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Plakatmotiv: Wish (2023)

Disney feiert seinen 100. Geburtstag
mit zitatgesättigtem, süßlichem Kino

Titel Wish
(Wish)
Drehbuch Jennifer Lee & Allison Moore & Chris Buck
Regie Chris Buck + Fawn Veerasunthorn, USA 2023
Stimmen

Ariana DeBose, Patricia Meeden, Chris Pine, Alexander Doering, Alan Tudyk, Stefan Kaminski, Angelique Cabral, Jana Werner, Victor Garber, Freimut Götsch, Natasha Rothwell, Rubina Nath, Harvey Guillén, Michael Ernst, Ramy Youssef, Dirk Stollberg, Evan Peters, Amadeus Strobl, Della Saba, Julia Willecke, Jon Rudnitsky, Julien Haggège, Niko Vargas, Elisa Bannat, Jennifer Kumiyama, Hazel Brugger, Keone Young, Sebastian Borucki, Heather Matarazzo, Leni Leßmann, Nasim Pedrad,  Marie-Isabel Walke, Nicole Lynn Evans, Marion Musiol, Lucas Sigler, Balthazar Gyan Alexis Kuppuswamy, Rosa Blankenburg, Woody Buck, Yoshij Grimm, Holland Watkins, Saskia Glück u.a.

(aufgeführt sind Original- und die deutsche Synchronstimmen)

Genre Animation, Abenteuer
Filmlänge 95 Minuten
Deutschlandstart
30. November 2023
Inhalt

Asha, ein 17 Jahre altes sowie durch und durch optimistisches Mädchen mit einem scharfen Verstand und einer großen Hingabe an ihre Lieben, lebt im sogenannten Königreich der Wünsche, in dem tatsächlich jeder Wunsch in Erfüllung gehen kann.

In einem Moment der Verzweiflung schickt sie einen Wunsch in Richtung Himmel, der von einer kosmischen Kraft beantwortet wird: einem kleinen Ball aus unendlicher Energie namens Star. Jeder im Königreich spürt Stars Anwesenheit, und König Magnifico fühlt sich von ihr eingeschüchtert. Trotz Amayas Bitten, es nicht zu tun, wendet er verbotene dunkle Magie an, um seine Machtposition zu erhalten, während seine Untertanen an seiner Art zu regieren zu zweifeln beginnen.

Gemeinsam mit Star und ihrer Ziege Valentino stellt sich Asha dem bösen König und beweist, dass der Wunsch einer entschlossenen Person in Verbindung mit der Magie der Sterne Wunder bewirken kann …

Was zu sagen wäre

Sie sind die gefährlichsten Waffen der Welt. Weil sie sie aus den Angeln heben können: Wünsche. Wünsche – andere nennen sie Träume – treiben Menschen zu Höchstleistungen an, lassen sie Dinge tun, die sie sich eigentlich gar nicht zugetraut haben.

Wünsche und Träume sind also nichts, was sich Potentaten und Diktatoren bei ihrem Volk wünschen. Also tun sie alles, damit das Volk, nun ja, wunschlos glücklich ist. Sie geben ihm Brot und Spiele, lassen ihm über das Fernsehen und Internet erzählen, wie fantastisch alles im Land funktioniert, und wenn das alles nicht für die Zufriedenheit reicht, wird noch ein Feind von außen beschworen, gegen den man jetzt zusammenstehen muss. Wenn auch das nicht hilft, das Volk dennoch aufbegehrt, wird das Volk mit Gewalt niedergeknüppelt.

Herzlich Willkommen im Königreich Rosas. Hier herrscht der freundlich auftretende, aber ein bisschen zu viel in sein Spiegelbild verliebte König Magnifico. Sein Plus: Er verspricht jedem Untertan, diesem seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen. Dafür aber muss jeder Untertan zum 18. Geburtstag ihm, dem Herrscher, diesen Wunsch in Obhut geben, auf dass dieser darüber wacht und ihm, dem Untertan, diesen eines Tages – vielleicht – erfüllt. Bis es soweit ist, vergisst der Untertan seinen sehnlichsten Wunsch. Für König Magnifico hat das den das Herrschen sehr vereinfachenden Effekt, dass sich sein Volk nicht von irren Wünschen vom Untertan-sein ablenken lässt; noch dazu, dass es dem Herrscher an den Lippen hängt, weil der verspricht, jeden Monat einmal einen dieser vielen Wünsche zu erfüllen. König Magnifico ist in seinem Königreich beliebt wie kein zweiter.

Die Menschen, die im Königreich Rosas leben, sind alle ein bisschen langweilig, im besten Sinne freundliche Spießer ohne Ambitionen. Sie leben vor sich hin in der Hoffnung, dass ihr Herrscher es schon richten werde. Aber der denkt überhaupt nicht daran.

