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Plakatmotiv: Die linkshändige Frau (1978)

Standbilder, stumme Menschen
und keinerlei Dramaturgie

Titel Die linkshändige Frau
Drehbuch Peter Handke
nach seinem gleichnamigen Roman
Regie Peter Handke, BRD 1978
Darsteller

Edith Clever, Bruno Ganz, Bernhard Minetti, Bernhard Wicki, Angela Winkler, Rüdiger Vogler, Michael Lonsdale, Jany Holt, Ines Des Longchamps, Markus Mühleisen, Simone Benmuse, Philippe Calzerques, Sam Cuzelin, Gérard Depardieu, Walter Greinhart u.a.

Genre Drama
Filmlänge 119 Minuten
Deutschlandstart
26. Mai 1978
Website wimwendersstiftung.de/die-linkshaendige-frau
Inhalt

Marianne lebt gemeinsam mit ihrem Mann Bruno und Sohn Stefan in Paris. Als Bruno von einer Geschäftsreise zurückkommt, teilt ihm Marianne mit, dass sie sich von ihm trennen möchte. Der völlig überraschte Bruno zieht aus dem gemeinsamen Haus aus, will aber die Hoffnung auf eine Versöhnung nicht aufgeben.

Marianne beginnt, wieder als Übersetzerin zu arbeiten. Ihre Versuche, sich in den neuen Umständen zurecht zu finden, werden nicht nur von Bruno, sondern auch von ihrem Sohn und ihrer besten Freundin misstrauisch beäugt …

Was zu sagen wäre

Eine Frau trennt sich von ihrem Mann. Alle warnen sie vor automatisch nun eintretender Vereinsamung. Ihr Mann räumt friedlich das Feld, zieht zu beider Freundin Franziska, überlässt der Frau das große Haus und kommt ab und zu vorbei, um zu gucken, ob die Frau jetzt genug Trennung hatte. Ihr neues Leben beginnt sie, in dem sie französische Literatur ins Deutsche übersetzt. Und immer wieder rauschen Züge durchs Bild.

Es passiert nichts. Nach der Angst des Tormanns beim Elfmeter, einem Roman von Peter Handke, den Wim Wenders 1972 verfilmte, war das abzusehen, wenn Peter Handke jetzt selbst als Regisseur ein Stück von sich verfilmt, oder besser: Ideen und Gedanken zu einem Film zusammensetzt, obwohl er zu dem Zeitpunkt nicht wusste, ob er da eigentlich einen Film, einen Essay oder „was Kurzes“ draus machen soll. Meistens sitzt die Frau im Haus oder auf einer Treppe im Freien oder an der Schreibmaschine. Sie redet kaum. Dann fährt wieder ein Zug vorbei.

Die Eisenbahn ist ein Werkzeug, das Menschen verbindet oder trennt. Tatsächlich bringt es eines Tages den Vater ins Haus der Frau. Er schreibt offenbar auch, weiß aber nicht, ob er das in seinem Alter noch tun sollte. Später wird er einem Schauspieler, der seit längerem arbeitslos ist, sagen, dass der nur spiele, dass er spiele, dass er die Figuren, die er zu spielen habe, nicht verkörpere: „Ich freue mich schon darauf, Sie von Film zu Film älter werden zu sehen.“ Dann steigt er wieder in den Zug. In diesem Film ist die rauschende Eisenbahn eher ein Symbolbild für das Leben, das an der Frau vorbeizieht, ohne dass sie zusteigt.

Sie beginnt mit der Trennung ein neues Leben und verharrt dann im alten. Den Chauvinisten im deutschen Kunstbetrieb passt diese Idee sicher gut. Handkes Freund Wim Wenders hat ihm den Film produziert und die Erkenntnis, dass Frauen ohne Männer nicht lebensfähig sind, ist im jungen deutschen Kino nicht gerade rar. Bei Wenders sind allein stehende Frauen maximal dralle Wirtinnen oder Kinokartenverkäuferinnen – oder Kuckucksmütter, die wie in Alice in den Städten ihre Kinder in fremde Hände geben und verschwinden. Bei Peter Handke nun ist die männerlose Frau eine, die den Besen von der linken in die rechte Ecke stellt und dann wieder in die linke. Anschließend geht sie kleine Kreise in Küche und Garten. Die finale Erkenntnis lautet per Schrifteinblendung, „dass eigentlich nur Platz ist für den, der selbst den Platz mitbringt“.

Handke-Biograf Peter Hamm zitiert Handke in seinem Buch "Peter Handke und kein Ende: Stationen einer Annäherung": „Was ich eigentlich anstrebe, ist die intensivste Monotonie“, erklärte Handke während der Dreharbeiten zur Linkshändigen Frau. Und weiter: „Ich will, dass das, was ich mache, im Grunde die ganze Welt umfasst und den Menschen ganz enthält. Es soll mythisch sein.

Und dann rauscht ein Zug durchs Bild.

Ich weiß nicht, ob ich mich darauf freuen soll, die Filmemacher von Film zu Film älter werden zu sehen.

Wertung: 1 von 9 D-Mark
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