IMDB

Plakatmotiv: Der Puppenspieler (1980)

Das Genre des Belmondo-Kinos hat
seine eigene Untauglichkeit erreicht

Titel Der Puppenspieler
(Le guignolo)
Drehbuch Jean Herman & Michel Audiard
Regie Georges Lautner, Frankreich, Italien 1980
Darsteller

Jean-Paul Belmondo, Georges Géret, Carla Romanelli, Von Gretchen Shepard, Mirella D'Angelo, Pierre Vernier, Paolo Bonacelli, Michel Beaune, Tony Kendall, Maurice Auzel, Henri Guybet, Lily Fayol, Philippe Castelli, Charles Gérard, Michel Galabru u.a.

Genre Komödie, Action
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
25. Juli 1980
Inhalt

Alexandre Dupré ist ein Allroundganove. Einen Hafturlaub nutzt er für einen Wohnungseinbruch. Wenig später – wegen guter Führung entlassen – begibt er sich auf ein Kreuzfahrtschiff, um mit Falschgeld eine reiche Amerikanerin auszunehmen. Die aber entpuppt sich als ebenso gerissene Betrügerin – ihre als Sicherheit ausgehändigten Diamanten sind ebenfalls falsch.

Gemeinsam wollen beide anschließend den Grafen Helmut von Offenburg ausnehmen. Alexandres Komplizin verliebt sich jedoch in das Opfer. Wieder allein, plant er nun in Venedig einen falschen Canaletto an eine japanische Investorengruppe zu verkaufen.

Aus Gefälligkeit nimmt Alexandre für einen Mitreisenden einen Koffer mit durch den Zoll, angeblich um das Gepäckstück vor dessen eifersüchtiger Gattin zu verstecken. Dieser Mitreisende wird jedoch vor der Rückgabe des Koffers ermordet. In dem Koffer befindet sich eine Geheimformel, und Alexandre – der sich nun Graf de Valembreuse nennt – wird von Polizei, Gangstern und Geheimdiensten gejagt …

Was zu sagen wäre

Die französische Filmindustrie hat den Gipfel ihrer Belmondoisierung erreicht. Die produziert jetzt Filme ohne Inhalt, ohne Dramaturgie. Sie stellt Jean-Paul Belmondo in unterschiedlich lustigen Kostümierungen vor die Kamera, lässt ihn ein paar Grimassen schneiden und ein paar Dunkelmänner hauen. Drum herum inszeniert sie eine Stadt wie Venedig (aber die ist schon austauschbar) und irgendwann hängt Belmondo an einer Hauswand oder an einem Hubschrauber. Da hängt er dann und wird in Großaufnahme, damit man auch sieht, es! ist! wirklich! Belmondo!, über halb Venedig geflogen. Plakatmotiv: Der Puppenspieler (1980) Wer sitzt in dem Hubschrauber? Egal. Hauptsache Jean-Paul Belmondo kann einen Stunt zeigen.

Der Film heißt im Original "Le guignolo“, das ist ein Wortspiel aus dem französischen Wort für "Puppenspiel" und dem italienischen Gigolo. Tatsächlich ist der rote Faden des Films dann, wie wir am Ende erkennen, eine attraktive, verheiratete Frau, die Alexandre zu Beginn im Negligé kennenlernt, als er eines ihrer Gemälde stiehlt. Sie freut sich, den strammen, charmanten Kerl für ein paar Stunden in ihr Bett zu bekommen, bevor er zurück ins Gefängnis muss, wo er als Freigänger lebt; komischerweise ein Freigänger, der bei Nacht Ausgang hat und tagsüber in der Zelle sitzen muss. Am Ende des Films treffen sich die beiden wieder und freuen sich, dass der Gatte um 22 Uhr nach Brüssel muss, „den Kaffee müssen wir schon alleine nehmen.“ „Oh, Kaffee, gibt es auch noch. Na dann bringe ich doch etwas Gebäck mit.“ Und zwischen diesen beiden Situationen?

Alexandre wird wegen guter Führung entlassen, trickbetrügt auf einem Kreuzfahrtschiff, wird beinah selbst übers Ohr gehauen und als dann eine Geschichte ihren Lauf nimmt, ist die Geschichte auch schon wieder vorbei. Alles sah danach aus, dass sich da zwei Trickbetrüger gefunden haben. Aber die Episode hat dann mit dem Rest des Films nichts mehr zu tun. Sie ist einfach da, wahrscheinlich, um ein wenig Adelsglanz auf die Leinwand zu bringen, mit Schlössern, edlen Reitpferden und schmuckvoll eingefassten Diamanten. Danach geht die nächste Geschichte los. Ein Koffer mit einem Geheimnis, das sich als Mikrofilm entpuppt, mit dem man die gesamte automobile Gesellschaft revolutionieren kann und der deshalb den arabischen Ölstaaten sehr wichtig ist. Hier macht der Film visuell einen Punkt. Buchstäblich. Es gibt einen Scharfschützen, der seine Opfer mit einem Laser anvisiert. Mehrmals also wandert ein roter Punkt über Kopf, Brust oder andere Körperteile, die kurz darauf ein blutendes Loch aufweisen. Das ist ein spannender Effekt, weil er ein Todesopfer mit einem ausschließlich visuellen Effekt ankündigt; kein „Der Mörder war … “, Der Schatz ist in …“, also Sätze, die – zur Unzeit gesprochen – den sicheren Tod nach sich ziehen. Statt dessen nur ein wandernder roter Punkt.

Hinter diesem Geheimnis sind dann allerlei nicht identifizierbare Gruppierungen her, unter anderem der französische Geheimdienst und ein paar Araber. Und die alle kann Alexandre an der Nase herumführen und gleichzeitig noch einen gefälschten Canaletto verkaufen und mit ein paar Frauen in Seidenbettwäsche schlafen, so leicht, als würde er ein Croissant mit Butter bestreichen. Im Kinosessel funktioniert das, wenn man nicht mehr erwartet, als Jean-Paul Belmondos Boxernasen-Charme und ein paar spektakuläre Breitwand-Aufnahmen. Die Partnerinnen und Partner, mit denen Alexandre seine Trickbetrügereien in Venedig durchzieht, bleiben bloße Staffage. Dabei hätte ich über die, unter ihnen der große Michel Galabru ("Louis, der Geizkragen" – 1980; Der Windhund – 1979; "Ein Käfig voller Narren" – 1978), gerne mehr erfahren. Aber George Lautner hat auf dem Regiestuhl einfach sein Konzept aus dem Windhund verfeinert und noch weniger Story zugunsten actionhaltiger Schauwerte übrig gelassen.

Für einen Film aus dem Geburtsland von François Truffaut oder Jean-Luc Godard, mit denen Belmondo Klassiker des französischen Kinos geschaffen hat, ist das dünn.

Wertung: 2 von 9 D-Mark
IMDB