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Plakatmotiv: Die schönen Tage von Aranjuez (2016)

Ein gekünstelter Dialog in schönen
Bildern eines langweiligen Films

Titel Die schönen Tage von Aranjuez
(Les beaux jours d'Aranjuez)
Drehbuch Wim Wenders + Peter Handke
nach dem gleichnamigen Zwei-Personen-Stück von Peter Handke
Regie Wim Wenders, Frankreich, Deutschland, Portugal 2016
Darsteller

Reda Kateb, Sophie Semin, Jens Harzer, Peter Handke, Nick Cave u.a.

Genre Drama
Filmlänge 97 Minuten
Deutschlandstart
26. Januar 2017
Inhalt

Es ist Sommer. Auf einer grün umrankten Veranda, die zu einem prachtvollen Garten führt, sitzen ein Mann und eine Frau an einem Tisch, umgeben von Bäumen, durch deren Blätter gelegentlich eine angenehme Brise weht, während irgendwo in der Ferne Paris liegt.

Die beiden unterhalten sich angeregt, es ist ein einziges Fragen und Antworten. Dabei diskutieren sie über allerlei Themen: über die Erfahrungen mit der Liebe, die Kindheit, Erinnerungen, über das Wesen des Sommers. Und darüber, was Männer und Frauen letztendlich in ihrer Wahrnehmung unterscheidet.

Und noch während sie im Zwiegespräch vertieft sind, tippt ein Schriftsteller im angrenzenden Haus fleißig neue Dialogzeilen in seine Schreibmaschine. Ob er sich gerade das Gespräch ausdenkt, das die beiden im Garten führen? Oder ist es umgekehrt?

Was zu sagen wäre

Peter Handke hat ein Stück geschrieben. Für seine Frau Sophie Semin, die in diesem Film die Rolle der Frau spielt. Sie antwortet den Fragen eines Mannes – Freund, Geschäftspartner, Psychiater? – erzählt von ihrem ersten Liebeserlebnis – da war sie zehn, saß auf der Schaukel und fühlte sich plötzlich wie von einem Blitz durchbohrt, der aus dem Boden kam. Sie redet über den Geschlechtsakt als Racheakt zur Erhaltung der Welt und darüber, wie sie ihr Geschlecht verabscheut. Er redet über Spatzen, die über den Boden hüpfen, und über Löcher und Mulden im Boden, die für ihn die Bilder eines Sommers sind.

Das sind alles keine Dialoge. Es sind gesprochene Essays über das „wahre Gesicht einer Frau, das verdammt ist, allein zu bleiben“. Die Dialoge – vielleicht besser: Monologe – kreisen auch um Fragen der Identität, der Sexualität, des Weltverständnisses. Ich rieche das Theaterstück in jedem Wort. Auf der Bühne mag das funktionieren, wenn ich auf den Guckkasten mit seinen zwei Figuren und ihren realitätsfernen Monologen reduziert bin. Aber im Kino, auf der Leinwand, bleibt der Film eine Behauptung seiner selbst. Wim Wenders dreht zum dritten Mal in der 3D-Technik. Das ergibt ein paar schöne Bilder dieser Villa aus dem 19. Jahrhundert. Aber irgendwann wiederholen sich die Einstellungen. „Hey, eine Handlung! Hatten wir denn nicht vereinbart: keine Aktion, nur Dialog?“, ruft die Frau, als der Mann unvermittelt aufspringt und den Hund jagt und er antwortet: „Eine kleine Handlung wird doch wohl erlaubt sein. Sie ist sogar notwendig.“ Hätten sich die Filmemacher mal daran gehalten.

Es ist unklar, warum aus dem Stück ein Film geworden ist. Eine Art Freundschaftsdienst Wenders für seinen langjährigen Freund und häufigen Kollaborateur Peter Handke? Zumindest erinnert der Film an die frühen 70er Jahre, als Wenders und Handke Filme zusammen machten wie Die Angst des Tormanns beim Elfmeter, Die linkshändige Frau oder Falsche Bewegung –  Filme, die auf der Handlungsebene schon sehr reduziert waren, gegen die "Schönen Tage …" aber beinah Actionfilme waren. Wenders hat für die Verfilmung eine dritte Person erfunden, ein Schriftsteller, der über seiner Olympia-Schreibmaschine an einer Szene arbeitet. Er schreibt die Dialoge, die Mann und Frau draußen vor dem Fenster sprechen. Er schreibt ihnen Worte auf, verwirft Ideen wieder, erschafft Charaktere. Wenders hat sich sozusagen selbst ins Drehbuch geschrieben und wir sehen ihm nun bei der Arbeit zu. Inspiriert wird der Autor an der Schreibmaschine vom liebsten Ausstattungsstück seiner Filme, einer Wurlitzer-Jukebox. Und plötzlich sitzt der leibhaftige Nick Cave am Flügel und singt.

Ein langweiliger Film mit Schauspielern ohne Ausstrahlung, die in einem leblosen, nur behaupteten Dialog das Wesen von Frau, Mann und Sommergefühl ergründen.

Wertung: 1 von 8 €uro
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