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Plakatmotiv: Der Teufel trägt Prada (2006)

Fröhliche Satire aus der Modewelt mit
großen Dialogen und Meryl Streep

Titel Der Teufel trägt Prada
(The Devil Wears Prada)
Drehbuch Aline Brosh McKenna
nach dem gleichnamigen Roman von Lauren Weisberger
Regie David Frankel, USA, Frankreich 2006
Darsteller

Meryl Streep, Anne Hathaway, Emily Blunt, Stanley Tucci, Simon Baker, Adrian Grenier, Tracie Thoms, Rich Sommer, Daniel Sunjata, David Marshall Grant, James Naughton, Tibor Feldman, Rebecca Mader, Jimena Hoyos, Gisele Bündchen u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 109 Minuten
Deutschlandstart
12. Oktober 2006
Inhalt

Andrea Barnes ist das, was man ein Mädchen vom Lande nennen könnte – wohl behütet aufgewachsen und sehr bodenständig. Um ihrem Traumjob Journalistin näher zu kommen, entschließt sie sich zu einem Umzug in die Glitzer-Metropole New York City.

Andrea wird Assistentin von Miranda Priestly, der Herausgeberin des Mode-Magazins Runway. Denn die junge Frau hat erfahren: Wer es ein Jahr bei Miranda aushält, soll sich seine zukünftige Anstellung in der Welt des Journalismus quasi selbst aussuchen können. Entsprechend engagiert geht sie ihren ersten Arbeitstag an. Doch die Bruchlandung auf dem Boden der Realität erfolgt gleichermaßen schnell wie hart.

Ihre tyrannische Neu-Chefin jagt sie von einer Schikane in die nächste und ihre herrische Arbeitskollegin Emily ist ihr auch nicht gerade eine große Hilfe. So etwas wie einen Freund findet sie allenfalls in Mirandas rechter Hand Nigel. Doch der hat wahrscheinlich einfach nur Mitleid mit dem naiven Mädchen, das einfach nicht so recht ins Mode-Geschäft passen möchte: „Ihnen ist hoffentlich klar, dass Eintöpfe wie dieser Cellulite fördern.“ „Essen die anderen Frauen hier denn gar nichts?“ „Niemand, seit man aus Größe 32 34 und aus 30 Größe 32 gemacht hat.“ „Sie finden meine Sachen scheußlich, verstehe. Aber ich werde in dieser Mode-Branche sowieso nicht alt, also wozu soll ich alles an mir umkrempeln, nur weil ich jetzt diesen Job habe?“ „Ja, das ist wahr. Das treibt diese Multimilliarden-Dollar-Industrie im Grunde an, oder? Innere Werte!

Am Tiefpunkt angelangt kommt Andy zu einer Erkenntnis: Da sie die Mode-Welt nicht ändern kann, muss sie sich ihr anpassen …

Was zu sagen wäre

Die entscheidende Situation findet in einer Hotelsuite in Paris statt: Miranda hat gerade zwei Minuten mit brüchiger Stimme ihrer Land-Ei-Assistentin Andrea, jenem den ganzen Film über geschmähten „intelligenten, dicken Mädchen“, das Scheitern ihrer Ehe gestanden und all die Boulevardschlagzeilen zitiert, die folgen werden und an ihre Zwillinge gedacht, die sich „wieder“ an einen neuen Vater werden gewöhnen müssen, da folgt der Satz: „Wie auch immer … die Hauptsache ist … dass wir einen geeigneten Platz für Donatella finden, da sie kaum mit jemandem spricht.“ Andere ausgedrückt: Der Job geht immer vor. Wem das nicht gefällt … Go Home!

1997 hat eine US-Autorin ein irgendwie schicken Essay zum Thema Leben in den USA geschrieben. Darin stand: „Lebe in New York City – aber hau ab, bevor es dich abhärtet. Lebe in Nordkalifornien – aber hau ab, bevor es dich verweichlicht.“ Mary Schmich heißt die Autorin und sie beschreibt da recht präzise die Unterschiede zwischen Ost und West, wie sie schon der Western, wie sie schon Don Siegels Filme in den frühen 70ern erzählten. David Frankels Film feiert den zynischen Way of Life der Ostküste. Raubtierkapitalismus ist hier wörtlich zu verstehen. Das Raubtier heißt Miranda und Du tust, was sie will, wann sie es will, egal, ob es mit etwas in Deiner Jobbeschreibung zu tun hat; die es überdies gar nicht erst gibt.

Plakatmotiv: Der Teufel trägt Prada (2006)Es geht in diesem Karriere-Kosmos nicht um fachliches Können, es geht im Manhattan-Kapitalismus nur darum, die egal wie abstrusen Wünsche eines Chefs zu erfüllen – zu denen dann auch mal die Beschaffung eines noch unveröffentlichtes Harry-Potter-Scripts gehört; was Du dann selbstverständlich besorgst! Aber klar: Das schaffst Du mit links. Und wirst ein paar Jahre später Präsidentin der USA.

Unsere bescheidene Heldin des Films, Andrea, setzt alles aufs Spiel … ohne das so zu nennen natürlich; sie will doch einfach nur ihren Teil beitragen. Und mit zunehmender Dauer wird der Fokus äußere gegen Innere Werte immer deutlicher, „Du siehst wirklich super aus!“ hört sie erstmals, als ihre privaten Bindungen schon bröckeln, sie aber mittlerweile in super schicken Kostüm stöckelt. „Sag Bescheid, wenn Dein Privatleben den Bach runter ist. Dann ist es Zeit für eine Beförderung!“, zynelt ihr Mentor Nigel, der die Sätze seiner Chefin Miranda zu Ende sprechen kann, bevor sie selbst es tut.

