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Videocover: Der 4 1/2 Billionen Dollar Vertrag (1985)

Eine wirre Nazi-Verschwörungskiste
nach einem spannenden Roman

Titel Der 4 1/2 Billionen Dollar Vertrag
(The Holcroft Covenant)
Drehbuch George Axelrod & Edward Anhalt & John Hopkins
nach dem Roman „Der Holcroft Vertrag“ von Robert Ludlum
Regie John Frankenheimer, UK 1985
Darsteller

Michael Caine, Anthony Andrews, Victoria Tennant, Lilli Palmer, Mario Adorf, Michael Lonsdale, Bernard Hepton, Richard Münch, Carl Rigg, André Penvern, Andy Bradford, Shane Rimmer, Alexander Kerst, Michael Wolf, Hugo Bower u.a.

Genre Thriller
Filmlänge 112 Minuten
Deutschlandstart
19. Dezember 1986 (Video-Premiere)
Inhalt

Der New Yorker Architekt Noel Holcroft erfährt, dass sein Vater – während des Zweiten Weltkriegs ein General und für Adolf Hitler tätiger Finanzexperte – 4,5 Milliarden US-Dollar hinterließ, die deponiert wurden, um die Opfer des Nazi-Regimes zu entschädigen. Holcroft soll gemeinsam mit zwei anderen Söhnen der Nazi-Generäle bei der Verteilung des Geldes helfen, dazu sollen die drei Männer in Genf einen Vertrag unterzeichnen.

Plakatmotiv (UK): The Holcroft Covenant – Der 4 1/2 Billionen Dollar Vertrag (1985)Der Architekt lernt den künftigen Vertragspartner Johann von Tiebolt und dessen Schwester Helden kennen. Während seiner Reisen in Europa wird Holcroft zum Ziel einiger Anschläge; die Täter versuchen, Helden zu entführen. Holcroft verbringt mit Helden eine Liebesnacht.

Die Mutter Holcrofts und ein mit ihr befreundeter Mann werden ermordet. Alsbald wird Holcroft klar: Das Vererben des Geldes an ihn ist lediglich ein teuflischer Plan seines Vaters und dessen Schergen: Tatsächlich soll es dazu dienen, ein Viertes Reich zu schaffen …

Was zu sagen wäre

Ein Mister Jedermann gerät ins Zielfernrohr böser Agenten mit zwielichtigen Absichten. Die einen wollen ihn töten, die anderen diejenigen, die ihn töten wollen – was die zweite Gruppe aber nicht davon abhält, auch den Jedermann mit der Waffe zu bedrohen. Das, was alle Gruppierungen und Jedermann in Beziehung zueinander bringt, ist ein Vertrag, der verdammt viel Geld wert ist, mit dem jeder der Gruppierungen etwas anderes vorhat, allein: Nur Jedermann kann entscheiden. Das klingt, so wie ich das hier beschreibe, nach einem typischen Hitchcock inklusive MacGuffin – so eine Art Der unsichtbare Dritte reloaded. Aber mit der Aufzählung enden die Gemeinsamkeiten schon.

John Frankenheimers Verfilmung des gleichnamigen Romans von Robert Ludlum erzählt eine wirre Geschichte, die in ihrer Idee schon spannend ist – und Ludlums Roman ist das auch, spannend. Der ist aber mehrere hundert Seiten dick. John Frankenheimer, der große alte Mann des Paranoia-Thrillers der 60er Jahre (Wenn er in die Hölle will, lass ihn gehen – 1982; "Die Prophezeiung“ – 1979; Schwarzer Sonntag – 1977; French Connection II – 1975; "Grand Prix“ – 1966; Der Mann, der zweimal lebte – 1966; Der Zug – 1964; "Sieben Tage im Mai" – 1964; Botschafter der Angst – 1962; Der Gefangene von Alcatraz – 1962), hat aber nur zwei Filmstunden, um die Verschwörung in Gang zu setzen, zu verheimlichen, wieder zu entwirren und den Helden gut da stehen zu lassen. Er scheitert vor allem an seinem Personal.

