Als Kind wird Sam von seiner Mutter an einem Karussell ausgesetzt. Er wächst als Artist in einem Wanderzirkus – wo er den Nachnamen Lion bekommt, wegen seiner Lust, stundenlang vor Löwenkäfigen zu sitzen – auf, bis er bei einer Nummer schwer stürzt und nur noch als Reinigungskraft eingesetzt wird. Das bringt ihn zu der Idee, eine Reinigungsgeräte zu entwerfen, die ihm die Arbeit erleichtern. Daraus entwickelt sich ein Konzern mit 12.000 Angestellten. Aber nach zwei Ehen und als die Kinder erwachsen sind, steigt Lion aus, besorgt sich einen Pass mit neuer Identität, inszeniert seinen Tod auf hoher See und geht nach Afrika zu seinen geliebten Löwen.
In Zimbabwe wird Sam von seinem früheren Angestellten Al erkannt. Lion fürchtet um seine Tarnung. Weil in Frankreich Sams früherer Konzern vor dem Ausverkauf steht, entscheidet er sich, Duvivier für seine Zwecke zu nutzen. Er schult Al als erstes in Selbstbewusstsein. Al und Lion kehren nach Frankreich zurück, und Al soll als begabter Reinigungsfachmann in die Firma einsteigen. Als Eintrittskarte dient ein Empfehlungsschreiben von Sam Lion, das dieser vor seinem Verschwinden niedergeschrieben haben soll.
Lion weilt derweil bei Als Familie und hält telefonisch Kontakt zu Al. Nachdem die beiden von Sams Anwalt mit einer List Als Einstellung erzwungen haben, freundet sich Duvivier immer mehr mit Lions Kindern Sophie und Jean-Pierre an. Mit Sams Hilfe im Hintergrund versucht Al, Lions Firma "Victoria" vor dem Konkurs zu retten …
Am Ende steht der alte Zirkusmann mit einer Löwenmutter am Wasser in der Steppe und blickt in die Ferne. Von irgendwoher ist leise Zirkusmusik zu hören. Damit verabschiedet sich Jean-Paul Belmondo, der Mann mit der harten Faust, von seinen Actionfiguren.
Unter der Regie von Claude Lelouch hat Belmondo umgesattelt auf den melancholischen Aussteiger. Immer noch eher der Einzelgänger, aber jetzt mit Familienanschluss. Der im ihm richtig erscheinenden Augenblick von der Bildfläche verschwindet, um seine Kinder mit seiner Präsenz als Vater, Patriarch und Konzernboss nicht zu erdrücken. Er findet seine Ruhe bei den wilden Tieren in Afrika, deren Fähigkeiten, „was Saufen, Fressen und Vögeln betrifft“, er den Menschen für überlegen hält. Aber er findet seinen Frieden nicht zwischen den Tieren. Hier beginnt das Märchen in diesem Film.
Die Konstruktion mit dem ehemaligen Angestellten, der ihn zufällig findet, Sams darauf entwickelter Marionettenplan, auch die Liebesgeschichte, die sich zwischen Sams Tochter Victoria und Al entwickelt, entfaltet eher das Niveau einer mittelmäßigen ARD-Degeto-Produktion oder eines gehobenen Groschenromans, in dem der Prinz noch nicht weiß, dass er Prinz ist, aber weiß, dass er seine Prinzessin eines Tages in einem pinkfarbenen Cabrio durch die Straßen chauffieren wird – and guess, what?!
Bei Tageslicht betrachtet ist der Film eitler Humbug. Jean-Paul Belmondo zieht sich aus der ersten Reihe zurück, um dem Nachwuchs das Feld zu überlassen, nicht aber ohne diesem Nachwuchs einen Jungen an die Seite zu stellen, den er als Mentor zu einem Abziehbild seiner selbst geformt hat, das seine Tochter dann heiraten kann – getreu der Behauptung, dass Frauen in ihren Männern eigentlich ihren Vater suchen. Anders gesagt: Ohne Belmondo, glaubt Belmondo, der auch diesen Film wieder koproduziert hat, geht es nicht.
