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Kinoplakat: Mulan

Frauen sind die besseren Männer

Titel Mulan
(Mulan)
Drehbuch Robert D. San Souci + Rita Hsiao + Chris Sanders + Philip LaZebnik + Raymond Singer + Eugenia Bostwick-Singer u.v.a.
Regie Tony Bancroft & Barry Cook, USA 1998
Stimmen

Ming-Na Wen, Cosma Shiva Hagen, Lea Salonga, Caroline Vasicek, Eddie Murphy, Otto Waalkes, B. D. Wong, Hannes Jaenicke, Donny Osmond, Stefan Erz, Harvey Fierstein, Tommi Piper, Gedde Watanabe, Wilfried Herbst, Matthew Wilder, Uwe Adams, Jerry Tondo, Markus Majowski, Jerry Tondo, Sebastian Krumbiegel, Miguel Ferrer, Oliver Stritzel, June Foray, Tilly Lauenstein, Marni Nixon, Alice Franz, Miriam Margolyes, Evelyn Meyka, George Takei, Wolfgang Dehler, Soon-Tek Oh, Horst Buchholz, James Hong, Ernst Wilhelm Lenik, Pat Morita, Friedrich Schoenfelder u.a.

Genre Zeichentrick
Filmlänge 88 Minuten
Deutschlandstart
19. November 1998
Website WaltDisney.org
Inhalt

Kinoplakat: Mulan

Fa Mulan lebt im mittelalterlichen China – also zur falschen Zeit am falschen Ort; jedenfalls aus ihrer Sicht. Das intelligente Mädchen leidet sehr unter der Rollenvorstellung ihrer Familie. Aus Liebe zu ihren Eltern, deren einziges Kind sie ist, ordnet sie sich aber unter und stellt sich wie gewünscht zusammen mit vielen anderen Töchtern einer Heiratsvermittlerin vor. Durch allerlei Missgeschicke wird der Besuch zum Desaster und vor allen Leuten blamiert muss sie nach Hause zurückkehren. Ihr Vater reagiert aber trotz seiner Enttäuschung freundlich und tröstet Mulan.

Dann kommt der Einberufungsbefehls. Ihr Vater muss für den Kaiser gegen die Hunnen in den Krieg ziehen. Aber ihr Vater ist alt und krank, geht am Stock. Kurzentschlossen verkleidet sie sich als Mann und nimmt den Platz ihres Vaters in der kaiserlichen Armee ein.

Ihre Eltern haben keine Chance, Mulan zurückzuholen, ohne sie zu verraten – auf das Verkleiden als Mann steht die Todesstrafe. Ihre Großmutter betet daraufhin zu den Urahnen der Familie, damit sie Mulan beschützen.

Und tatsächlich tut sich was im Schrein der Familienahnen: Sämtliche Ahnen erscheinen als Geister und beraten darüber, wie Mulan gestoppt werden kann, ohne enttarnt zu werden und die Ehre der Familie zu beschmutzen. Durch ein tollpatschiges Missverständnis wird der kleine Drache Mushu entsandt, Mulan zu helfen; Mushu war mal einer der Wächter, bevor ein Auftrag schieflief und er jetzt als Strafe nur noch den Gong schlagen darf. Er eilt Mulan hinterher mit dem Plan, sie zu einer Kriegsheldin zu machen, statt sie zurückzuholen, um sich wieder als Wächter zu etablieren.

Mushu holt Mulan vor dem Lager ein und bietet seine Hilfe an, die die mittlerweile ängstliche Mulan annimmt. Mushu hat aber gar nicht vor, Mulan zurückzuholen, er will sie zu einer Kriegsheldin machen, um sich wieder als Wächter zu etablieren. Im Lager versucht sich Mulan, wie ein Mann zu geben. Ihre Mitrekruten allerdings, die an seinem Geschlecht gar nicht zweifeln, finden sie allenfalls doof und hänseln sie dauernd. Und ihr Ausbilder und Hauptmann Shang hält sie für ungeeignet. Als er sie schon nach Hause schicken will, weil sie nicht so stark wie die anderen ist, beweist sie ihm aber, dass sie durch ihre Intelligenz ihre körperliche Unterlegenheit wettmachen kann, indem sie eine Aufgabe löst, an der alle anderen gescheitert sind. In der Folge gewinnt sie den Respekt ihrer Mitrekruten und auch Freunde, hat aber immer wieder Probleme, ihr Geschlecht geheim zu halten. Zudem fühlt sie sich sehr zu Shang hingezogen.

Auf dem Feldzug gegen Hunnenführer Shan-Yu kann Mulan durch eine List die Hunnenvernichtend schlagen, waird dabei aber verwundet. Sie fliegt auf, wird aus der Truppe verbannt. Jetzt hat sie nur noch Mushu und die Glücksgrille Kriki, die ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Während Shang in Peking zur Siegesparade antreten, beobachtet Mulan, dass Shan Yu und fünf seiner Gefolgsleute überlebt haben. Sie eilt nach Peking und versucht, Shang und ihre Freunde auf die Gefahr aufmerksam zu machen …

Was zu sagen wäre

Die Walt Disney Studios wollen ihre Chancen auf dem asiatischen Markt verbessern und liefern als Gastgeschenk die Verfilmung einer chinesischen Legende. Das Gastgeschenk ist ein überzeugendes Argument, ein wunderscöner, mitreißender Film.

