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Plakatmotiv: Robin Hood (Walt Disney, 1973)

Ein fröhliches Abenteuer mit
einem grandiosen Peter Ustinov

Titel Robin Hood
(Robin Hood)
Drehbuch Larry Clemmons + Ken Anderson + Vance Gerry + Frank Thomas + Eric Cleworth + Julius Svendsen + David Michener
Regie Wolfgang Reitherman, USA 1973
Stimmen

Brian Bedford, Claus Jurichs, Phil Harris, Edgar Ott, Peter Ustinov, Andy Devine, Hans Schwarz, Jr., Terry-Thomas, Klaus Miedel, Roger Miller, Reinhard Mey, Pat Buttram, Martin Hirthe, Monica Evans, Susanne Tremper, Carole Shelley, Inge Wolffberg, George Lindsey, Jo Herbst, Ken Curtis, Erich Fiedler, Ursula Krieg, John Fiedler, Knut Hartwig, Barbara Luddy, Eva Lissa, J. Pat O’Malley, Richard Handwerk, Arnold Marquis, Candy Candido, Arnold Marquis, Billy Whitaker, Oliver Rohrbeck, Dana Laurita, Madeleine Stolze, Dora Whitaker, Irina Mink, Richie Sanders, Corinna Fehrs, Joachim Cadenbach u.a.

(aufgeführt sind die Original- und die deutschen Synchronstimmen)

Genre Zeichentrick
Filmlänge 83 Minuten
Deutschlandstart
13. Dezember 1974
Website WaltDisney.org
Inhalt

Es ist eine dunkle Zeit in England. König Richard ist auf Kreuzzug in einem fernen Land. Daheim hat Prinz John die Macht an sich gerissen. Er drangsaliert das Volk mit steuern und treibt das Land in den Ruin.

Robin Hood und sein Freund Little John legen sich in der Grafschaft Nottingham regelmäßig mit der Macht im Land an, indem sie Gold und Juwelen rauben und an die Armen verteilen; gerade haben sie Prinz John die staatskasse buchstäblich unter dem Hintern weg geklaut. Wie üblich verteilen Robin und Little John das Gold an die Armen, doch der erbarmungslose Sheriff von Nottingham raubt den Leuten als Steuereintreiber auch den letzten Penny.

Selbst der kleine Skippy wird um sein Geburtstagsgeschenk erleichtert, einen von der Familie mühsam zusammengesparten Penny. Robin schenkt dem Kleinen zum Trost einen Bogen und Skippy geht ihn mit seinen Freunden überglücklich ausprobieren. Voller Elan schießt er den Pfeil bis in den königlichen Garten, wo Maid Marian und ihre Zofe Lady Kluck Federball spielen. Entschlossen, sein einziges Geschenk dieses Mal zu verteidigen, schleicht Skippy in den Garten und freundet sich mit Marian an.

Die Maid indes wartet immer noch auf ein Zeichen von Robin Hood. In Kindertagen waren die beiden ineinander verliebt und Marian fürchtet, Robin könne sie vergessen haben. Robin sitzt gleichzeitig im Sherwood Frorrest, denkt an Marian und fürchtet, sie könne ihn vergessen haben.

Beide sehen sich schneller wieder, als gehofft, denn Prinz John hat zum Turnier gerufen. Der beste Bogenschütze der Grafschaft soll ermittelt werden. Ein gefundenes Ziel für Robin, denn als erster Preis winkt ein Kuss der holden Maid Marian.

Das Turnier ist eine Falle, ersonnen von Sir Hiss, dem zischelnden Helfer des bösen Prinzen. Robin Hood werde sicher in guter Verkleidung zum Turnier erscheinen, zischt er. Aber da außer Frage stehe, dass er das Turnier gewinnen werde, sei er hiter egal welcher Verkleidung leicht auszumachen. Robin ahnt die Falle natürlich – aber auf Marians Kuss, auf einen letzten Blick in ihre Augen, will er auch nicht verzichten …

Was zu sagen wäre

Die Filme aus der „Meisterwerke“-Serie (s.u.) sind Meisterwerke der Zeichen- und Malkunst, die zum Leben erweckt werden durch ihre Charaktere, weniger durch ihre Geschichten – sofern überhaupt eine vorhanden ist; Alice im Wunderland, auch Dschungelbuch kommen mit einem Minimum an Story aus. „Robin Hood“ hat – für Disney-Verhältnisse – eine geradezu komplexe Story. Und der Film präsentiert bis dato meine Lieblingsnebenfigur: Lady Kluck.

