dass seinen Zuschauer auf zwei Ebenen fordert; er soll neugierig der Story folgen und gleichzeitig nicht merken, wie er verarscht wird – obwohl er gerade verarscht wird.

Perfektes Kino!

Wertung: 7 von 7 €uro
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