Belle, dem Mädchen aus dem kleinen französischen Städtchen geht die engstirnige Provinzialität ihrer Nachbarn auf die Nerven. Es ist nicht Belles vornehmster Wunsch, zu heiraten und Kinder zu kriegen. Sie liest gerne, träumt davon, die weite Welt zu entdecken. Hier daheim gibt es nur Gaston.
Gaston ist ein Schnösel. Hochangesehen im Ort. Er findet ja, Frauen sollten nicht lesen; wozu sollen die das brauchen? Aber Belles Vater Maurice, der glücklose Erfinder, den Belle so über alles liebt und den die Nachbarn für verrückt halten, wünscht sich so sehr, dass Belle Gaston Werben erhört und seine Frau wird. Ihrem Vater kann Belle so schwer einen wunsch abschlagen.
Aber ihr Vater ist verschwunden. Er war auf dem Weg zum Markt in die nächste Stadt, verirrte sich im dunklen Wald und hat Zuflucht gefunden in einem düsteren Schloss. Dort macht er Bekanntschaft mit verzauberten Schlossbewohnern, lebenden Gegenständen, die sich aber äußerst zuvorkommend um ihn bemühen, so dass er seine Scheu verliert. Bis ..., ja, bis der hausherr in der Tür steht, ein jähzorniges Biest, das sich auf ihn stürzt und in den Kerker wirft.
Belle erfährt davon, weil Maurices Pferd ohne Maurice zurück kommt. Sie macht sich auf die suche und kommt ebenfalls zu dem Schloss und findet den kranken Maurice im Kerker, der sie inständig bittet, sofort zu fliehen. Sie fleht das furchtbar erscheinende Biest an, ihren Vater frei zu lassen, und bietet sich zum Tausch an. Sie verspricht, für immer im Schloss zu bleiben, wenn das Biest ihren Vater gehen lässt.
Maurice sucht Hilfe bei den Bauern im Wirtshaus, aber die lachen ihn ob seiner abstrusen Geschichte nur aus. Gaston allerdings, der düpierte Snob, hat eine Idee, wie er Belle doch noch zu seiner Frau machen kann.
Im Schloss sind die verzauberten Bewohner in heller Aufregung; sie sehen in Belle das Mädchen, das den Fluch brechen könnte, den über dem Biest hängt. Wenn sie sich nur in ihn verlieben würde und der Hausherr nicht so jähzornig …
Es fängt so klassisch Disney an, dass man sich im falschen Jahrzehnt wähnt. Ein Mädchen (Belle) geht durch die Straßen des Städtchens und besingt ihre Andersartigkeit und die einwohner des Städtchens singen, dass sie schon komisch sei „innen drin“ und wir erfahren, dass sie Bücher auch dreimal liest und der schöne Prinz „erst in Kapitel 3“ auftaucht. Das alles sieht aus, als wäre Disneys „Schneewittchen“ wieder auferstanden – genauso alt, genauso hausbacken.
In dieser Anfangsszene, in der sich Belle auch den Nachstellungen des attraktiven und strunzdummen Gaston widersetzen muss, wirkt sie so gouvernantenhaft Deborah-Kerr-mäßig in „The King and I“ (1956). Dann kommt Knuddel-Papa Maurice ins Spiel und Disney der Neuzeit gewinnt die Oberhand.
Ein klassischer Disney-Stoff als Disney-Film. „Beauty and the Beast“ vereint Märchen, Abenteuer und die große Romantik … und verdreht Geschlechtsklischees. Diesmal muss der Prinz durch den Kuss der Liebe erlöst werden, diesmal ist das Mädchen gar nicht so scharf auf Kirche, Küche, Kinder. Das ist bezaubernd.
Die Heldin ist schlagfertig, der Schnösel zum Hassen eitel. Die Bewohner des Schlosses sind ganz wunderbar lebendiges und fürsorgliches Geschirr, des Biestes Schicksal herzergreifend furchtbar und durch eine welkende Rose eingängig dramatisiert. Selbst der Gesang stört, abgesehen von „Unsere Stadt“, dem erwähnten ersten Song, nicht – singende Teekannen und Kronleuchter mit französischem Akzent hören sich leichter, als in Baumwipfeln schmachtende Mädchen. Aber vor allem anderen sind die Songs elegant und detailreich bebildert. „Sei hier Gast“, wenn das Schlosspersonal der armen Belle auffährt, was die Küche zu bieten hat, ist ein Kracher – optisch, musikalisch, szenisch. Die Musik von Alan Menken und der Song „Beauty and the Beast“ wurden jeweils mit dem Oscar ausgezeichnet.
