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Plakatmotiv: Konklave (2024)

Ein explosives Drama, das
ohne laute Töne daher kommt

Titel Konklave
(Conclave)
Drehbuch Peter Straughan
nach dem gleichnamigen Roman von Robert Harris
Regie Edward Berger, UK, USA 2024
Darsteller
Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Lucian Msamati, Jacek Koman, Bruno Novelli, Thomas Loibl, Brían F. O'Byrne, Isabella Rossellini, Rony Kramer, Sergio Castellitto, Valerio Da Silva, Carlos Diehz, Joseph Mydell, Vincenzo Failla, Garrick Hagon, Merab Ninidze, Madhav Sharma u.a.
Genre Drama
Filmlänge 120 Minuten
Deutschlandstart
21. November 2024
Inhalt

Der Papst ist verstorben. Kardinal Lawrence ist mit der schwierigen Aufgabe betraut, die Wahl des neuen Papstes zu leiten. Mächtige Kardinäle aus aller Welt reisen für das Konklave nach Rom. Als sich die Türen zur Sixtinischen Kappelle schließen, entbrennt ein Spiel um Macht.

Kardinal Lawrence findet sich im Zentrum von Intrigen und Korruption wieder und kommt einem Geheimnis auf die Spur, das die Grundfeste seines Glaubens erschüttern könnte. All das, während Millionen von Menschen darauf warten, dass weißer Rauch dem Schornstein der Kapelle entsteigt …

Was zu sagen wäre

Was macht eigentlich die Macht eines Papstes aus? Worin besteht die Faszination, dieses Amt inne haben zu wollen? Wirklich die Idee, Oberhaupt über rund 1,4 Milliarden Katholiken in aller Welt zu sein? Und dann was?

Weder Joe Biden/Donald Trump (USA) noch Wladimir Putin (Russland) noch Xi Jinping (China) noch Narendra Modi (Indien) würden sich als dem Papst unterlegen bezeichnen, wären aber empört, wenn sich der Heilige Vater öffentlich kritisch über sie äußern würde. Warum? Endgültig beantworten kann das niemand. Dennoch ist das Amt des Pontifex Maximus eines, das mit Bedeutung aufgeladen ist. Mit dieser virtuellen Macht spielt auch dieser Film.

Der Papst ist gestorben, ein Nachfolger muss gefunden werden, verschiedenste Papabili spielen sich mehr oder weniger offensiv in den Vordergrund, indem sie stets betonen, als wie absolut des Amtes nicht würdig sie sich empfinden. Eine Ausgangssituation, die dem unbedarften Kinogänger über die potenziellen Thriller-Überraschungen hinaus kaum Überraschungen bieten kann. Was soll uns aus dem Kinosessel reißen? Überraschend sexueller Missbrauch durch einen Kandidaten? Gähn! Verheimlichter Nachwuchs eines Kandidaten? Schnarch!

Das ist Krieg!“, insistiert Kardinal Bellini mit Blick auf das beginnende Konklave und setzt damit den Ton des Films. Das ist im Drehbuch der Satz, den sie in Trailer schneiden, um Drama zu annoncieren. Natürlich wird nicht kriegerisch herumgeballert in der ehrwürdigen Sixtinischen Kapelle. Und dass bei der Papstwahl in diesem Film mit allen unlauteren Mitteln gearbeitet wird, erwarten wir; andernfalls würden wir das Kinoticket ja nicht lösen. Wir werden nicht enttäuscht. Und das auf hohem visuellen Niveau.

Dafür steht schon die Besetzung: Ralph Fiennes (James Bond 007: Keine Zeit zu sterben – 2021; Hail, Caesar! – 2016; Spectre – 2015; Grand Budapest Hotel – 2014; Skyfall – 2012; Zorn der Titanen – 2012; Coriolanus – 2011; Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – 2010; Kampf der Titanen – 2010; "Tödliches Kommando – The Hurt Locker" – 2008; "Brügge sehen… und sterben?" – 2008; Harry Potter and the Order of the Phoenix – 2007; Harry Potter und der Feuerkelch – 2005; "Der ewige Gärtner" – 2005; "Manhattan Love Story" – 2002; Roter Drache – 2002; Mit Schirm, Charme und Melone – 1998; Der englische Patient – 1996; Strange Days – 1995; Quiz Show – 1994; Schindlers Liste – 1993) spielt den Dekan, der möglichst vorurteilsfrei die Wahl des neuen Pontifex organisieren soll, aber schon aufgrund seiner filmischen Vita nie frei von Zweifel beim Zuschauer ist.

