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Plakatmotiv: The Accountant (2016)

Ein eleganter Thriller
mit Überraschungen

Titel The Accountant
(The Accountant)
Drehbuch Bill Dubuque
Regie Gavin O'Connor, USA 2016
Darsteller

Ben Affleck, Anna Kendrick, J.K. Simmons, Jon Bernthal, Jeffrey Tambor, Cynthia Addai-Robinson, John Lithgow, Jean Smart, Andy Umberger, Alison Wright, Jason Davis, Robert C. Treveiler, Mary Kraft, Seth Lee, Jake Presley u.a.

Genre Action
Filmlänge 128 Minuten
Deutschlandstart
20. Oktober 2016
Inhalt

Christian Wolff ist mit einem besonderen Talent für Mathematik zur Welt gekommen. Als Hochbegabter mit genialen Fähigkeiten tut er sich enorm schwer, soziale Kontakte zu pflegen. Getarnt als kleinstädtischer Steuerberater macht er heimlich die Buchhaltung für einige der gefährlichsten Unterweltvereinigungen auf dem Planeten.

Der Leiter der Steuerfahndungsabteilung des Finanzministeriums, Ray King, kennt Wolff nur als "The Accountant" (der Buchhalter). Der kurz vor der Pensionierung stehende King rekrutiert die junge Analystin Marybeth Medina als Fahnderin, um den Buchhalter zu identifizieren. Die einzigen Hinweise Medinas sind zahlreiche Decknamen sowie die Tonaufzeichnung einer Schießerei, bei der ein einziger Täter, vermutlich der Accountant, zahlreiche Mitglieder der Gambino-Familie getötet hatte.

Nach einer weiteren Tätigkeit für die Mafia nimmt Wolff einen weniger gefährlichen Auftrag des Robotik-Konzerns "Living Robotics" an. In der Firma hat die Buchhalterin Dana Cummings verdächtige Unstimmigkeiten entdeckt. Der Gründer des Unternehmens Lamar Blackburn und seine Schwester und Teilhaberin Rita kooperieren bereitwillig bei der Untersuchung, während Finanzvorstand Ed Chilton die Finanzlöcher als einen Fehler Cummings’ abtut. Durch eine detaillierte Analyse der Unternehmensfinanzen ermittelt Wolff, dass 61 Millionen US-Dollar veruntreut worden sind.

Währenddessen besucht ein Auftragskiller Chilton zuhause. Er droht, Chilton und seine Frau umzubringen, wenn Chilton als Diabetiker sich nicht selbst eine tödliche Insulinüberdosis verabreicht. Aus Trauer über den Tod seines langjährigen Freundes ordnet Lamar Blackburn die sofortige Einstellung der Prüfarbeiten an, zahlt Wolff aber sein vollständiges Honorar aus.

Unterdessen untersucht Medina das Tonband der Schießerei und hört als Autismus-typisches Verhalten gemurmelt das Gedicht Solomon Grundy. Mit diesem Hinweis kann sie Wolffs Tarnung aufdecken und sein Buchhaltungsbüro entdecken. Dabei findet sie heraus, dass Wolff hohe Steuerrückzahlungen mit Spenden an das Harbor Neuroscience Institute abgeschrieben hat

Was zu sagen wäre

Dieser Film ist fast einen Eintrag im Kalender wert: ein Thriller mit überraschenden Wendungen, interessanten Charakteren und einer klugen Story, die weitgehend ohne hanebüchene Actioneinlagen auskommt. Sowas hat in Zeiten von Superheldenschwemme und Star Wars-Hype Seltenheitswert!

Bill Dubuque hat ein gutes Drehbuch geschrieben; eines, das am Ende keine Fragen offen lässt. Bei solchen Büchern keimt schnell der Verdacht des Konstruierten, aber der trägt ja nur, wenn man der Konstruktion über den ganzen Film beim Scheitern zuschaut. Das ist hier nicht der Fall; höchstens in der letzten halben Stunde, wenn uns aufgeht, worum es eigentlich geht in diesem Film. Im Grunde ist auch diese Geschichte eine Superheldengeschichte, nur dass der Held hier noch öffentlichkeitsscheuer als zum Beispiel Batman ist (dessen Kostüm Ben Affleck andernorts auch trägt) und auch weder Cape noch Maske braucht. Seine Superkraft ist sein Autismus, der ihn sozial eher schwer vermitteln lässt, aber seinen Blick für Zahlen und Gleichungen schärft. Seine Mission: Er nimmt die moralisch Unsauberen aus der Gleichung.

