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Plakatmotiv: Brokeback Mountain (2005)

Homosexuelle Cowboys in einem
seltsam emotionslosen Drama

Titel Brokeback Mountain
(Brokeback Mountain)
Drehbuch Larry McMurtry & Diana Ossana
nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von Annie Proulx
Regie Ang Lee, USA, Kanada 2005
Darsteller

Heath Ledger, Jake Gyllenhaal, Michelle Williams, Anne Hathaway, Randy Quaid, Anna Faris, Graham Beckel, Scott Michael Campbell, David Harbour, Kate Mara, Roberta Maxwell, Peter McRobbie, Valerie Planche, Dave Trimble, Victor Reyes, Lachlan Mackintosh, Larry Reese, Marty Antonini, Tom Carey, Dan McDougall, Don Bland, Steven Cree Molison, Duval Lang, Dean Barrett, Hannah Stewart, Linda Cardellini u.a.

Genre Drama, Romantik
Filmlänge 134 Minuten
Deutschlandstart
9. März 2006
Inhalt

Im Jahr 1963 arbeiten der wortkarge Ranch-Helfer Ennis Del Mar und der Rodeo-Reiter Jack Twist den Sommer über in den Bergen Wyomings als Schafhüter für einen Rancher, um sich ihren kargen Lebensunterhalt zu verdienen.

Die harte Arbeit bei Wind und Wetter und das entbehrungsreiche Leben in der Einsamkeit der Natur schweißt die beiden jungen Männer zusammen. Doch nach einiger Zeit müssen sie feststellen, dass sie mehr für einander empfinden als bloße Freundschaft. Zwischen ihnen entsteht eine Liebe, die nicht sein darf.

Nach Beendigung des Jobs trennen sich beide und werden weit weg von einander sesshaft. Aufgrund der gesellschaftlichen Zwänge heiraten sie und bekommen auch Kinder. Allerdings treffen sie sich in größeren Abständen immer wieder, da sie nie ganz von einander loskommen.

Doch nicht nur sie werden nie glücklich, sondern ihre verbotene Liebe hat auch Auswirkungen auf die Menschen in ihrem Umfeld …

Was zu sagen wäre

In den 1960er Jahren hat des Leben eines Cowboys nichts mehr mit romantischen Lagerfeuern und der Weite der Prairie zu tun. Als Cowboy kannst Du froh sein, wenn Du einen Vorarbeiter-Job geangelt hast. Andernfalls ziehst Du als Saisonarbeiter durchs Land, nimmst jeden Job, den Du kriegen kannst und hälst Dich gerade so über Wasser. Ennis' und Jacks Job lautet: Schafe hüten. In den Berge. Wochenlang. Einmal in der Woche kommt einer, dem geben sie einen Einkaufszettel. Und bekommen dann Dosen in Bohnen in die Berge gebracht. Soweit, so moderner Western. Abgesang halt. Niedergang einer freien Männerwelt und was sonst an Klischees noch so in den Filmemacher-Köpfen herumgeistert. Spätestens seit Clint Eastwoods Erbarmungslos (1992) ahnen wir ja, dass die Cowboyzeit gar nicht so einseitig toll war, wie das bei John Wayne immer aussah.

Und dann verlieben sich die beiden Männer ineinander. Der Taiwan-Chinese Ang Lee (Hulk– 2003; Tiger & Dragon – 2000; Ride with the Devil – 1999; Der Eissturm – 1997; Sinn und Sinnlichkeit – 1995; Eat Drink Man Woman – 1994; Das Hochzeitsbankett – 1993) stellt das Genre einmal auf den Kopf und dann sehr ruhig wieder au feste Füße. Die Mär von der Einsamkeit in der Prairie, die uns die Western über viele Jahrzehnte gesungen haben, bekommt hier eine realistische Variante. Die freilich in den USA gleich auf entschiedenen Widerstand konservativer Gruppen und Kirchenverbände gestoßen ist. Dort sind schwule Cowboys etwas, das es nicht geben darf. Diese – durchaus – mittlere Sensation, mit der der Film hier aufwartet, überlagert die Betrachtung des Films als solchen. Worum geht's eigentlich? Schließlich wird erzählerisch ein Zeitraum von 20 Jahren überbrückt.