Frauen sind die besseren Männer

Nach der Häuptlingstochter Pocahontas (1995) und der ins Lesen verliebte Belle ist das gewitzte chinesische Mädchen erst die dritte Disney-Heldin, die nicht in erster Linie auf ihren Prinzen wartet, die statt dessen ganz andere Interessen verfolgt. Mit Titelheldinnen hat Disney ja einige Erfahrung, aber egal ob Schneewittchen oder Cinderella oder Dornröschen oder Arielle – es war immer der Kerl, der sie erlösen musste, um ihre Geschichte zu vollenden. Des Glöckners Esmeralda brauchte zwar auch keinen Mann, war aber keine Titelheldin. Zwar wird auch Mulan in der Männerwelt Chinas letztlich von einem Mann gerettet. Aber den heiratet sie dann nicht und der, den sie dann heiraten wird, kommt zu ihr (gekrochen) mit lauter Entschuldigungen. sie ist die Starke, er nur charmantes, schmückendes Beiwerk.

Sehr nebenbei und sehr im Trend haben ausgerechnet die konservativen Disney-Studios da in ihrem traditionellen Zeichentrickfilm einen Diskurs über Frauen- und Männerklischees eröffnet. „Du hast Ping vertraut“, herrscht Mulan, die sich in ihrer Männerrolle Ping nannte, ihren Hauptmann an, „warum also nicht Mulan?“ Und Shang kann die Frage nicht beantworten. Disney wird nun nicht plötzlich progressiv werden, aber dem Zeitgeist zu folgen hat eben manchmal interessante Nebeneffekte. Natürlich kommt auch die neue Superfrau nicht ohne die Hilfe der guten Freunde aus: Als Mulan mit ihrer Cleverness die Hunnen im Alleingang besiegt hat und wehrlos von einer Lawine verschüttet zu werden droht, sind ihre eben noch zweifelnden Kameraden unter Einsatz ihres eigenes Lebens zur Stelle. Teamwork – auch so ein Zeitgeist-Traum.

Ein Klassiker unter den Meisterwerken

"Mulan" gehört in die Riege der Klassiker aus den Disney-Studios – gleich neben Schneewittchen, Bambi, Peter Pan, Dschungelbuch, Aristocats, Robin Hood und König der Löwen. Es ist eine gewaltige Erzählung, wunderschön animiert – die Hunnenhorden imposant, die Kirschblüten-Romantik gänsehautig, alles wirkt, wie auf chinesischem Papyrus gezeichnet – und smart in Szene gesetzt. Das Bild einer verwaisten Puppe, das nach Schlachten/Katastrophen gerne als Herz-Grabscher genommen wird, um zu zeigen, dass auch Kinder unter den Opfern sind (ohne tote Kinder zeigen zu müssen), findet hier eine zur Abwechslung mal wirklich berührende Variante, wenn Mulan diese Puppe, die zuvor in den Händen des grausamen Hunnen schon als (visuelle) Drohung inszeniert war, auf das Grab eines gefallenen Generals stellt – eine schöne Miniatur.

Kinoplakat: Mulan

Der grausame Hunne gibt als Schurke nicht viel her. Anders als etwa der zum Brüllen komische grausame Hades im letztjährigen Hercules ist der aktuelle Schurke tatsächlich einfach ein grausamer Krieger, humorlos, herzlos, Hunne halt. Eine weitere Comicfigur wäre aber auch zu viel gewesen, der Film "Mulan" ist ein dramatisches Abenteuer, keine Komödie. Das unbedingt Böse im Schurken führt zur Skizze einer saturierten Gesellschaft. Die Menschen im Kaiserreich leben im Frieden, werden dick, knurrig, eifersüchtig. Erst der Schurke, der äußere Feind mobilisiert ihre Gemeinsamkeit, die sich dann in einer fröhlichen, mit dem Song "Be a Man" unterlegten Trainingssequenz Bahn bricht. Und mittendrin das Mädchen Mulan, das einfach zum allerbesten Mann wird.

Der komische Drache und die putzige Glücksgrille

Aber selbstverständlich brauchen Disney-Filme einen Clown und sie haben sich bei William Shakespeare bedient, der noch in seinen blutigsten Königsdramen immer ein, zwei komische Figuren einbaute, die für den comic relief sorgten, den befreienden Lacher – damals waren das meisten satirische Spitzen gegen die herrschende Klasse, in "Mulan" sind das der Drache Mushu und die Glücksgrille Kriki. Sie übernehemen den Part, den Kindern im Publikum zu erklären, dass man sich nie selbst belügen darf – und schon gar nicht seine Freunde

Während Kriki nicht spricht, wird Mushu, der kleine Drache von Eddie Murphy synchronisiert (im deutschen von einem wunderbar zurückhaltenden Otto Waalkes). Murphy macht einen brillanten Job, wenn man bedenkt, dass seine Kodderschnauze hier nicht live in die Kamera blödelt, sondern auf einen gezeichneten, kindgerechten Drachen passen muss. Mushu gehört zu den komischsten Figuren in Disneys Zeichentrickuniversum und wenn Mushu dem bösen Hunnen Shan-Yu am Ende entgegen schleudert „Ich  bin dein größter Albtraum“, dann ist das eine schöne kleine Reminiszenz an Murphys Durchbruch mit Nur 48 Stunden (1982), wo er das einer Horde Rednecks in einer Bar entgegenschleudert.

"Mulan" ist, für Disney-Verhältnisse, ein düsteres, sehr moralisches Werk mit viel Respekt vor dem asiatischen Markt.

Wertung: 11 von 11 D-Mark
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