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Plakatmotiv: As der Asse (1982)

Belmondo besiegt die Nazis
und wird Vater eines Jungen

Titel Das As der Asse
(L'as des as)
Drehbuch Gérard Oury & Danièle Thompson & Horst Wendlandt
Regie Gérard Oury, Frankreich, BRD 1982
Darsteller

Jean-Paul Belmondo, Marie-France Pisier, Frank Hoffmann, Günter Meisner, Benno Sterzenbach, Rachid Ferrache, Yves Pignot, Hans Wyprächtiger, Gerd Roman Frosch, Tamara Kafka, Michael Gahr, Ali Soyhan, Hubert Münster, Christoph Lindert, Sonya Tuchmann, Martin Umbach, Gerhard Doleschall, Annia Perahim u.a.

Genre Abenteuer, Komödie
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
14. Januar 1983
Inhalt

Der Trainer des französischen Boxteams, George "Jo" Cavalier fährt 1936 mit seinen Sportlern zu den olympischen Spielen nach Berlin. Während seines Aufenthaltes wird Cavalier Zeuge wie die Nazis den Buchladen des Juden Rosenblum verwüsten. Daraufhin wendet sich Cavalier an den Deutschen Von Beckmann, mit dem ihn seit einer Konfrontation im Ersten Weltkrieg eine Freundschaft verbindet.

Gemeinsam helfen sie der Familie Rosenblum bei der Flucht nach Österreich. Groteskerweise landen sie dabei jedoch in Hitlers Anwesen auf dem Obersalzberg …

Was zu sagen wäre

Was ist los in Eurem Land?“, fragt der Trainer der französischen Box-Équipe seinen alten Freund Günther, der General in der deutschen Armee des Führers ist. Wir schreiben das Jahr 1936, die Olympischen Spiele von Berlin haben begonnen, da klingt diese Frage noch nicht so naiv, wie sie 45 Jahre später klingt, vier Jahre nach der bahnbrechenden, Augen öffnenden TV-Serie "Holocaust". Jean-Paul Belmondo, der stets strahlende Haudrauf-und-Schluss des französischen Kinos (s.u.), besiegt also im Alleingang die Nazis – und Hitler im Besonderen. Man weiß nicht, ob man lachen oder verschämt den Blick senken soll.

Beschäftigt man sich ernsthaft mit den Taten der Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945, dann ist dieser Film unmöglich! Es ist damals zu viel zu Schreckliches geschehen, als dass man sich so locker flockig, wie Gérard Oury (Das Superhirn – 1969) das hier tut, darüber hinwegsetzen und eine Actionfarce daraus machen dürfte, in der der Held alle Fährnisse einfach weg lächelt oder -prügelt.

Aber wir schreiben nicht nur das Jahr 1 nach Jäger des verlorenen Schatzes, in dem die Nazis kaum weniger alberne Clowns abgegeben haben als hier – vielleicht also steht dieser Film am Anfang einer Entwicklung, in der sich das Kino mit Lachern vom Schrecken der Nazis emanzipiert –; auf dem Regiestuhl sitzt auch Gérard Oury, der den Nazis nicht zum ersten Mal filmisch in die Weichteile tritt. Sein bis heute populärster Film ist "Drei Bruchpiloten in Paris" (1966) mit Louis de Funès und Bourvil, eine Komödie, die während der deutschen Besatzung von Paris spielt und mit 17 Millionen Besuchern jahrzehntelang der größte französische Kinoerfolg war. Auch seine Komödie "Die Abenteuer des Rabbi Jakob" (1973) wurde zu einem großen internationalen Kinohit. Darf man den Schrecken der Nazi-Herrschaft also für eine Filmkomödie zweckentfremden? Offensichtlich schon.

"Das As der Asse" ist sogar im deutschen Kinosessel lustig. Also: so lustig, wie eine Haudrauf-und-Schluss-Komödie mit mäßigem Schauspielpotenzial eben ist. Egal, aus welchem Land sie kommt. Letztlich ist der Film eine weitere Ausbeutung des Phänomens Belmondo. Diesmal turnt er ein wenig auf dem Pilotensitz eines Doppeldeckers herum, klettert über die Motorhaube eines dahin brausenden Mercedes-Benz 540 K und prügelt sich in gewohnter Manier mit Links-Rechts-Kombinationen durch die Szenen.