Videocover (UK): The Holcroft Covenant (1985)Frankenheimers Bildregie lebt immer noch von der schief stehenden Kamera, mit der er banale Realitäten aus der Balance bringt und mit Spannung auflädt. Sein Timing ist flott, die Bildmontage professionell auf Thriller-Niveau, alles State of the Art. Wenige Tage vor Drehbeginn aber sprang sein Hauptdarsteller ab, die Rolle des amerikanischen Architekten mit nazideutschen Wurzeln musste rasch neu besetzt werden. Es fand sich auf die Schnelle Michael Caine, der Brite, der so viele Cockneys in seinem Leben gespielt hat, dass sein auch hier gepflegter britischer Akzent nicht zu leugnen ist – was für einen US-Architekten zumindest seltsam klingt. Das irritiert aber nur deshalb, weil Caine in diese Rolle nie hineinfindet.

Caine und Holcroft bleiben sich fremd. Die Ratlosigkeit in Noel Holcroft Gesicht ist die Ratlosigkeit Caines, der wirkt, als verstehe er in manchen Szenen nicht, welchen Wissensstand seine Figur gerade hat; und dass er vom freundlichen Architekten von nebenan binnen weniger Stunden zum fröhlichen Fisch im Wasser des Verschwörungsteichs mutiert, ist schwer zu glauben. Caine spielt seine Rolle mit der Souveränität und Routine eines Schauspielers, der seit 20 Jahren in Hauptrollen vor der Kamera agiert (Die Hand – 1981; Dressed to Kill – 1980; Freibeuter des Todes – 1980; Die Brücke von Arnheim – 1977; Der Adler ist gelandet – 1976; Der Mann, der König sein wollte – 1975; Die schwarze Windmühle" – 1974; "Mord mit kleinen Fehlern" – 1972; Jack rechnet ab – 1971; Charlie staubt Millionen ab – 1969; Ein dreckiger Haufen – 1969; Das Milliarden Dollar Gehirn – 1967; Siebenmal lockt das Weib – 1967; Finale in Berlin – 1966; Ipcress - streng geheim – 1965). Irgendwie geht's dann schon.

Schlimmer sind seine Filmpartner. Victoria Tennant (Solo für 2 – 1984) als geheimnisumwittertes Love Interest besitzt kein Charisma vor der Kamera, sie ist einfach nur blond und hübsch und schaut mit großen braunen Augen in die böse Welt, wenn sie erstaunt ist, wenn sie verliebt guckt, wenn sie entführt wird, wenn sie gleich Sex hat; sie bleibt eine leere Hülle.

Videocover: Der 4 1/2 Billionen Dollar Vertrag (1985)Nahezu gleichwertig schlecht ist Anthony Andrews, der ihren Bruder spielt. Bis auf einen schönen Monolog über die Fehleranfälligkeit freier Demokratien bleibt auch seine Rolle blass. Das hängt in allen drei genannten Schauspielerfällen auch mit einem Drehbuch zusammen, das mehr damit zu tun hat, seine Figuren durch europäische Städte zu treiben, als die Figuren zu entwickeln.

Gut mit der Misere zurecht kommt Bernard Hepton, der sich als britischer Geheimdienstmann zu erkennen gibt. Hepton lädt diese 08/15-Figur mit ihren Geheimdienstmann-Sätzen mit viel Charme auf, dass wir bald ganz beruhigt sind, wann immer er auftaucht.

Der Film wurde in London, in Lindau, in Berlin und in den englischen Twickenham Film Studios gedreht. An den Dreharbeiten in Lindau am Bodensee war ich als Fahrer der Garderobencrew und als deren Mädchen für alles – und als Minikomparse – dabei. In Lindau wurden alle Außenszenen gedreht, die im Film in der Schweiz spielen – also das Besteigen der Fähre in Genf, das Verlassen der Fähre, das Schweizer Hotel, in dem die Milliarden-Erben vor der Vertragsunterzeichnung absteigen sowie das Bankgebäude von außen. In der weiteren Umgebung wurde auf bayerischen Landstraßen die Verfolgung mit dem Hubschrauber und ein paar allgemeingültige Auto-rast-irgendeine-Straße-entlang-Zwischenschnitte gedreht.

Wertung: 4 von 10 D-Mark
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