Drogenfahnder Philippe Jordan wird von Paris nach Marseille versetzt, um dort den Drogenhandel in den Griff zu bekommen. Es gelingt ihm auch ein Boot, auf dem sich eine riesige Drogenlieferung befindet, aufzuspüren und den Inhalt zu versenken – allerdings hat er die Rechnung ohne den Besitzer der wertvollen Fracht gemacht. Maccacci rächt sich an Jordan, indem er dessen Informanten tötet und die Leiche im Apartement des Kommissars deponiert.
Aufgrund dieser Verwicklungen wird Jordan zur Pariser Sitte strafversetzt, denkt jedoch gar nicht daran, den Drogenbaron Maccacci davonkommen zu lassen. Stattdessen setzt er, mit Hilfe seines neuen Kollegen Rojinski und gegen den Willen seines Vorgesetzten, die Ermittlungen fort. Und mit Freddy dem Chemiker stößt er auch bald auf einen Zeugen, der gegen Meccaci aussagen könnte …
Ein Mann, der in der Kulturnation Frankreich eine Bücherwand nur als Tarnung für seine Hausbar missbraucht, muss ein schlechter Mensch sein. Sauveur Meccacci ist definitiv ein schlechter Mensch mit einem Gesicht, dessen ledrige Haut einen markanten Schädel umspannt, der an einen Totenkopf erinnert. Henry Silva spielt ihn, ein Schauspieler, den wir nicht wirklich kennen, dessen kantiges Gesicht mit den tief liegenden Augen wir aber schon hundert Mal in Neben- und Kleinstrollen im Kino und in Fernsehserien gesehen haben (Flammen am Horizont – 1982; Buck Rogers – 1979; "Botschafter der Angst" – 1962; Bravados – 1958; Viva Zapata – 1952). Hier spielt er den Herrscher über ein das ganze Land umspannendes Netzwerk von Gangstern, Mördern, Zuhältern. Und Politikern.
Das Frankreich in diesem Film ist ein korruptes Land. Ein Polizist, der zu tief gräbt, der die falschen Drogenkuriere hochnimmt, landet umgehend auf dem Abstellgleis. Darin steckt aber keine politische Anklage eines Filmkünstlers. Sie ist einfach nur Begründung, um zuschlagen zu können. Das kennen wir aus Filmen wie Der Greifer oder Der Profi. Diese abgefuckte Welt ist einfach Belmondos bevorzugtes Habitat, in dem alle korrupt sind, außer jungen Frauen und er selbst, auf dass er ohne große Erklärung Gesetze in der Polizeiarbeit außen vor lassen und schlagen oder schießen kann: „Ich bin ein Bulle. Kein Arzt. Wenn Du umkippst und in Deiner Kotze liegst, stört das! Inspecteur Rojinski hier schreibt Deine Märchen auf und wir können endlich in die Kneipe.“ Als der letzte Aufrechte in einem Sumpf der Verderbnis.
Dahin führt uns "Le Marginal". Der Film zeigt uns Ecken von Paris, die wir als Tourist nicht zu sehen bekommen, düstere Untergeschosse, schwitzige Kaschemmen, in denen zugekokste Mädchen für einen Zehner über den Tisch gehen und glatzköpfige Typen im Unterhemd erst zuschlagen und dann fragen. Hier fühlt sich einer wie Commissaire Jordan in seiner grauen Nappalederjacke, der viel zu engen Jeans und der Großkalibrigen im Hosenbund zuhause. Überall kennt er einen, der ihm was schuldig ist, der wie ein Bruder für ihn ist, und der also Informationen für ihn hat – und meistens ein paar Filmminuten später tot ist. Bemerkenswert daran ist, dass Belmondos Bullen dieselbe Einzigartigkeit besitzen, wie seine us-amerikanischen Vorbilder Steve McQueen oder Clint Eastwood. Nur er verfügt über dieses Netz an Informanten. Niemand sonst. Alle anderen Polizisten sind spießige Träger schlecht sitzender Anzüge, die sich schmieren lassen.