Lee erzählt in Episoden und springt schnell durch die Jahre. Anfangs erzählt er breit, wie die beiden Männer sich kennenlernen, einander annähern, schließlich zum ersten Mal miteinander schlafen. Es wird klar, dass sich Ennis und Jack in unterschiedliche Richtungen entwickeln – Ennis strebt in das bürgerliche Leben, wie es alle leben. Jack würde mit Ennis gerne mehr haben, im Laufe der Jahre konkretisiert sich Jacks Wunsch, gemeinsam eine Farm zu bewirtschaften. Jake Gyllenhaal spielt diesen Jack als sehnigen Rodeo-Cowboy mit einer unkontrollierbaren Seite (The Day After Tomorrow 2004; Moonlight Mile – Eine Familiengeschichte – 2002; "Donnie Darko" – 2001; "City Slickers – Die Großstadt-Helden" – 1991). Es kommt ein harter Schnitt und Ennis steht vor dem Traualtar, wenige Bilder später sind schon zwei Töchter geboren und dann sind auch schon vier jähre ins Land gegangen, nach denen sich die beiden zum ersten mal wiedersehen, auch Jack hat mittlerweile geheiratet. Cover Soundtrack: Brokeback Mountain (2005) Anders als Ennis bricht Jack häufiger aus seinem bürgerlichen Leben als Landmaschinenverkäufer und Ehemann aus und sucht homosexuelle Kontakte am mexikanischen Straßenstrich. Ennis' Ehe geht in die Brüche. Seine Angst, als schwuler Mann erkannt zu werden, überwältigt ihn – sein Vater hatte ihm als kleinen Jungen die Leiche eines schwulen Cowboys gezeigt, die übel zugerichtet worden war, unter anderem eben von seinem Vater.

In seinem Galopp durch die Jahre bleibt der Film nirgendwo länger, vieles im Leben der beiden Hauptfiguren wird angerissen, ihre Entwicklung in stockkonservativen Gegenden, wie sich Jack von seinem tyrannischen Schwiegervater emanzipiert, während Ennis mehr und mehr in Kneipen vereinsamt; gegen Ende verkündet seine ältere Tochter, die eben noch ein kleinen Mädchen war, dass sie demnächst heiraten werde. Und die beiden Männer? Sehen sich zwei-, dreimal im Jahr am Brokeback Mountain, verleben ein paar romantische Tage. Und werden immer unglücklicher. Auch bei ihnen entwickelt sich nichts. Jack träumt davon, sich scheiden zu lassen und die Farm aufzubauen. Ennis hat Angst vor den Folgen. Beide Männer gehen auf unterschiedliche Art und Weise an der Unmöglichkeit, ihre Liebe zu leben, zugrunde.

"Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“, hieß es bei Rosa von Praunheim im gleichnamigen Film von 1971. Und das kann man als Fazit auch aus diesem Film ziehen.

Kameramann Rodrigo Prieto hat Wyoming und den titelgebenden Berg in fantastische Landschaftsaufnahmen gebettet – tatsächlich gedreht wurde im kanadischen Alberta, im mexikanischen La Mesilla und im Grand-Teton-Nationalpark, Wyoming. Diese Landschaftsaufnahmen machen einem Western alle Ehre – auch wenn der vorliegende Film natürlich kein Western ist, sagen wir also: einem Cowboyfilm. Gestreckt auf mehr als zwei Stunden Laufzeit aber tritt der Film an sich auf der Stelle. Es ist interessant, den unterschiedlichen Nebenfiguren zuzuschauen, was aus ihnen wird, und wie die Kinder größer werden. Diese Episoden, die an Fortsetzungsgeschichten erinnern, zeigen uns aber immer nur: es bleibt alles beim Alten, oder mit von Praunheim gesprochen, die Situation für die beiden homosexuellen Männer bleibt pervers. Alle bleiben ihren Rollen verhaftet. Im Kinosessel würden wir gerne auf einen Schuldigen zeigen, einen vierschrötigen Homophonen oder so, aber Fehlanzeige. Ang Lee macht es im Film wie im richtigen Leben: Die Umstände sind wie sie sind, alle haben sich eingerichtet, etwas zu ändern ist sehr schwer. Und die beiden Männer treiben in dieser gesellschaftlichen Zwangslage lange mit, wir erleben, wie es Ennis und Jack ergeht. Eine Leidenschaft für seine Figuren entwickelt "Brokeback Mountain" erst am Ende. Zu spät. Der Eindruck bleibt, einer Gesellschaftsreportage beigewohnt zu haben.

Wertung: 3 von 6 €uro
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