Aber im Dunkel des Kinosaals, nach einem holprigen Einstieg, in dem Claude Lelouch Mühe hat, alle Fäden der Geschichte zu spinnen, gleitet der Film in eine romantische Schwärmerei über geheimnisvolle Schutzengel, junge Liebende, den erfolgreichen Kampf gegen den Schmutz auf der Straße und über das wilde Leben in Afrika. Und endlich winken sich lauter glückliche, neu gegründete Familien in die Kamera, während der alte Zirkuslöwe zufrieden und in Ruhe gelassen durch seine Savanne streift.
Pech, dass man nach dem Abspann mit der Musik von Francis Lai, der vergeblich versucht, auf das Ennio-Morricone-Niveau des ersten Profi zu gelangen, das Dunkel des Kinosaals gegen das Tageslicht der Realität zurück tauschen muss.
Jean-Paul Belmondo im Kino
Jean-Paul Belmondo (* 9. April 1933 in Neuilly-sur-Seine; † 6. September 2021 in Paris) war ein französischer Film– und Theaterschauspieler. Er wurde ab den späten 1950er Jahren zunächst als Darsteller innerhalb der Nouvelle Vague bekannt. Ab Mitte der 1960er Jahre war er zwei Jahrzehnte lang als Komödiant und agiler Held actionbetonter Filme einer der erfolgreichsten Stars des europäischen Kinos.
- À pied, à cheval et en voiture (1957)
- Sonntagsfreunde (1958)
- Sei schön und halt den Mund (1958)
- Die sich selbst betrügen (1958)
- Leben und lieben lassen (1958)
- Ein Engel auf Erden (1959)
- Schritte ohne Spur (1959)
- Ausser Atem (1960)
- Der Panther wird gehetzt (1960)
- Stunden voller Zärtlichkeit (1960)
- Die Französin und die Liebe (1960)
- Die Nacht vor dem Gelübde (1960)
- … und dennoch leben sie (1960)
- Das Haus in der Via Roma (1961)
- Eine Frau ist eine Frau (1961)
- Eva und der Priester (1961)
- Galante Liebesgeschichten (1961)
- Sie nannten ihn Rocca (1961)
- Mit meinen Augen (1961)
- Riviera-Story (1961)
- Cartouche, der Bandit (1962)
- Ein Affe im Winter (1962)
- Der Teufel mit der weißen Weste (1962)
- Verrückte Seefahrt (1963)
- Bonbons mit Pfeffer (1963)
- Heißes Pflaster (1963)
- Die Millionen eines Gehetzten (1963)
- Abenteuer in Rio (1964)
- 100.000 Dollar in der Sonne (1964)
- Der Boss hat sich was ausgedacht (1964)
- Jagd auf Männer (1964)
- Dünkirchen 2. Juni 1940 (1964)
- An einem heißen Sommermorgen (1965)
- Elf Uhr nachts – Pierrot le Fou (1965)
- Die tollen Abenteuer des Monsieur L. (1965)
- Geliebter Schuft (1966)
- Brennt Paris? (1966)
- Der Dieb von Paris (1967)
- Casino Royale (1967)
- Ho! (1968)
- Das Superhirn (1969)
- Das Geheimnis der falschen Braut (1969)
- Dieu a choisi Paris (1969)
- Der Mann, der mir gefällt (1969)
- Borsalino (1970)
- Musketier mit Hieb und Stich (1971)
- Der Coup (1971)
- Der Halunke (1972)
- Der Mann aus Marseille (1972)
- Der Erbe (1973)
- Le Magnifique (1973)
- Stavisky (1974)
- Angst über der Stadt (1975)
- Der Unverbesserliche (1975)
- Der Greifer (1976)
- Der Körper meines Feindes (1976)
- Ein irrer Typ (1977)
- Der Windhund (1979)
- Der Puppenspieler (1980)
- Der Profi (1981)
- Das As der Asse (1982)
- Der Außenseiter (1983)
- Die Glorreichen (1984)
- Fröhliche Ostern (1984)
- Der Boss (1985)
- Der Profi 2 (1987)
- Der Löwe (1988)
- Der Unbekannte (1992)
- 101 Nacht - Die Träume des M. Cinema (1995)
- Les misérables (1995)
- Désiré (1995)
- Alle meine Väter (1998)
- Peut-être (1999)
- Les acteurs (2000)
- Amazone (2000)
- Ein Mann und sein Hund (2008)