Lady Kluck, Kammerzofe von Maid Marian in Walt Disneys Robin HoodDie legendäre Lady Kluck

Die Amme und Kammerzofe der holden Maid Marian wird durch eine gut genährte Henne verkörpert, die mit dem gewohnt strengen Blick – den wir von allen Kammerzofen aus allen Robin-Hood- und anderen Filmen mit Prinzessinnen kennen – und hingebungsvoller Fürsorge über die Unversehrtheit ihrer Schutzbefohlenen wacht. Wir lernen Lady Kluck kennen, als Skippy seinen Pfeil wiederhaben will; da spielt sie Federball mit Marian – der erste große Auftritt. Ihr Umgang mit den Kindern: goldig, warm und fürsorglich. Wenn sie nach dem Bogen-Turnier gegen die Nashörner der Palastwache anrennt und die wie ein guter Footballspieler aus dem Weg räumt: Großartig, fantastisch animiert, zum Brüllen komisch … SÜSS!!!

Die Regie hat wieder Wolfgang Reithermann übernommen, gebürtiger Münchner und seit 101 Dalmatiner Haus-Regisseur der „Meisterwerke“-Serie, nachdem er in den 1950er Jahren sein Handwerk an einzelnen Charakteren in den füheren Disney-Filmen zur Reife gebracht hat. Reithermann hat Sinn für Effizienz, übernimmt ungeniert bestehende Animationen aus seinen früheren Filmen und setzt die aktuellen Charaktere drüber: Little John tanzt mit Lady Kluck – das ist 1:1 Balus Tanz mit King Louie aus dem Dschungelbuch. Überhaupt ist Little John, auch ein Bär, ein sehr enger Verwandter des gemütlichen Balu. Ein Hase aus Skippys Familie spielt Schlagzeug – das ist nahezu framegenau identisch mit der Siamkatze aus Aristocats. Auch Robin und Marian tanzen die Bewegungen nach, die O'Malley und Duchess vorgemacht haben. In dem zischelnden Sir Hiss lerlebt die Boa Kaa aus dem Dschungelbuch ihre Auferstehung (wenn auch als kleineres Exemplar).

Die Post-Walt-Disney-Ära hat begonnen

Die Disney-Filme haben immer auch bestochen durch eine Disziplin, die auf den ersten Blick nicht auffällt: Die aufwändig animierten Figuren brauchen Stimmen. Meistens holt sich Disney britische Talente vors Mikrofon – wenn echter US-Slang erklingt, dann meist bei den Straßentieren wie O'Malley oder Strolch. Manche Stimme wurde durch die Synchronarbeit prominent; Edgar Ott zum Beispiel wurde als deutscher Balu unsterblich. In diesem ersten Film, der ganz ohne den direkten Einfluss des 1966 verstorbenen Walt Disney entstanden ist, taucht erstmals eine Synchronstimme auf, die schon vorher berühmt war: Peter Ustinov („Hammersmith ist raus“ – 1972; „Die Stunde der Komödianten“ – 1967; „Topkapi“ – 1964; „Spartacus“ – 1960; „Wir sind keine Engel“ – 1955; „Quo Vadis“ – 1951) spricht Prinz John (und König Richard). Das muss ihm einen höllischen Spaß gemacht haben. Ustinov wirft sich mit Verve in die Boshaftigkeit des Usurpators und in die Dämlichkeit des Daumen lutschenden Muttersöhnchens. Er synchronisiert John auch in der deutschen Synchronfassung – auch da mit Lust und Genie.

Man darf vermuten, dass Walt Disney die düstere Tonalität des geknechteten Volks abgemildert hätte. Legendär sein Einfluss auf das Dschungelbuch, das er von einem düsteren Entwurf zu einem fröhlichen Singspiel umbauen ließ. Bislang schien es unvereinbar, das Elend unterdrückter Untertanen und der bunte Zeichentrick. in „Robin Hood“ gelingt das sehr gut, gibt dem – immer noch – fröhlichen Film die nötige Tiefe, mit der man dann auch eine echte Geschichte erzählen kann. So markiert „Robin Hood“ nicht nur den Beginn der Ära nach Walt Disney. Er markiert möglicherweise eine Zeitenwende im Disney-Zeichentrick. Die Zeit der Filme mit harmlosen, vom Prinzen träumenden Prinzessinnen, die Zeit sülicher Romantik geht zu Ende; die neuen Herren im Disney-Imperium wollen Abenteuer, Drama – und süße Figuren.

Wertung: 8 von 8 D-Mark
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