Diese Weltabgewandheit mag man dem Film gar nicht vorwerfen, die ist im Crime-Kino ja praktisch allgegenwärtig. Jacques Deray, seine Autoren und Jean-Paul Belmondo können ihr aber keine neuen visuellen, stilistischen oder dramaturgischen Facetten anheften. Es ist das immer Gleiche – oder besser: der immer Gleiche. Jean-Paul Belmondo schlägt sich durch. Dazu klängt Ennio Morricone seine harten Gitarren auf dem Score und fertig ist der nächste Film mit dem harten Einzelgänger, der sich nicht fest bindet, weil noch so viel Schmutz im Rinnstein der Straße nicht weggespült worden ist.
Jean-Paul Belmondo im Kino
Jean-Paul Belmondo (* 9. April 1933 in Neuilly-sur-Seine; † 6. September 2021 in Paris) war ein französischer Film– und Theaterschauspieler. Er wurde ab den späten 1950er Jahren zunächst als Darsteller innerhalb der Nouvelle Vague bekannt. Ab Mitte der 1960er Jahre war er zwei Jahrzehnte lang als Komödiant und agiler Held actionbetonter Filme einer der erfolgreichsten Stars des europäischen Kinos.
- À pied, à cheval et en voiture (1957)
- Sonntagsfreunde (1958)
- Sei schön und halt den Mund (1958)
- Die sich selbst betrügen (1958)
- Leben und lieben lassen (1958)
- Ein Engel auf Erden (1959)
- Schritte ohne Spur (1959)
- Ausser Atem (1960)
- Der Panther wird gehetzt (1960)
- Stunden voller Zärtlichkeit (1960)
- Die Französin und die Liebe (1960)
- Die Nacht vor dem Gelübde (1960)
- … und dennoch leben sie (1960)
- Das Haus in der Via Roma (1961)
- Eine Frau ist eine Frau (1961)
- Eva und der Priester (1961)
- Galante Liebesgeschichten (1961)
- Sie nannten ihn Rocca (1961)
- Mit meinen Augen (1961)
- Riviera-Story (1961)
- Cartouche, der Bandit (1962)
- Ein Affe im Winter (1962)
- Der Teufel mit der weißen Weste (1962)
- Verrückte Seefahrt (1963)
- Bonbons mit Pfeffer (1963)
- Heißes Pflaster (1963)
- Die Millionen eines Gehetzten (1963)
- Abenteuer in Rio (1964)
- 100.000 Dollar in der Sonne (1964)
- Der Boss hat sich was ausgedacht (1964)
- Jagd auf Männer (1964)
- Dünkirchen 2. Juni 1940 (1964)
- An einem heißen Sommermorgen (1965)
- Elf Uhr nachts – Pierrot le Fou (1965)
- Die tollen Abenteuer des Monsieur L. (1965)
- Geliebter Schuft (1966)
- Brennt Paris? (1966)
- Der Dieb von Paris (1967)
- Casino Royale (1967)
- Ho! (1968)
- Das Superhirn (1969)
- Das Geheimnis der falschen Braut (1969)
- Dieu a choisi Paris (1969)
- Der Mann, der mir gefällt (1969)
- Borsalino (1970)
- Musketier mit Hieb und Stich (1971)
- Der Coup (1971)
- Der Halunke (1972)
- Der Mann aus Marseille (1972)
- Der Erbe (1973)
- Le Magnifique (1973)
- Stavisky (1974)
- Angst über der Stadt (1975)
- Der Unverbesserliche (1975)
- Der Greifer (1976)
- Der Körper meines Feindes (1976)
- Ein irrer Typ (1977)
- Der Windhund (1979)
- Der Puppenspieler (1980)
- Der Profi (1981)
- Das As der Asse (1982)
- Der Außenseiter (1983)
- Die Glorreichen (1984)
- Fröhliche Ostern (1984)
- Der Boss (1985)
- Der Profi 2 (1987)
- Der Löwe (1988)
- Der Unbekannte (1992)
- 101 Nacht - Die Träume des M. Cinema (1995)
- Les Misérables (1995)
- Désiré (1995)
- Alle meine Väter (1998)
- Peut-être (1999)
- Les acteurs (2000)
- Amazone (2000)
- Ein Mann und sein Hund (2008)