John Lithgow ist als Strippenzieher Kardinal Tremblay von vornherein als mächtiger Schurke gesetzt, weil Lithgow immer als – vermeintlicher – Bösewicht besetzt wird (Bombshell – 2019; Friedhof der Kuscheltiere – 2019; Late Night – 2019; Die Erfindung der Wahrheit – 2016; The Accountant – 2016; Interstellar – 2014; Immer Ärger mit 40 – 2012; Happy New Year – 2011; Planet der Affen: Prevolution – 2011; Die Akte – 1993; Cliffhanger – 1993; Mein Bruder Kain – 1992; Ricochet – Der Aufprall – 1991; 2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen – 1984; Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension – 1984; Footloose – 1984; Zeit der Zärtlichkeit – 1983; Unheimliche Schattenlichter – 1983; Garp und wie er die Welt sah – 1982; Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren – 1981; Schwarzer Engel – 1976).

Als liberaler Hoffnungsträger wird Kardinal Bellini eingeführt, dem Stanley Tucci sein absolut wandlungsfähiges Antlitz leiht (Nomis – Die Nacht des Jägers – 2018; Transformers 5: The Last Knight – 2017; Die Schöne und das Biest – 2017; Die Tribute von Panem – Mockingjay: Teil 2 – 2015; Spotlight – 2015; Wild Card – 2015; Die Tribute von Panem – Mockingjay: Teil 1 – 2014; Die Gärtnerin von Versailles – 2014; Transformers 4: Ära des Untergangs – 2014; Die Tribute von Panem: Catching Fire – 2013; The Company You Keep – Die Akte Grant – 2012; Die Tribute von Panem: The Hunger Games – 2012; Captain America: The First Avenger – 2011; Der große Crash – Margin Call – 2011; Julie & Julia – 2009; Inside Hollywood – 2008; Der Teufel trägt Prada – 2006; Darf ich bitten? – 2004; Terminal – 2004; Road to Perdition – 2002; America's Sweethearts – 2001; Lebe lieber ungewöhnlich – 1997; Harry außer sich – 1997; 2 Millionen Dollar Trinkgeld – 1994; Die Akte – 1993; Ein Hund namens Beethoven – 1992; Die Ehre der Prizzis – 1985). Tucci ist immer ein hinreißender Hingucker, heute Schurke, morgen Sympathieträger. Diese Qualität setzt er in "Konklave" bemerkenswert nonchalant ein.

Interessanter ist eine Volte, die diese Verfilmung eines Thomas Harris-Romans verfolgt, in der während des Konklave mehrere islamistische Anschläge Rom erschüttern: Müsste vielleicht ein Papst her, der sich offensiv mit seinen muslimischen Glaubensgegnern auseinandersetzt? Der die katholische Kirche in einen Krieg gegen die Andersgläubigen treibt?

Diese Fragen hat Harris schon in seiner Romanvorlage gestellt. Regisseur Edward Berger bleibt wenig mehr, als diesen Dilemmata mit dem Script seines Autors Peter Straughan auf den Grund zu gehen und in Leinwandtaugliche Bilder zu packen.

Der Film will diese Fragen nicht endgültig beantworten. Sie sind das Gerüst, in dem Machtspiele ambitionierter Männer hinter den Kulissen inszeniert werden: farbige Hoffnungsträger, italienisch dröhnende Status-Quo-Bewahrer, überraschende Nobodys. Kameramann Stéphane Fontaine packt das Drama in bemerkenswert unbeeindruckte Abbildungen großer Macht. Da zittert keine Optik, da verrutscht kein Stativ. In jeder Einstellung betont "Konklave" seine erzählerische Integrität und Liebe zum großen Kino. Berger und seine kreativen Mitstreiter liefern stabiles Handwerk, sowohl an der Kamera, als auch in den Abteilungen für Kostüm und Ausstattung. Die Korridore der – geistlichen – Macht werden mit beiläufiger Geste inszeniert.

Geschichten wie diese gewinnen in den 2020er Jahren nicht mehr durch explosive Überraschungen. Edward Berger erzählt das Drama um den Intrigantenstadl einer Papstwahl mit eleganten Bildern und Nebensätzen. In dem Jahrzehnt, in dem Comicverfilmungen die Kinokasse beherrschen, müssen wir in "Konklave" auf die Zwischentöne hören. Das Drama wird hier nie plakativ ausgestellt. Es ist aber immer da.

Wertung: 7 von 8 €uro
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