Das kann er ganz gut, weil sein Vater, ein Army-Colonel nicht davon hielt, als man bei seinem Jungen Autismus diagnostizierte und ihn in eine Betreuungseinrichtung bringen wollte.  Er war der Meinung, dass sein Sohn seine Behinderung durch viel Training und Selbstdisziplin überwinden muss, um sich in der Welt behaupten zu können. Das ist eine der vielen Überraschungen, die der Film bereit hält, setzen sich sonst meist die psychologisch sanften Töne von Ärzten und Müttern durch bei den bei Hollywood-Autoren sehr beliebten Autisten durch.

Ob die Entwicklung eines solchen Charakters wie Christian Wolf medizinisch wahrscheinlich ist, sei dahingestellt. Superhelden gibt es ja auch nicht und trotzdem gucken wir die Filme gerne. Diese Titelfigur aber gibt der Story Möglichkeiten, die der Film reichlich nutzt. Abgesehen von gelegentlichen Sprüngen auf der Zeitebene folgt der Film einer strengen Struktur, so wie ihr Protagonist sie braucht. Das funktioniert sehr gut, weil da gute Schauspieler sind, die diese Struktur mit Leben füllen.

Ben Affleck gibt den Autisten überzeugend. Die Rolle eines wenig emphatisch ausgeprägten Menschen liegt ihm (Suicide Squad – 2016; Batman v Superman: Dawn of Justice – 2016; Gone Girl – 2014; Runner Runner – 2013; Argo – 2012; State of Play – 2009; Die Hollywood-Verschwörung – 2006; Paycheck – Die Abrechnung – 2003; Daredevil – 2003; Der Anschlag – 2002; Spurwechsel – 2002; Pearl Harbor – 2001; Wild Christmas – 2000; Dogma – 1999; Shakespeare in Love – 1998; Armageddon – Das jüngste Gericht – 1998; Phantoms – 1998; Good Will Hunting – 1997; Chasing Amy – 1997). Anna Kendrick spielt die andere Mathematikerin. Sie ist keine Autisten, hat aber nicht nur Schwierigkeiten, mit dem Mann klarzukommen, der in einer Nacht Berechnungen angestellt hat, für die sie etwa zwei Monate brauchen würde; sie kommt auch mit den meisten anderen Menschen nicht klar. Dieser Charakter macht erfrischen unsentimental deutlich, dass auch vermeintlich normale Menschen keinen Weg finden, mit der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen. Diese Dana Cummings legt Kendrick ("Pitch Perfect – Die Bühne gehört uns!" – 2012; The Company You Keep – Die Akte Grant – 2012; Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt – 2010; Up in the Air – 2009; "Twilight – Biss zum Morgengrauen" – 2008) als engagierte Expertin mit Kleinmädchen-Charme an, die versucht, in der Ellbogen-Geschäftswelt klarzukommen.

In einer schönen Kleinrolle spielt J.K. Simmons den Director Ray King (La La Land – 2016; Terminator Genisys – 2015; #Zeitgeist – 2014; Whiplash – 2014), der mit allen Wassern gewaschen zu sein nur scheint. Als Lamar Blackburn rundet den Cast mit einer autoritären, nicht mehr zu beeindruckenden Figur John Lithgow ab (Interstellar – 2014; Immer Ärger mit 40 – 2012; Happy New Year – 2011; Planet der Affen: Prevolution – 2011; Die Akte – 1993; Cliffhanger – Nur die Starken überleben – 1993; Mein Bruder Kain – 1992; Ricochet – Der Aufprall – 1991; 2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen – 1984; Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension – 1984; Footloose – 1984; Zeit der Zärtlichkeit – 1983; Unheimliche Schattenlichter – 1983; Garp und wie er die Welt sah – 1982; Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren – 1981; Schwarzer Engel – 1976).

Gavin O'Connor hat aus einem gut geschriebenen Drehbuch einen eleganten Thriller mit ordentlich Verwirrungspotenzial inszeniert.

Wertung: 6 von 8 €uro
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