Der wegen Raubes verurteilte Häftling Frank Morris ist schon mehrmals aus dem Gefängnis ausgebrochen. Deshalb wird er auf die Gefängnisinsel Alcatraz verlegt. Dort ist noch nie einem Gefangenen die Flucht gelungen. Diejenigen, die versucht haben, aus der Gefängnisanlage zu entkommen, wurden entweder von den Aufsehern erschossen oder sind im kalten Meerwasser ertrunken.
Auf Alcatraz geht es rau und unmenschlich zu. Der Direktor ist kalt und effizient: „Alcatraz ist ein Hochsicherheitsgefängnis. Wir machen hier keine guten Bürger. Aber wir machen gute Gefangene!“ Gefangene, die sich nicht an die strengen Regeln halten, werden über Tage oder sogar Wochen in den D-Block verbannt – in Dunkelhaft. Die Zustände motivieren Morris erst recht dazu, auch auf Alcatraz einen Fluchtversuch zu unternehmen. Die beiden Brüder Clarence und John Anglin und Morris’ Zellennachbar Charles Marsh wollen ebenfalls fliehen.
Die vier werden von anderen Gefangenen unterstützt, die selbst nicht fliehen wollen. Mit primitiven Werkzeugen, die sie sich aus Essbesteck bauen, vergrößern sie in ihren Zellen in mühevoller Arbeit die Lüftungsöffnungen, bis sie die Gitter entfernen und über das Lüftungssystem auf das Dach gelangen können …
Der Gefangene wird bei Nacht und Regen nach Alcatraz überführt. Das verdeutlicht gleich die Hoffnungslosigkeit der Menschen, die hier, nun ja, leben. Ein Schild warnt Gefangene davor, die Flucht zu versuchen. Und so geht es zehn Minuten weiter. Der Gefangene verliert seine Kleider, wird nackt durch mehrere Schleusen bugsiert und endet schließlich in der Zelle. Signal: Deine Freiheit ist Vergangenheit. „Welcome to Alcatraz!“, grunzt der Wärter, als das Zellengitter sich schließt. Der Direktor, der Morris persönlich in seinem Büro zum Haftantritt begrüßt, zeigt weder Wärme noch Empathie seinen Schutzbefohlenen gegenüber: „Alcatraz wurde gebaut, um alle faulen Eier in einem Korb zu halten. Niemand ist je aus Alcatraz entkommen. Und niemand wird das je tun.“
Da der Film aber nicht „Nie entkam jemand aus Alcatraz“ heißt, wissen wir, dass die Prognose des Direktors nicht mehr lange haltbar ist. Fortan schaut Regisseur Don Siegel also seinen Kerlen dabei zu, wie sie heimlich still und leise, das von Meerwasser und Fäulnis aufgeweichte Mauerwerk zerbröseln. Als Direktor hat Siegel Patrick McGoohan besetzt („Trans-Amerika-Express“ – 1976; „Nobody ist der Größte“ – 1975; Eisstation Zebra – 1968), der kalten Blick und schnarrende Stimme gekonnt als Ausdruck eines großen Arschlochs einsetzt.
Clint Eastwood, der ausgiebig Gelegenheit hat, sich als harter und intelligenter Bursche zu präsentieren, wird nach Jahren, in denen er sich Frauen nahm wie sie kamen, hier erst einmal selbst zum Objekt der Begierde. Kaum eingeliefert auf Alcatraz, erregt er die Aufmerksam des sehr großen, sehr dicken Wolf, der ihn ganz offensichtlich nehmen will – darauf deuten dessen Gestik und Mimik schon beim ersten gemeinsamen Gang in die Gefängnisküche hin. Don Siegel und sein Buddy Clint Eastwood haben sich ein geschlossenes System ausgesucht, um eine Variante ihrer A-Man-has-got-to-do-what-a-man-has-got-to-do-Geschichte zu erzählen. Vor neun Jahren landete Eastwood unter Siegels Regie in einem Mädchenpensionat und ging pseudo-kastriert vor die Hunde. Jetzt ist es eine Männerwelt, in die er gerät – der Film verhält sich zu Betrogen in etwa wie der Bruder zur Schwester – damals Frauen, heute Männer. Diesmal wird er, das werden seine Fans wissen, nicht kastriert werden – Wolf macht er gleich unter der Dusche klar, wo der Hammer steht – aber er bekommt alle Möglichkeiten, gegen das System der (Gefängnis)Bürokraten zu rebellieren; da sind Siegel und Eastwood sehr bei sich. Von der zarten Romantik des Birdman of Alcatraz ist hier wenig zu spüren.