Eigentlich haben sich die Walt Disney Studios zu ihrem 100-jährigen Geburtstag eine kleine Hommage an sich selbst gegönnt. "Wish" steckt voller Anspielungen auf die Klassiker des Unternehmens. Balu, der Bär, taucht auf und spaziert mit Bambi durch den Wald. Peter Pan baut Papierflieger, der Hase Klopfer klopft; es gibt ein Königreich und viel Magie. Und das Drehbuch verkauft die 100 Jahre alte Disney-Message, dass man an seine Träume glauben, ihnen unbedingt folgen muss und sie auf gar keinen Fall verlieren darf. Es wird auch wieder viel gesungen im Film, darüber, das wir alle Sterne sind am Firmament und gemeinsam stark sind. Und als das im Finale endlich alle gemeinsam singen, ist des eitlen Herrschers Spuk schon bald auf immer gebannt.

Herrscher Magnifico erinnert an Männer wie Putin oder Xi Jinping. Magnifico reitet nicht mit nacktem Oberkörper durch die Tundra und lässt sich dabei für die Hochglanzpresse fotografieren, aber er kann an keinem Spiegelbild vorbeigehen ohne zu fragen, wer der Schönste im Land ist. Er verspricht seinem Volk das Blaue vom Himmel, ohne es je einzulösen. Und als seine Macht zu schwinden droht, marschiert Magnifico nichts ins Nachbarland ein, aber entfesselt einen dunklen Zauber, der ihm unendliche Macht verspricht – und ihn dann doch verzehrt.

"Wish" ist trotz der Anspielungen an dunkle Realitäten ein süßlicher Film geworden. Am interessantesten ist das visuelle Konzept, das ihn aussehen lässt, wie einen klassischen Zeichentrickfilm, dem Designcomputer lediglich einen eleganten 3D-Look verpassen. Die Heldin Asha ist eine sehr zeitgemäße Figur, Tochter einer Person of Color und eines Hellhäutigen; eine, die mit 17 die schlimmsten Auswüchse der Pubertät hinter sich hat und viele Träume vor sich – sie steht erst kurz davor, dem König ihren größten Wunsch verraten zu dürfen/sollen/müssen – und gerade dabei, ihre Qualitäten und Mängel richtig einschätzen zu lernen. Sie ist umgeben von Mutter und Großvater – ihr Vater ist verstorben, wie so oft im Disney-Universum – und ihren Freunden, die aber nur irgendwelche jungen Leute sind, die zu nichts mehr taugen, als zur Kulisse. Plakatmotiv: Wish (2023) Wirklich eingebettet in ein soziales Umfeld ist Asha nicht. Als ihr Sidekick dient eine goldige, drei Wochen altes Zicklein, das zu allem seinen Senf mäht, bis der kleine goldene Star dafür sorgt, dass es fortan sprechen kann. Mehr Aufregung für diesen Film bringt aber auch der süße Stern nicht mit. Immerhin sorgt er mal dafür, dass die unterbeschäftigten Bewohnerinnen eines Hühnerstalls sich zu einem fulminanten, pompösen Musicalballett aufgackern, das zu einem seltenen Höhepunkt des Films wird.

Warum aber niemand im Volk sich längst mal die Frage gestellt hat, warum ihr König nur einmal im Monat einen Wunsch erfüllt? Die Bürger mögen ihren eigenen größten Wunsch ja mit Abgabe an den König vergessen haben, aber dass sie einen hatten, wissen ja alle noch. Sie finden es aber offensichtlich nicht wenigstens gemein, dass ihr Herrscher die versprochene Erfüllung ihrer Wünsche immer vor sich her schiebt – nächsten Monat vielleicht. Das Missverhältnis und Widersprüchliche im Verhalten des Königs ist auch keinem der im Laufe der Jahre zahlreichen Lehrlinge aufgefallen, die dem König dienen durften. Der jungen Asha fällt das schon nach wenigen Minuten ihres Vorstellungsgesprächs für diese Lehrstelle auf, woraufhin sie beherzt den Kampf aufnimmt. Irgendein Entscheider hat da bei den Drehbuchkonferenzen geschlafen.

Es gehört zum Markenkern der "Meisterwerke"-Reihe von Disney (s.u.), dass es zumeist juvenile Prinzessinnen sind, die den Laden für das unmündige Volk schmeißen. In den Anfängen, zu Zeiten von Schneewittchen, Cinderella oder Dornröschen reichte dazu eine grobe Schwarz-Weiß-Dramaturgie drumrum. Später wurden die Heldinnen wirkungsvoll ummantelt von einem vielschichtigen Drehbuch. Im aktuellen Fall scheinen sich die Autoren vor allem auf die richtige Zusammenstellung der historischen Disney-Figuren konzentriert zu haben, die sie in den Film schreiben, und haben für das eigentliche Geschichten erzählen dann auf Autopilot geschaltet. Es gibt in diesem "Meisterwerk" viel zu gucken, aber wenig zu sehen.

Wertung: 3 von 8 €uro
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