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Plakatmotiv: Cry Macho (2021)

Etwas unangenehme, weil eitle
Überhöhung Clint Eastwoods

Titel Cry Macho
(Cry Macho)
Drehbuch Nick Schenk & N. Richard Nash
Regie Clint Eastwood, USA 2021
Darsteller

Clint Eastwood, Eduardo Minett, Natalia Traven, Dwight Yoakam, Fernanda Urrejola, Horacio Garcia Rojas, Daniel V. Graulau, Amber Lynn Ashley, Brytnee Ratledge, Alexandra Ruddy, Sebestien Soliz, Ivan Hernandez, Lincoln A. Castellanos, Juan Mendoza Solis, Marco Rodríguez, Abiah Martinez, Ramona Thornton, Elida Munoz u.a.

Genre Drama
Filmlänge 104 Minuten
Deutschlandstart
21. Oktober 2021
Inhalt

Texas im Jahr 1979: Der Pferdezüchter Mike Milo ist nach dem Unfalltod seiner Ehefrau und seines Kindes vor vielen Jahren zu einem Alkoholiker geworden. Einst wurde er als Rodeo-Star gefeiert, doch das ist lange her. Zwar konnte er sich wieder vom Alkohol befreien, doch aufgrund seines Alters hat sein Arbeitgeber Howard Polk keine Verwendung mehr für ihn. Howard hilft ihm zwar weiterhin finanziell aus, fordert dafür aber eines Tages eine Gegenleistung: Mike solle Rafael, Howards 13-jährigen Sohn, von der Mutter in Mexiko-Stadt zu ihm nach Texas bringen.

Leta, die Mutter des Jungen, stellt sich als wohlhabende, aber verantwortungslose Alkoholikerin mit wechselnden Männerbekanntschaften heraus. Sie hat die Erziehung ihres Sohnes längst aufgegeben. Dieser treibt sich auf den Straßen rum, begeht auch kleinere Diebstähle und tritt mit seinem Hahn Macho in illegalen Hahnenkämpfen an.

Howard Polk will indes seinen Sohn entführen, um in einem Gerichtsstreit mit seiner Frau um Vermögenswerte in Mexiko die Oberhand zu bekommen. Doch es läuft nicht alles nach Plan …

Was zu sagen wäre

Ein alter Mann, ehemals eine große Nummer im Rodeo. Dann ein Schicksalsschlag, Alkohol, Absturz, heute ein Überlebender, ein trockener Alkoholiker. Clint Eastwood hat uns vor vielen Jahren mit auf eine Reise genommen, die nun langsam an ihrem Zielort ankommt. er lässt uns an seinem Altern teilhaben. 91 Jahre alt ist der Mann mittlerweile, der Dirty Harry war, für eine Handvoll Dollar kämpfte und unzählige Male den unbestechlichen Westerner spielte. Lassen wir Schicksalsschlag und Alkoholiker beiseite, beschreibt Eastwood hier ganz gut seinen heutigen Alltag. Sein Gang ist schwer geworden. Wenn er sich ans Lagerfeuer setzt, sieht es nicht aus, als werde das wieder Aufstehen eine leichte Übung. Und zwischendurch döst der alte Mann mal ein paar Minuten weg.

Die Rolle, die Eastwood hier spielt, den ehemaligen Rodeostar, hat er schon mal vor 40 Jahren angeboten bekommen. Da hat er sie nicht spielen wollen. Auch Arnold Schwarzenegger war mal angedacht und Roy Scheider. Und Eastwood hätte den Film gerne gemacht, wenn Robert Mitchum die Hauptrolle übernimmt. Es wurde ein ums andere Mal nichts draus.

Und nun hat sich Eastwood also selbst in der Rolle inszeniert. Ein Mann fährt nach Mexiko, soll dort einen Jungen abholen und nach Texas bringen. Ein Roadmovie, in dem die beiden nicht nur vom Alter her ungleichen Figuren zueinander finden werden und sich dabei um einen in der Tat entzückenden Hahn kümmern, der, passend für einen Kampf-Gockel, "Macho" heißt. Das ist in der ersten Hälfte, vor allem in den Szenen, in denen die heißblütige Mutter des Jungen den 50 Jahre älteren Mike unbedingt verführen will, zähflüssig: Die Figuren gleichen Schablonen für echte Charaktere, die Dramaturgie rumpelt zickzack durch den Wüstensand und findet keinen Halt. Erst, als scheinbar die Polizei von halb Mexiko nach den beiden fahndet und ein Killer, den die heißblütige Mutter Ihnen auf den Hals hetzt, kommt der Film zur Ruhe und findet seine Mitte.

Die ist einem kleinen Dorf im Nirgendwo, wo sie Unterschlupf bei der verwitweten Wirtin Marta finden und Mike in den folgenden Tagen Wildpferde zureitet, dem Jungen das Reiten beibringt, kranke Tiere heilt und den Avancen der freundlichen Wirtin nachgibt. Es sind wunderbare Momente der Entschleunigung abseits der Hektik, die sich auf den Leinwänden heutzutage breit gemacht hat. Die Szenen erinnern in ihrer Kontemplation an Chloé Zhaos Nomadland (2020). Er malt diese Region in wunderbaren Panoramen, inszeniert Stilleben, die von seiner Liebe zu diesem Landstrich zeugt, der sowas wie sein filmisches Wohnzimmer ist – Arizona, Texas, Mexiko. Es rettet den unangenehmen Gesamteindruck aber nicht. Eastwood hätte die Rolle vor 40 Jahren spielen sollen, oder heute einen jüngeren Schauspieler besetzen sollen. Dass wiederholt viel jüngere Frauen den 91-Jährigen – unter der eigenen Regie – verführen wollen, ist lächerlich. Einerseits ehrt Eastwood das Alter, indem er selbstverständlich mit 91 Jahren noch eine solch aktive Figur verkörpert. Und im nächsten Moment macht er das Alter lächerlich, weil er kräftiger, zupackender dargestellt sein will, als er es erkennbar ist.

Vorhin erst hat er dem jungen Rafael erklärt, dass die Macho-Attitüde vieler Männer nur anstrengend sei, weil man ununterbrochen beweisen müsse, was für ein Kerl man sei, anstatt sich um die wesentlichen Dinge im Leben zu kümmern. Und jetzt inszeniert Clint Eastwood den alten Clint Eastwood doch wieder als Macho, auf den die Frauen fliegen. Es ist zum Schreien. Cry Macho!

Wertung: 3 von 8 €uro
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