Zu einem Gefängnisfilm gehört der Besuch von Verwandten, in diesem Film die einzige Möglichkeit, Frauen und Sentiment auftreten zu lassen. Und zuverlässig ist die kurze Szene elementar für die Dramaturgie. Den weiteren Verlauf beobachtet Siegel dann so trocken wie ein Dokumentarfilmer, der kaum einmal Musik einsetzt. Und wenn Jerry Fielding seinen Score laufen lässt, dann ist der eher melodiös unterstützendes Geräusch als tatsächliche Musik. Ein stiller Film, ebenso überraschend wie zunehmend spannend, fotografiert von Bruce Surtees, der seinen Einstand bei Siegel und Eastwood mit der Fotografie von Betrogen (1970) gab und seither bei Sadistico (1971), Dirty Harry (1971), Sinola (1972), Ein Fremder ohne Namen (1973) und Der Texaner (1976) mit Eastwood zusammengearbeitet hat.
Ein harter Kerl, aber kaum Action. Eine Männerwelt, aber lauter verlorene Hunde. Das klingt nicht auf den ersten Blick als erfolgversprechend an der Kinokasse in Zeiten zwischen dem opernhaften Godfather und der street credibility eines „Taxi Driver“, die aufgelockert wird von alerlei Star gespickten visuell opulenten Katastrophenfilmen. Eastwood ficht das alles nicht an, da ist er so sturköpfig wie die Figuren, die er immer spielt. Seine Malpaso Company stellt sich einfach quer und macht weiter ihr Ding, nämlich Männer-Kino. Egal, was die jungen Kerle da im Kino lostreten. Clint Eastwood und Don Siegel (Telefon – 1977; Der Scharfschütze – 1976; Die schwarze Windmühle – 1974; Dirty Harry – 1971; Betrogen – 1971; Ein Fressen für die Geier – 1970; Coogans großer Bluff – 1968; Nur noch 72 Stunden – 1968; "Der Tod eines Killers" – 1964; Die Dämonischen – 1956) huldigen dem Kino der 50er und 60er Jahre, als ein Mann noch in der Lage war, sei Leben selbst zu bestimmen. Eastwood weiß: Dafür gibt es ein Publikum. Acht Millionen US-Dollar hat Malpaso investiert für diesen Film und allein im Inland 43 Millionen Dollar an der Kinokasse eingenommen.
Die Kinofilme mit Clint Eastwood
Clinton Eastwood Jr. (* 31. Mai 1930 in San Francisco, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Filmschauspieler, Regisseur, Produzent, Komponist und Politiker.
Als wortkarger Western- und Actionheld avancierte er ab den 1960er Jahren zu einem weltweit erfolgreichen Star. Mittlerweile ist er auch ein renommierter Filmregisseur und -produzent. Mitunter, vornehmlich für seine eigenen Filme, komponiert er auch Filmmusik.
Von 1986 bis 1988 war er Bürgermeister der kalifornischen Kleinstadt Carmel.
