Und wieder bricht die Nacht an in Basin City. so schwarz und undurchdringlich, dass sich nur die Mutigsten auf die Straße trauen. Eine heiße Nacht, trocken, ohne Wind – während der Schnee fällt – genau richtig, um verschwitzte, geheime Dinge zu tun. In Sin City gibt es keine guten Menschen, nur böse Menschen, die manchmal versuchen, die Guten zu sein.
Dwight zum Beispiel muss daran denken, was er alles verbockt hat und was er dafür geben würde, noch einmal von vorne anfangen zu können. Da tritt seine frühere Freundin Ava durch die Tür, die ihm einst das Herz brach, und bittet ihn, ihr gegen ihren Ehemann beizustehen … das hätte Dwight besser gelassen.
Johnny hingegen macht das Pokerspiel seines Lebens … hätte sich aber besser andere Mitspieler gesucht. Nicht ausgerechnet Senator Roark, mit dem ihn Blut verbindet.
Oder Nancy Callahan? Vier Jahre nach dem Tod ihres Retters, ihres Geliebten John Hartigan, schmerzt der Verlust immer noch so sehr, dass Nancy nur einen Ausweg sieht: Senator Roark endlich töten. Da Marv auch noch eine Rechnung mit eben diesem offen hat, unterstützt er Nancy dabei mit seinen besonderen Fähigkeiten. Gemeinsam riskieren sie alles …
Der Film Sin City (2005) war etwas Neues im Kino. Er war wild; er war rau; er war respektlos, brach mit den Sehgewohnheiten und nahm keine Rücksicht auf Tugendwächter – weder auf die bei der Filmbewertungsstelle noch bei der für die Altersfreigaben. Frank Miller und Robert Rodriguez hatten eine schmutzige Geschichte über schmutzige Menschen in einer schmutzigen Stadt zu erzählen – who the fuck cares abaut Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft? Der Film wurde ein großer Erfolg bei Kritikern und Kinogängern – Comics and Movies hatten zueinander gefunden. Mit schnellen Fortsetzungen war zu rechnen.
Es kursierten Gerüchte, immer wieder. Statt dessen brachte Frank Miller drei Jahre später nur „The Spirit“ (2008), wieder die Adaption eines Großstadtdschungel-Comics, diesmal nach den Klassikern von Will Eisner – auf Papier unerreicht. Auf der Leinwand eine müde Veranstaltung von gelangweilten Filmleuten. Und dann, neun Jahre später, endlich: Sin City 2. Wo gibt es das heute noch in Hollywood, dass sich ein Erfolg mit seiner Fortsetzung so aufreizend viel Zeit lässt? Das verspricht Großes Kino.
Da salbadern aus dem Off brummbassige Männer über ihr Schicksal, jederzeit bereit, sich für ein unter dem blauen Mantel nacktes Flittchen, dass sie als Frau-für-die-es-sich-zu-morden-lohnt bezeichnen, blutig schlagen zu lassen und dabei offensichtlich zu blöd, ein Loch in den blutigen Schnee zu pissen.
Da schnöselt ein Corvette-Fahrer mit Vaterkomplex und Hang zu süßlich-blonden Mäuschen und Spielkarten durchs Casino, der zu kaum mehr taugt, als die Gnadenlosigkeit des Oberschurekn zu unterstreichen, der den Rest seiner Leinwandzeit einfach da sitzt, diabolisch aus tot geschminkten Augen grinst und darauf wartet, seiner gerechten Strafe zugeführt zu werden – und die kommt so sicher wie das Amen in der in Teil 1 noch existierenden Kirche.
Lediglich Nancy, diese traumhaft schöne Table-Dance-Queen mit den Gesichtszügen von Jessica Alba („Spy Kids – Alle Zeit der Welt“ – 2011; „Machete“ – 2010; Valentinstag – 2010; Into the Blue – 2005; Fantastic Four – 2005), hat noch einen Rest von Drama aus dem Vorgänger rüber retten können. Die anderen Figuren ersticken in bloßer Behauptung und alberner Attitüde. Es sind die verzweifelten Versuche der Autoren, den Fans die aus Teil 1 bekannten Elemente – Huren mit Herz, Killer mit Moral – zu bieten. Die Bilder – immer noch beeindruckende Computergraphics – sind lediglich Wiederholung dessen, was wir schon hatten, ein Best of 2005.
Das Etikett „frei ab 18“ mag sich bisweilen gut verkaufen an der Kinokasse. Hier hat es nicht funktioniert. Weltweit spülte er gerade mal 39,4 Millionen US-Dollar in die Kassen – mit der romantischen Gnadenlosigkeit seines Vorgängers kann diese mit viel Sex & Crime aufgeblasene Belanglosigkeit eben nicht mithalten – „A Dame to kill for“ … immer schon brauchte es Frauen, damit Männer dumme Dinge tun. Im vorliegenden Fall haben Schreib- und Regiemänner einen dummen Film gemacht, nur damit sich Bond-Lady Eva Green („300: Rise of an Empire“ – 2014; Wie ein weißer Vogel im Schneesturm – 2014; Dark Shadows – 2012; Königreich der Himmel – 2005) vor ihrer Kamera auszieht; es ist eine schmutzige Welt in Tinseltown.
Der Vorgänger
- Sin City (2005)