Im Zentrum des Films gibt es eine Tanzszene. La Belle et la bête, nach einem dramatischen Kampf gegen Wölfe im nächtlichen Wald zunehmend zueinander hingezogen, tanzen in einem imposanten Ballsaal. Da schwebt die (imaginäre) Kamera von der Decke auf Gesichtshöhe herunter und umkreist die Tanzenden, lässt sich vom romantischen Schwung der Szene mitreißen und explodiert in tausend Farben. Hier haben Gary Trousdale und Kirk Wise eine Disney-Szene geschaffen, die für immer bleiben wird. Sie wirkt, als hätten sie den großen Tanz im Ballsaal des Schlosses aus Cinderella (1950) nochmal – und jetzt richtig – designen wollen – ohne diese lästigen Begrenzungen durch die damalige, analoge Bildtechnik. „Beauty and the Beast“ ist überhaupt so ein Best-of-Disney-Classics. Mrs Potts und ihr Junge Chip sind zum Beispiel eine Hommage an die tanzenden Teekannen aus Alice im Wunderland (1951).
Herausragend auch der Prolog in Form von Bleiglasfenstern, in denen der Fluch des jungen, schnöseligen Prinzen erzählt wird, der ihn zum Biest macht. Die welkende Rose mit ihrem hängenden Kopf unter Glas ist ein leuchtender Traum in Melancholie; wenn ihr letztes Blatt fällt und niemand sich in Biest verliebt, muss der verwunschene Prinz das Biest für immer bleiben. Dass er sich dann am Ende in einen veritablen blonden Sigfried verwandelt, ist dem Zeitgeist des Hollywoodkinos geschuldeet und sicher keine schmalzige Absicht.
„Die Schöne und das Biest“ gerät zum zeitlosen Klassiker im Disney-Universum. Da wäre man gerne länger Gast:
It is with deepest pride and greatest pleasure that we welcome you tonight.
And now we invite you to relax, let us pull up a chair as the dining room proudly presents - your dinner!
2017 brachten die Disney-Studios eine Realfilm-Version des Märchens in die Kinos, die sich eng an die Trickfilmversion anlehnt.
Kinoproduktionen aus der Reihe "Disneys Meisterwerke" ("Disney‘s Classics")
- Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937)
- Pinocchio (1940)
- Fantasia (1940)
- Dumbo (1941)
- Bambi (1942)
- Saludos Amigos (1943)
- Drei Caballeros (1944)
- Make Mine Music (1946)
- Fröhlich, Frei, Spaß dabei (1947)
- Musik, Tanz und Rhythmus (1948)
- Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte (1949)
- Cinderella (1950)
- Alice im Wunderland (1951)
- Peter Pan (1953)
- Susi und Strolch (1955)
- Dornröschen (1959)
- 101 Dalmatiner (1961)
- Die Hexe und der Zauberer (1963)
- Das Dschungelbuch (1967)
- Aristocats (1970)
- Robin Hood (1973)
- Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh (1977)
- Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei (1977)
- Cap und Capper (1981)
- Taran und der Zauberkessel (1985)
- Basil, der große Mäusedetektiv (1986)
- Oliver & Co. (1988)
- Arielle, die Meerjungfrau (1989)
- Bernard und Bianca im Känguruland (1990)
- Die Schöne und das Biest (1991)
- Aladdin (1992)
- Der König der Löwen (1994)
- Pocahontas (1995)
- Der Glöckner von Notre Dame (1996)
- Hercules (1997)
- Mulan (1998)
- Tarzan (1999)
- Fantasia 2000 (1999)
- Dinosaurier (2000)
- Ein Königreich für ein Lama (2000)
- Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt (2001)
- Lilo & Stitch (2002)
- Der Schatzplanet (2002)
- Bärenbrüder (2003)
- Die Kühe sind los (2004)
- Himmel und Huhn (2005)
- Triff die Robinsons (2007)
- Bolt – Ein Hund für alle Fälle (2008)
- Küss den Frosch (2009)
- Rapunzel – Neu verföhnt (2010)
- Winnie Puuh (2011)
- Ralph reichts (2012)
- Die Eiskönigin – Völlig unverfroren (2013)
- Baymax – Riesiges Robowabohu (2014)
- Zoomania (2016)
- Vaiana – Das Paradies hat einen Haken (2016)
- Chaos im Netz (2018)
- Die Eiskönigin II (2019)
- Raya und der letzte Drache (2021)
- Encanto (2021)
- Strange World (2022)
- Wish (2023)