Der reiche Geschäftsmann und Schwerenöter vor dem Herren Stéphane Margelle ist gerade dabei, die süße 18-jährige Julie zu verführen, da wird er von seiner nach Hause kommenden Ehefrau überrascht. Kurzerhand vertuscht er den versuchten Ehebruch damit, dass er Julie als seine Tochter ausgibt.
Julie lässt sich auf das Rollenspiel ein und findet nach und nach Gefallen daran. Letztlich gefällt es ihr so gut, dass sie sich mit der Ehefrau anfreundet und länger zu Gast bleibt, als es Stéphane lieb ist …
Als Regisseur Georges Lautner und Jean-Paul Belmondo das letzte Mal zusammengearbeitet haben, entstand dabei Der Profi (1981), unter den französischen Actionfilmen der vergangenen Jahre ein Klassiker. Und jetzt? Boulevardtheater.
Gut, man kann den beiden immerhin nicht vorwerfen, mit Blick auf den schnellen Franc am Bahnhof einfach dasselbe nochmal gemacht zu haben, auch wenn Lautner mit seinem Ich-mache-alle-meine-Stunts-selbst-Hauptdarsteller Belmondo in diese Geschichte, in der es nach gar keiner Auto- oder am-Hubschrauber-hängen-Action verlangt ein paar Stuntszenen eingebaut hat, in denen Belmondo am Hubschrauber hängen oder mit dem Auto durch die mit Obstkisten vollgestellten Gassen von Nizza brettern und mit einem Rennboot durch Strandhäuser krachen darf. Diese Szenen sind ganz unorganisch in die Handlung geschnitten und laufen – wahrscheinlich, weil sie im übergeordneten Drehbuch überhaupt keinen Sinn ergeben – auch noch vorwärts, rückwärts und wieder vorwärts; damit die Zuschauer, die für den Film eine Eintrittskarte bezahlt haben, weil da "Belmondo" auf dem Plakat steht, wenigstens ein bisschen Erwartung erfüllt bekommen.
Mit diesem Film ist Jean-Paul Belmondo endgültig über sich selbst hinaus gewachsen. Es gibt keine Filmgeschichte mehr, der er noch glaubhaft Spannung geben könnte. Die Produzenten haben den Darling der Saison als zweite Hauptrolle gecastet, Sophie Marceau, die seit La Boum – die Fete im Herzen aller Franzosen wohnt – sie 18, er 51. Die Geschichte ist nun, dass er ein hemmungsloser Schürzenjäger ist, was er ja in seinen meisten Filmen ist – nur diesmal fallen die Frauen einfach so in sein Bett, ohne, dass er sich mit einer Actionstory drumrum besonders machen müsste – und über die junge Julie stolpert, ein Mädchen, das lockeren Umgang mit Jungs pflegt, sich gerne auszieht. Und dabei ziemlich lässig agiert. Und weil seine Ehefrau dazwischen kommt, müssen sich die beiden plötzlich als Vater und Tochter ausgeben. Im französischen tobt da jetzt zehn Minuten lang ein Dialogfeuerwerk, in dem Belmondo zeigt, dass er mehr kann, als schnell prügeln und halsbrecherisch die Kurven schneiden. Er kann auch sehr schnell reden und gestikulieren. Die atemlos rasante Szene, in der seine Ehefrau dazwischenfunkt, fällt im deutschen bedauerlicherweise der aufgesetzt wirkenden Synchronisation von Rainer Brandt zum Opfer, der Belmondo seit Der Unverbesserliche (1975) synchronisiert. Das wurde dem Franzosen nie ganz gerecht, weil er in der deutschen Fassung nur noch die zweite Hauptrolle hinter Brandts Stimm-Ego spielt, aber nun in "Fröhliche Ostern", einem intensiven Wörter-Ping-Pong geht alles verloren, was das Original an der ein oder anderen Stelle noch zu bieten hat.