Dieses Privatleben besteht aus Freunden, die wirken, wie aus einer TV-Sitcom entliehen und die nichts mit dem hippen Manhattanstyle verbindet, in dem Andrea irgendwann ein und aus geht. Es sind charmante Lebenskünstler-Entwürfe ohne Background, die Andreas verloren gehende Erdung unterstreichen sollen; aber insgeheim fragt man sich dann doch, wie solche Leute im teuren Manhattan eigentlich Miete bezahlen können. „Du zeigst ganz offen, dass Mode was Dummes für Dich ist“, wirft Andrea ihrem Freund vor, einem hübschen Wuschelkopf. „Andy, ich mache Portwein-Saucen. Und das den ganzen Tag. Ich bin auch in keinem Friedenscorps. Von mir aus könntest Du auch irgendwo mit Table Dance Dein Geld verdienen. Solange Du Dir dabei treu bleibst!“ Darin steckt des Pudels Kern: Worin könnte die Heldin sich denn treu bleiben? Was will sie eigentlich bei diesem Modemagazin? Angeblich, so sagen ihr alle, stehen ihr in New York alle Türen offen offen, wenn sie ein Jahr als Mirandas Assistentin durchhält. Dieses Durchhalten hat zwar mit ihrem Traumberuf Journalismus nichts zu tun, aber sie hätte dann den nötigen Biss bewiesen, sich durchzusetzen in der Stadt, die niemals schläft. Das mag man so sehen, immerhin basiert der Film auf einem Erfahrungsbericht aus dem engeren Umfeld der Vogue-Chefin Anna Vintour, was zumindest den Schluss zulässt, dass das An drei-Vorbild es doch noch zum Schreiben gebracht hat.

Es ist zwar die junge Frau, Andrea, deren Entwicklung wir verfolgen vom „intelligenten, dicken Mädchen“ zur stilsicher auftretenden Alles-Erledigerin, die Anne Hathaway mit ganz großen Augen und etwas weniger großen Hibbeligkeit spielt. Aber gegen ihre gemeine Kollegin, die Emily Blunt mit wunderbar britisch intonierter Hochnäsigkeit spielt und gegen Meryl Streep bleibt Hathaway (Brokeback Mountain – 2005; Plötzlich Prinzessin! – 2001) nur dritte Siegerin.

Im Mittelpunkt steht Miranda, die Chefin, die Meryl Streep unter weißer Kurzhaar-Perücke als eben nicht Teufel spielt, wie der Filmtitel suggeriert. Ja, sie ist böse, sie verlangt Unmögliches, aber sie führt ein Haifischbecken, das sich von Äußerlichkeit nährt und Milliarden von Dollar umsetzt. In einer zentralen Szene macht sie Andrea, die sich „nicht so vertraut mit dem ganzen Zeug“ zeigt, deren Platz in der Hackordnung klar, verdeutlicht ihr, wie die Codes in ihrer Branche funktionieren und das Selbstverständnis der Menschen, die davon leben: „Das Zeug? Oh … verstehe. Sie sind der Ansicht, dass nichts hier mit Ihnen zu tun hat. Sie gehen einfach an Ihren Schrank und greifen sich diesen plumpen, blauen Pullover – zum Beispiel. Weil Sie der Welt damit sagen wollen, dass Ihnen Ihre Kleidung nicht so wichtig ist, wie Ihre Persönlichkeit. Aber was Sie nicht wissen, ist, dass dieser Pullover nicht einfach blau ist. Auch nicht türkis oder lapis. Er ist nämlich Azur. Und Sie haben nicht den blassesten Schimmer davon, dass Oscar De la Renta 2002 azurblaue Abendkleider entworfen hat, und war es nicht Yves Saint Laurent, der azurblaue Militärjacken hatte. Und plötzlich tauchte Azur in den Kollektionen von acht verschiedenen Designern auf. Anschließend sickerte es dann zu den gewöhnlichen Kaufhäusern durch und fand dann sein tragisches Ende in der Freizeitabteilung, aus deren Wühltisch Sie es dann irgendwann gefischt haben. Wie auch immer. Dieses Blau steht für Millionen von Dollar und zahllose Jobs. Und es grenzt fast an Komik, dass Sie tatsächlich der Meinung sind, sich der Modewelt zu entziehen. Und das, obwohl Sie einen Pullover tragen, der von den Menschen in diesem Raum für Sie ausgewählt wurde. Aus einem Haufen Zeug.“ Die Arroganz eines deutschen Autobosses ist nichts gegen die Selbstsicherheit dieser Modechefin. Meryl Streep spielt diese wunderbaren Sätze ganz ruhig, während sie das ein paar Garderoben fürs nächste Shooting zusammenstellt. Streep wurde für einen Supporting Actress-Oscar nominiert (Robert Altmans Last Radio Show – 2006; Der Manchurian-Kandidat – 2004; Die Brücken am Fluss – 1995; Am wilden Fluss – 1994; Das Geisterhaus – 1993; Der Tod steht ihr gut – 1992; Jenseits von Afrika – 1985; Der Liebe verfallen – 1984; Kramer gegen Kramer – 1979; Manhattan – 1979; Die durch die Hölle gehen – 1978).

Der Film ist sehr witzig, glänzt mit wunderbaren Dialogen, gesprochen von Schauspielerinnen – und dem wunderbaren Schauspieler Stanley Tucci als Nigel – denen ich gerne zuschaue, lasse mich blenden von der Glitzerwelt der Mode, aber am Ende bleibt diese Satire über das Geschäft mit der Oberfläche zwar witzig, aber an der Oberfläche einer Branche, die der Film mir nicht näherbringt.

Wertung: 4 von 7 €uro
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