Der Schauspieler
- Die Rache des Ungeheuers (Revenge of the Creature, 1955)
- Tarantula (1955)
- Francis in the Navy (1955)
- Die nackte Geisel (Lady Godiva, 1955)
- Nur Du allein (Never Say Goodbye, 1956)
- Noch heute sollst Du hängen (Star in the Dust, 1956)
- The First Traveling Saleslady (1956)
- Klar Schiff zum Gefecht (Away All Boats, 1956)
- Verschollen in Japan (Escapade in Japan, 1957)
- Ambush at Cimarron Pass (1958)
- Lafayette Escadrille (1958)
- Für eine Handvoll Dollar (Per un pugno di dollari, 1964)
- Für ein paar Dollar mehr (Per qualche dollaro in più, 1965)
- Zwei glorreiche Halunken (Il Buono, il brutto, il cattivo, 1966)
- Agenten sterben einsam (Where Eagles Dare, 1968)
- Coogans großer Bluff (Coogan’s Bluff, 1968)
- Hängt ihn höher (Hang ’Em High, 1968)
- Westwärts zieht der Wind (Paint Your Wagon, 1969)
- Ein Fressen für die Geier (Two Mules for Sister Sara, 1970)
- Stoßtrupp Gold (Kelly’s Heroes, 1970)
- Betrogen (The Beguiled, 1970)
- Sadistico (Play Misty for Me, 1971)
- Dirty Harry (1971)
- Sinola (Joe Kidd, 1972)
- Ein Fremder ohne Namen (High Plains Drifter, 1973)
- Dirty Harry II – Callahan (Magnum Force, 1973)
- Die Letzten beißen die Hunde (Thunderbolt and Lightfoot, 1974)
- Im Auftrag des Drachen (1975)
- Der Texaner (The Outlaw Josey Wales, 1976)
- Dirty Harry III – Der Unerbittliche (The Enforcer, 1976)
- Der Mann, der niemals aufgibt (The Gauntlet, 1977)
- Der Mann aus San Fernando (Every Which Way But Loose, 1978)
- Flucht von Alcatraz (Escape from Alcatraz, 1979)
- Bronco Billy (1980)
- Mit Vollgas nach San Fernando (Any Which Way You Can, 1980)
- Firefox (1982)
- Honkytonk Man (1982)
- Dirty Harry kommt zurück (Sudden Impact, 1983)
- Der Wolf hetzt die Meute (Tightrope, 1984)
- City Heat – Der Bulle und der Schnüffler (City Heat, 1984)
- Pale Rider – Der namenlose Reiter (Pale Rider, 1985)
- Heartbreak Ridge (1986)
- Das Todesspiel (The Dead Pool, 1988)
- Pink Cadillac (1989)
- Weißer Jäger, schwarzes Herz (White Hunter Black Heart, 1990)
- Rookie – Der Anfänger (The Rookie, 1990)
- Erbarmungslos (Unforgiven, 1992)
- In the Line of Fire – Die zweite Chance (In the Line of Fire, 1993)
- Perfect World (A Perfect World, 1993)
- Die Brücken am Fluss (The Bridges of Madison County, 1995)
- Absolute Power (1997)
- Ein wahres Verbrechen (True Crime, 1999)
- Space Cowboys (2000)
- Blood Work (2002)
- Million Dollar Baby (2004)
- Gran Torino (2008)
- Back in the Game (Trouble with the Curve, 2012)
- The Mule (2018)
- Cry Macho (2021)
Der Regisseur
- Sadistico (Play Misty for Me, 1971)
- Ein Fremder ohne Namen (High Plains Drifter, 1973)
- Begegnung am Vormittag (Breezy, 1973)
- Im Auftrag des Drachen (1975)
- Der Texaner (The Outlaw Josey Wales, 1976)
- Der Mann, der niemals aufgibt (The Gauntlet, 1977)
- Bronco Billy, 1980)
- Firefox (1982)
- Honkytonk Man (1982)
- Dirty Harry kommt zurück (Sudden Impact, 1983)
- Pale Rider – Der namenlose Reiter (Pale Rider, 1985)
- Heartbreak Ridge (1986)
- Bird (1988)
- Weißer Jäger, schwarzes Herz (White Hunter Black Heart, 1990)
- Rookie – Der Anfänger (The Rookie, 1990)
- Erbarmungslos (Unforgiven, 1992)
- Perfect World (A Perfect World, 1993)
- Die Brücken am Fluss (The Bridges of Madison County, 1995)
- Absolute Power (1997)
- Mitternacht im Garten von Gut und Böse (Midnight in the Garden of Good and Evil, 1997)
- Ein wahres Verbrechen (True Crime, 1999)
- Space Cowboys (2000)
- Blood Work (2002)
- Mystic River (2003)
- Million Dollar Baby (2004)
- Flags of Our Fathers (2006)
- Letters from Iwo Jima (2006)
- Der fremde Sohn (Changeling, 2008)
- Gran Torino (2008)
- Invictus – Unbezwungen (Invictus, 2009)
- Hereafter – Das Leben danach (Hereafter, 2010)
- J.Edgar (2011)
- Jersey Boys (2014)
- American Sniper (2014)
- Sully (2016)
- The 15:17 to Paris (2018)
- The Mule (2018)
Der Fall Richard Jewell (2019) - Cry Macho (2021)