Walt Kowalski. Rentner, Witwer. Korea-Veteran. Verbittert. Er ist der letzte in seinem Detroiter Vorort-Viertel. Seine ehemaligen Kollegen, seine Kumpel sind lange weggezogen oder längst verstorben. Um Walt herum wohnen … Asiaten. Für Walt gleich bedeutend mit Abschaum … „Bambusratten”. Aber Walt hat immer hier gelebt, hat in den Goldenen 70er Jahren hier Fords zusammen geschraubt. War hier mit seiner Frau glücklich. Also, warum sollte er hier weg? Er war zuerst hier!
Aber jetzt, wo gerade seine Frau verstorben ist und der 27-jährige Pfarrer ihm auf den Geist geht, die Asiaten von nebenan offenbar ein Familienfest nach dem anderen feiern – „Wie viele Bambusfresser gehen denn da noch rein in dieses Haus?” – wo seine eigenen Söhne ihn behandeln, wie einen sabbernden Lappen und ihn Erbgierig am liebsten ins Heim abschieben würden, und wo Schlitzaugengangs seinen Rasen betreten und die Gartenzwerge zerdeppern, ist es Zeit, gerade zu stehen: „Kennst Du das Gefühl, einem Typen gegenüberzustehen, der nicht wankt? So einer bin ich!”
Weil Walt nicht weicht, sich statt dessen Respekt verschafft, wird er vom asiatischen Umfeld als Held gefeiert und liebevoll umsorgt. Was Walt überhaupt nicht passt. Aber der Erstkontakt ist hergestellt – zum Nachbarsjungen Thao, der erst Walts Ford Gran Torino klauen will und sich dann entschuldigen muss und zu dessen smarter Schwester Sue, die Walt chrmant den Kopf gerade rückt und sich dafür allerlei Beleidigungen einhandelt …
Es gibt zwei Szenen, in denen könnte Walt Kowalski genauso gut „Go ahead! Make my day!” sagen – so wie einst sein (Dirty) Harry Callahan. Um so erstaunlicher ist die Entwicklung der gesamten Story.
Wieder bleibt Clint Eastwood auf seinem Regiestuhl („Der fremde Sohn” – 2008; „Flags of Our Fathers” – 2006; „Million Dollar Baby” – 2004; Mystic River – 2003; Space Cowboys – 2000) extrem gelassen, verzichtet auf Sperenzchen, und erzählt seine Story mit Kamera auf Augenhöhe, auf der schon Howard Hawks seine besten Werke abgedreht hat. „Gran Torino” hätte leicht in sozialen Randgruppenkitsch entgleiten können, zu fett prangt die Message von Anfang an am Bildrand; denn natürlich wird sich Walt Kowalski, der sich eingangs als rechtschaffendes Arschloch geriert, dem man nur bedingt Sympathie entgegen trägt, es sei denn die, dass er doch Clint Eastwood ist, entwickeln, wird Freundschaft schließen, lernen. Genauso, wie seine Nachbarn das auch tun werden. Dies wissend, vertraut Eastwood ganz auf das stimmige Drehbuch, seine Gelassenheit auf dem Regiestuhl und auf sein Publikum.
Es gibt jede Menge Oneliner, unerwartete Lacher und einige Jawoll-gibs-dem-Drecksack-Szenen. Denn Walt Kowalski ist zwar ein Arsch, das aber nachvollziehbar. Nicht zufällig hat Easzwood Szenen bei einem Friseur eingebaut, die das Arschloch-Image brechen. Beide, Walt und Martin, der Friseur, schnauzen sich ununterbrochen an – aber liebevoll und mit Respekt. Das gibt seinem harten Knurren gegen die Nachbarn einen anderen Schlag. Eigentlich will Walt nur in Ruhe gelassen werden; und das kann man ja auch verstehen. Und wer bestreitet, dass nicht auch in ihm ein bisschen Walt Kowalski steckt, der/die lügt. So treibt dieses Vorstadt-Drama seinem ultimativen Ende entgegen, mit dem Eastwoods eingangs erwähnter Harry Callahan gar nicht zurecht käme.
Großen, reifes, gefühlvolles Kino mit vielen Wahrheiten.
Die Kinofilme mit Clint Eastwood
Clinton Eastwood Jr. (* 31. Mai 1930 in San Francisco, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Filmschauspieler, Regisseur, Produzent, Komponist und Politiker.
Als wortkarger Western- und Actionheld avancierte er ab den 1960er Jahren zu einem weltweit erfolgreichen Star. Mittlerweile ist er auch ein renommierter Filmregisseur und -produzent. Mitunter, vornehmlich für seine eigenen Filme, komponiert er auch Filmmusik.
Von 1986 bis 1988 war er Bürgermeister der kalifornischen Kleinstadt Carmel.
