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Plakatmotiv: Yamamoto – Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten (1989)

Ein kurzer, unscharfer
Blick in die Modewelt

Titel Yamamoto – Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten
Drehbuch Wim Wenders
nach einer Idee von Francois Burkhardt
Regie Wim Wenders, BRD, Fr. 1989
Genre Dokumentation
Filmlänge 81 Minuten
Deutschlandstart
29. März 1990
Website wimwendersstiftung.de
Inhalt

Yohji Yamamoto gilt als kreatives Genie in der Welt des Modedesigns. Wim Wenders „Tagebuchfilm“, wie der Regisseur ihn nennt, untersucht die Gemeinsamkeiten seines Handwerks, des Filmemachens, mit dem Handwerk des in Tokio lebenden Modedesigners, der zu Beginn der 1980er Jahre die Modewelt in den Metropolen Paris und New York schockierte und revolutionierte.

Wenders führt zahlreiche Interviews mit dem japanischen Modeschöpfer und findet in Yamamoto einen Seelenverwandten und Freund. Wenders dreht den Film weitgehend als Ein-Mann-Team. Durch seine Videokamera beobachtet er den Style-Avantgardisten beim Kreieren seiner Kleider zwischen Models, Ateliers und Laufstegen.

Dabei wird die Geschichte über die Kunst des Kleidens gleichzeitig zum Porträt der Städte und zum Diskurs der Gemeinsamkeiten von Architektur, Design und Film …

Was zu sagen wäre

Das Centre Pompidou in Paris war auf Wim Wenders zugekommen, Ob er nicht „einen Kurzffilm über einen Modedesigner“ machen wolle. Das wollte Wenders nicht. „Mode? Damit habe ich nichts am Hut! Die Welt der Mode! Ich bin interessiert an der Welt, nicht an der Mode! Aber vielleicht bin ich zu voreilig mit meinem Urteil.“ Dann hat er den Film doch gemacht: „Filme machen. Manchmal sollte das auch nichts anderes sein, als eine Art zu leben. Wie spazieren gehen, Zeitung lesen, Notizen machen, Hier also so ein Film von dieser Sorte, von einem Tag zum anderen entstanden, durch nichts gerechtfertigt, als seine Neugier – Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten.

Die erste Frage, wenn man sich mit einem fremden Handwerk befasse, sagt Wenders aus dem Off, sei immer die Frage „Was kommt zuerst?“ So geht er auch dieses Projekt an. Er nähert sich dem Designer, der viel lieber ein Kleidermacher sein will, der in seinen Kleidern Realität nachbildet, der einen Mantel deshalb nähen will, weil es kalt ist und der Mantel wärmt, nicht weil der Mantel irgendwie besonders aussehen solle. DVD-Cover (US): Notebook on Cities & Clothes (1989) Wir tauchen im Kinosessel ein bisschen ein in den Schöpfungsakt der Modebranche, kommen dieser aber nicht wirklich nahe. Wenn im Pressetext zu dem Film von einem "Style-Avantgardisten" die Rede ist, der „die Modewelt in den Metropolen Paris und New York schockierte und revolutionierte“, so mag das stimmen, spielt im Film aber weder eine Rolle, noch wird es ersichtlich. Auch die Kreationen aus dem Hause Yamamoto können wir lediglich erahnen, die meisten Schnitte, die wir sehen, sind aus schwarzem Stoff, Yamamoto Lieblingston, noch nicht fertig und versaften dann im schwammigen Bild der Videokamera.

Interessanter, als die Arbeit des Schneiders ist die Arbeit des Filmemachers, der neue Stoffe ausprobiert. Ausführlich nutzt Wenders seine Videokamera, schon weil er mit ihr länger drauf halten kann, als mit dem 35mm-Material, bei dem er nach einer Minute die Kassette wechseln muss. Irritiert nimmt er zur Kenntnis, dass das Videobild einen eigenen Charakter entwickelt, die Tokioter von Neonreklamen beleuchtete Nacht in ihrer Essenz besser treffe, als die 35mm-Kamera. Lustvoll experimentiert er mit dem Bildaufbau, hält vor seine Kamera, mit der er im Atelier dreht, einen Monitor, auf dem Yamamoto auf Wenders' Fragen antwortet. Minutenlang beobachtet er den Designer, der wie ein Fels in der brandenden Hektik kurz vor einem Defilée in sich ruht, und stellt neben ihn einen Spiegel, in dem wir sehen, was Yamamoto sieht.

Wenders zeigt Yamamoto in Paris vor einer Schau, in seinem Tokioter Atelier, erzählt, dass er mit seinen europäischen Assistenten anders umgehe, als mit seinen japanischen, die er mehr wie ein Lehrer anleitet. Yamamoto erzählt, er kreiere zunächst für europäische Körper und übertrage das Design dann auf asiatische Körper. Yamamoto erzählt, nur, weil er Japaner sei, repräsentiere er noch nicht die japanische Mode, und dass er sich eher als Weltbürger versteht, der die großen Städte mag, Tokio und Paris ganz besonders. Wir sehen Yamamoto und Wenders beim Poolbillard, das der Japaner besser beherrscht als der Deutsche.

So ist ein Film entstanden, wie Wenders ihn eingangs angekündigt hat, „durch nichts gerechtfertigt, als seine Neugier“, sich aber weder seinem Protagonisten, noch dessen Metier aufdringlich annähern wollend. So, als habe der Filmemacher einfach mal vorbeikommen wollen. 

Wertung: 4 von 10 D-Mark
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