Es geht um die Lüge und darum, wie deren Folgen nicht mehr einzufangen sind. Da wird der One-Night-Stand zu eigenen Tochter. Die bezeichnet sich plötzlich als schwanger. Es taucht die vermeintliche Mutter auf. Und ein Schwesterchen findet auch noch Platz. Und das alles in nicht mal 100 Minuten. Das Drehbuch tobt sich aus an alten Männern und jungen Frauen, am schulterzuckend akzeptierten Seitensprung, an Reich gegen Arm, Arbeiter gegen Bonzen. Belmondos Lust an solcher Klamotte und am Spiel mit der bezaubernden Marceau ist spürbar. Aber ein Boulevardstück, eine Tür-auf-Tür-zu-Verwechslungskomödie ist nicht sein Stoff. Er ist nicht glaubwürdig, zwar präsent, aber nicht im Sinne der Geschichte. Er ist einfach Belmondo und macht sein Ding, während drumherum Schauspieler einem Drehbuch folgen; eine Entwicklung, die sich in den zurückliegenden Filmen angebahnt hat und nun abgeschlossen scheint.
So, wie sein Name auf dem Plakat größer steht als der Filmtitel, ist auch Belmondo selbst größer als jede Actioncomedy, in der er agieren soll. Vielleicht sollte er es mal mit den französischen Klassikern versuchen. Molière oder Sartre, irgendeinem schweren Stoff.
Jean-Paul Belmondo im Kino

- À pied, à cheval et en voiture (1957)
- Sonntagsfreunde (1958)
- Sei schön und halt den Mund (1958)
- Die sich selbst betrügen (1958)
- Leben und lieben lassen (1958)
- Ein Engel auf Erden (1959)
- Schritte ohne Spur (1959)
- Ausser Atem (1960)
- Der Panther wird gehetzt (1960)
- Stunden voller Zärtlichkeit (1960)
- Die Französin und die Liebe (1960)
- Die Nacht vor dem Gelübde (1960)
- … und dennoch leben sie (1960)
- Das Haus in der Via Roma (1961)
- Eine Frau ist eine Frau (1961)
- Eva und der Priester (1961)
- Galante Liebesgeschichten (1961)
- Sie nannten ihn Rocca (1961)
- Mit meinen Augen (1961)
- Riviera-Story (1961)
- Cartouche, der Bandit (1962)
- Ein Affe im Winter (1962)
- Der Teufel mit der weißen Weste (1962)
- Verrückte Seefahrt (1963)
- Bonbons mit Pfeffer (1963)
- Heißes Pflaster (1963)
- Die Millionen eines Gehetzten (1963)
- Abenteuer in Rio (1964)
- 100.000 Dollar in der Sonne (1964)
- Der Boss hat sich was ausgedacht (1964)
- Jagd auf Männer (1964)
- Dünkirchen 2. Juni 1940 (1964)
- An einem heißen Sommermorgen (1965)
- Elf Uhr nachts – Pierrot le Fou (1965)
- Die tollen Abenteuer des Monsieur L. (1965)
- Geliebter Schuft (1966)
- Brennt Paris? (1966)
- Der Dieb von Paris (1967)
- Casino Royale (1967)
- Ho! (1968)
- Das Superhirn (1969)
- Das Geheimnis der falschen Braut (1969)
- Dieu a choisi Paris (1969)
- Der Mann, der mir gefällt (1969)
- Borsalino (1970)
- Musketier mit Hieb und Stich (1971)
- Der Coup (1971)
- Der Halunke (1972)
- Der Mann aus Marseille (1972)
- Der Erbe (1973)
- Le Magnifique (1973)
- Stavisky (1974)
- Angst über der Stadt (1975)
- Der Unverbesserliche (1975)
- Der Greifer (1976)
- Der Körper meines Feindes (1976)
- Ein irrer Typ (1977)
- Der Windhund (1979)
- Der Puppenspieler (1980)
- Der Profi (1981)
- Das As der Asse (1982)
- Der Außenseiter (1983)
- Die Glorreichen (1984)
- Fröhliche Ostern (1984)
- Der Boss (1985)
- Der Profi 2 (1987)
- Der Löwe (1988)
- Der Unbekannte (1992)
- 101 Nacht - Die Träume des M. Cinema (1995)
- Les misérables (1995)
- Désiré (1995)
- Alle meine Väter (1998)
- Peut-être (1999)
- Les acteurs (2000)
- Amazone (2000)
- Ein Mann und sein Hund (2008)