Der Schauspieler
- Die Rache des Ungeheuers (Revenge of the Creature, 1955)
- Tarantula (1955)
- Francis in the Navy (1955)
- Die nackte Geisel (Lady Godiva, 1955)
- Nur Du allein (Never Say Goodbye, 1956)
- Noch heute sollst Du hängen (Star in the Dust, 1956)
- The First Traveling Saleslady (1956)
- Klar Schiff zum Gefecht (Away All Boats, 1956)
- Verschollen in Japan (Escapade in Japan, 1957)
- Ambush at Cimarron Pass (1958)
- Lafayette Escadrille (1958)
- Für eine Handvoll Dollar (Per un pugno di dollari, 1964)
- Für ein paar Dollar mehr (Per qualche dollaro in più, 1965)
- Zwei glorreiche Halunken (Il Buono, il brutto, il cattivo, 1966)
- Agenten sterben einsam (Where Eagles Dare, 1968)
- Coogans großer Bluff (Coogan’s Bluff, 1968)
- Hängt ihn höher (Hang ’Em High, 1968)
- Westwärts zieht der Wind (Paint Your Wagon, 1969)
- Ein Fressen für die Geier (Two Mules for Sister Sara, 1970)
- Stoßtrupp Gold (Kelly’s Heroes, 1970)
- Betrogen (The Beguiled, 1970)
- Sadistico (Play Misty for Me, 1971)
- Dirty Harry (1971)
- Sinola (Joe Kidd, 1972)
- Ein Fremder ohne Namen (High Plains Drifter, 1973)
- Dirty Harry II – Callahan (Magnum Force, 1973)
- Die Letzten beißen die Hunde (Thunderbolt and Lightfoot, 1974)
- Im Auftrag des Drachen (1975)
- Der Texaner (The Outlaw Josey Wales, 1976)
- Dirty Harry III – Der Unerbittliche (The Enforcer, 1976)
- Der Mann, der niemals aufgibt (The Gauntlet, 1977)
- Der Mann aus San Fernando (Every Which Way But Loose, 1978)
- Flucht von Alcatraz (Escape from Alcatraz, 1979)
- Bronco Billy (1980)
- Mit Vollgas nach San Fernando (Any Which Way You Can, 1980)
- Firefox (1982)
- Honkytonk Man (1982)
- Dirty Harry kommt zurück (Sudden Impact, 1983)
- Der Wolf hetzt die Meute (Tightrope, 1984)
- City Heat – Der Bulle und der Schnüffler (City Heat, 1984)
- Pale Rider – Der namenlose Reiter (Pale Rider, 1985)
- Heartbreak Ridge (1986)
- Das Todesspiel (The Dead Pool, 1988)
- Pink Cadillac (1989)
- Weißer Jäger, schwarzes Herz (White Hunter Black Heart, 1990)
- Rookie – Der Anfänger (The Rookie, 1990)
- Erbarmungslos (Unforgiven, 1992)
- In the Line of Fire – Die zweite Chance (In the Line of Fire, 1993)
- Perfect World (A Perfect World, 1993)
- Die Brücken am Fluss (The Bridges of Madison County, 1995)
- Absolute Power (1997)
- Ein wahres Verbrechen (True Crime, 1999)
- Space Cowboys (2000)
- Blood Work (2002)
- Million Dollar Baby (2004)
- Gran Torino (2008)
- Back in the Game (Trouble with the Curve, 2012)
- The Mule (2018)
- Cry Macho (2021)
Der Regisseur
- Sadistico (Play Misty for Me, 1971)
- Ein Fremder ohne Namen (High Plains Drifter, 1973)
- Begegnung am Vormittag (Breezy, 1973)
- Im Auftrag des Drachen (1975)
- Der Texaner (The Outlaw Josey Wales, 1976)
- Der Mann, der niemals aufgibt (The Gauntlet, 1977)
- Bronco Billy, 1980)
- Firefox (1982)
- Honkytonk Man (1982)
- Dirty Harry kommt zurück (Sudden Impact, 1983)
- Pale Rider – Der namenlose Reiter (Pale Rider, 1985)
- Heartbreak Ridge (1986)
- Bird (1988)
- Weißer Jäger, schwarzes Herz (White Hunter Black Heart, 1990)
- Rookie – Der Anfänger (The Rookie, 1990)
- Erbarmungslos (Unforgiven, 1992)
- Perfect World (A Perfect World, 1993)
- Die Brücken am Fluss (The Bridges of Madison County, 1995)
- Absolute Power (1997)
- Mitternacht im Garten von Gut und Böse (Midnight in the Garden of Good and Evil, 1997)
- Ein wahres Verbrechen (True Crime, 1999)
- Space Cowboys (2000)
- Blood Work (2002)
- Mystic River (2003)
- Million Dollar Baby (2004)
- Flags of Our Fathers (2006)
- Letters from Iwo Jima (2006)
- Der fremde Sohn (Changeling, 2008)
- Gran Torino (2008)
- Invictus – Unbezwungen (Invictus, 2009)
- Hereafter – Das Leben danach (Hereafter, 2010)
- J.Edgar (2011)
- Jersey Boys (2014)
- American Sniper (2014)
- Sully (2016)
- The 15:17 to Paris (2018)
- The Mule (2018)
Der Fall Richard Jewell (2019) - Cry Macho (2021)