Das Drehbuch spielt eine untergeordnete Rolle. Das große Ziel des Helden ist es, seine Boxer zur Goldmedaille bei den Olympischen Spielen zu trainieren. Am Ende verfolgt er die Schlusssekunden des entscheidenden Kampfes engagiert an einem Volksempfänger, während ein irritierter Adolf Hitler das Zimmer betritt. Und das war's dann mit dem großen Ziel. Denn längst ist Simon wichtiger als alles andere. Simon ist ein kleiner – und vor allem jüdischer – Junge, den es vor den – 1936 für Auswärtige noch lediglich fragwürdigen – Nationalsozialisten zu retten gilt, inklusive seiner Familie; und das Drehbuch will es, dass alle zusammen irgendwann in Hitlers Hauptquartier am Obersalzberg landen, obwohl man als Zuschauer den Führer während der Olympischen Spiele 1936 ja eigentlich in Berlin erwarten können sollte. Das dramaturgische Ziel des Films wechselt bald von Goldmedaille auf jüdische Familie über die österreichische Grenze retten. Und hier tun sich der Boxtrainer, der zwar mit Vornamen eigentlich Georges heißt, sich der internationalen Vermarktbarkeit des vorliegenden Films halber aber "Jo" rufen lässt, mit seinem deutschen Kumpel aus dem Ersten Weltkrieg, Günther, zusammen. Die beiden haben sich damals über den qualmenden Schützengräben ein ausdauerndes Gefecht, Doppeldecker gegen Dreidecker, geliefert, das – je nach Perspektive – am Ende irgendwie unentschieden ausging. Seitdem sind die beiden Freunde – ein schönes Beispiel französisch-deutscher Völkerverständigung, das auch der einfache, Popcorn futternde Durchschnittszuschauer diesseits und jenseits der Grenze versteht. Günther jedenfalls ist im aufkommenden Nazi-Deutschland General, der an entscheidenden Stellen des Drehbuchs Zugriff auf Flugzeuge oder seinen Dienst-Mercedes hat – und gezwungen ist, am Ende mit einer Schwester des Führers in den Sonnenuntergang zu fahren – so viel Strafe muss sein für einen deutschen Nazi-General in einer französischen Prügelkomödie. Aber auch das ist schon nicht mehr wichtig in dem Moment, wo er ein letztes Mal aus dem Bild fährt.

Jean-Paul Belmondo hingegen endet im Standbild, in Umarmung mit dem kleinen Simon auf der anderen Seite der deutsch-österreichischen Grenze, also in Sicherheit, in der nun auch Simons ganze Familie ist sowie ein kleiner Braunbär namens "Beethoven", der sich während der Flucht den beiden angenähert hat, während seine Mutter verzweifelt und alleine im ursprünglich heimischen Wald zurückblieb. Ja, genau: Das ist alles ein bisschen Häh??. In den zurückliegenden Jahren hat sich Jean-Paul Belmondo abwechselnd in irren Komödien und einigermaßen spannenden Actionfilmen inszenieren lassen; das gipfelte im vergangenen Jahr in seiner Rolle als Ex-Agent Joss Beaumont, der sich humorlos gegen seine ehemaligen Vorgesetzten und Freunde durchsetzen muss. Jetzt folgt wieder eine leichte Komödie, deren Nazi-Schwere verringert wird durch den jungen Simon: Belmondo, der mit Der Profi, da war er 48 Jahre alt, am altersmäßig oberen Ende des kompromisslosen Actionhelden angekommen ist, entdeckt die Vater-Rolle für sich. Angesichts des locker-flockigen Umgangs mit der Historie an dieser Stelle weiß man allerdings nicht, ob man sich nun freuen oder doch eher fürchten soll.

Das einzige, was der Mann dem Jungen mit auf den Weg ins Leben geben kann, ist, wilde Bären in den Arm zu nehmen und sich jederzeit und überall durchzuprügeln.

Darüber freilich hätte auch der Nazi nur gelacht.

Wertung: 4 von 9 D-Mark
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